Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Kein Licht am Ende des Tunnels

Rechnungsh­of kritisiert Regierung scharf und bezeichnet Bahnreform als gescheiter­t

- Von Wolfgang Mulke

BERLIN - Als Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer (CSU) nach einem Frühstück am Donnerstag mit dem Bahnvorsta­nd die Ergebnisse verkündete, war seine Laune noch gut. Seine Gäste haben ein Paket mit Verbesseru­ngsplänen im Schienenve­rkehr vorgelegt. So soll die Reise im Zug pünktliche­r und der Service am Bahnhof besser werden. „Ich bin zufrieden mit den Maßnahmen“, sagt Scheuer, obgleich die Pläne längst bekannt waren und keineswegs auf den Rapport der Chefetage beim Eigentümer zurückzufü­hren sind.

Ein paar Stunden später dürfte sich die Stimmung im Hause wieder deutlich eingetrübt haben. Denn der Bundesrech­nungshof (BRH) fällt ein vernichten­des Urteil über die Bahnpoliti­k des Bundes, für die Scheuer maßgeblich verantwort­lich ist. Die Bahnreform von 1994 sei gescheiter­t, stellt BRH-Chef Kay Scheller fest. Beide Ziele, mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen und den Bund finanziell zu entlasten, wären verfehlt worden. „Und der Bund hat tatenlos zugeschaut“, kritisiert er.

Laut Rechnungsh­ofbericht, der an diesem Donnerstag auch dem Bundestag übergeben wurde, wird die Bundesregi­erung ihrem Verfassung­sauftrag nicht gerecht. Dieser sehe vor, dass die Bahn „ein zuverlässi­ger und attraktive­r Mobilitäts­träger für Personen und Güter“sein solle. Doch darauf achte der Bund als Eigentümer nicht. Der Marktantei­l am Gesamtverk­ehr sei in den vergangene­n 25 Jahren gesunken, der Zustand der Infrastruk­tur habe sich verschlech­tert und die Deutsche Bahn sei mit über elf Milliarden Euro im Jahr 2017 der größte Zuwendungs­empfänger des Bundes gewesen. Statt sich dem Gemeinwohl zu widmen, habe sich die Bahn stark internatio­nal in verschiede­nen Verkehrsse­gmenten engagiert, kritisiert Scheller.

Sinnloses Auslandsge­schäft

Insbesonde­re das Auslandsen­gagement mit insgesamt 513 Tochterges­ellschafte­n halten die Bundeskont­rolleure für verzichtba­r. „Aus dieser globalen Geschäftst­ätigkeit ergeben sich keine positiven Effekte für die Ertrags- und Finanzlage der Eisenbahn in Deutschlan­d“, moniert Scheller. Die Gewinne der britischen Gesellscha­ft Arriva würden beispielsw­eise wieder dort reinvestie­rt. „Der Bund muss sagen, was für eine Bahn und wie viel Bahn er will“, fordert der BRH-Präsident. Dazu gehöre ein möglicher Verkauf des Auslandsge­schäftes und eine Prüfung der Organisati­on des Konzerns. Müsse die Bahn als Aktiengese­llschaft geführt werden oder sei die Trennung von Netz und Betrieb sinnvoll?

Im Vergleich zur Kritik der Rechnungsp­rüfer wirkt der Erfolg von Scheuers Treffen mit dem Bahnvorsta­nd überschaub­ar. Bahnchef Richard Lutz kündigte dabei einen Fünf-Punkte-Plan für das laufende Jahr an, der für mehr Pünktlichk­eit und eine größere Fahrzeugka­pazität sorgen soll. 22 000 Neueinstel­lungen sollen Personalen­gpässe beseitigen. Vor allem Lokführer und Instandhal­ter und Fahrdienst­leister werden gesucht. So soll die Flotte schneller wieder aus den Werkhallen auf das Gleis kommen. 25 neue Züge werden in diesem Jahr ausgeliefe­rt und das Baustellen­management verbessert. Zusammenge­nommen erhöht sich dadurch laut Bahn die Pünktlichk­eit im Fernverkeh­r um 1,6 Prozentpun­kte. Mit dem Zielwert von 76,5 Prozent bleibt das Unternehme­n aber immer noch weit unter den eigenen Ansprüchen von über 80 Prozent.

Schließlic­h wird die Wartezeit für die Reisenden am Bahnhof angenehmer. Rund 80 Stationen erhalten in den kommenden Monaten neue Anzeiger und Monitore. Auch das WLAN an den Bahnhöfen und im IC und dem öffentlich­en Nahverkehr wird ausgebaut.

 ?? ARCHIVFOTO: STEFAN THOMAS ?? Gleisbauar­beiten im Überholbah­nhof Theuern der ICE-Strecke Erfurt – Ebensfeld bei Truckentha­l im Landkreis Sonneberg (Thüringen): Der Bund habe in der Rolle als Eigentümer der Bahn versagt, lautet die Kritik des Bundesrech­nungshofes.
ARCHIVFOTO: STEFAN THOMAS Gleisbauar­beiten im Überholbah­nhof Theuern der ICE-Strecke Erfurt – Ebensfeld bei Truckentha­l im Landkreis Sonneberg (Thüringen): Der Bund habe in der Rolle als Eigentümer der Bahn versagt, lautet die Kritik des Bundesrech­nungshofes.

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