Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Dortmunder fahren „eigenes Rennen“
BVB zeigt sich beim 1:0 in Leipzig unbeeindruckt von den Sticheleien aus München – und hat das, was eine Spitzenmannschaft auch braucht
LEIPZIG (dpa/SID) - Auf die Frage nach dem bis nach Leipzig zu vernehmenden Jagdgebrüll der Verantwortlichen des FC Bayern huschte Michael Zorc ein leicht süffisantes Grinsen durchs Gesicht. „Wir fangen da nicht an zu zittern“, betonte der Sportdirektor von Borussia Dortmund: „Wir orientieren uns nicht permanent an Bayern, wir definieren uns nicht darüber, sondern wollen unser eigenes Rennen fahren“. Gut, wer weiß, was der Mann gesagt hätte, wenn die Dortmunder durch das 1:0 in Leipzig die Münchner nicht weiter bei sechs Punkten Abstand gehalten hätten.
Doch der BVB hatte seinen Rückrundenauftakt nunmal gewonnen – und konnte als erste Mannschaft in dieser Saison die Leipziger in ihrem Stadion schlagen. Die Einschüchterungstaktik der Münchner nach deren Sieg in Hoffenheim hatte die Dortmunder nicht beeindruckt. „Mir ist völlig egal, was die sagen. Wir denken nur an uns, an unser Spiel“, meinte etwa Mittelfeldlenker Axel Witsel.
Witsel und Bürki überragend
Selbst den kurzfristigen Ausfall von Marco Reus, der alle 17 Hinrundenspiele von Beginn an bestritten und dabei elf Tore erzielt hatte, kompensierte die Mannschaft . „Es ist gut für uns zu sehen, dass es auch ohne Marco geht“, sagte der überragende Torwart Roman Bürki.
Reus sah von der Bank aus mit einer leichten Bänderdehnung zu, wie seine Mannschaftskollegen die Leipziger vor allem in den ersten 20 bis 25 Minuten völlig im Griff hatten und hochverdient durch das Tor des furiosen Antreibers Axel Witsel in Führung gingen. Nach einer Ecke donnerte der 30-Jährige, Abräumer und Spielmacher in Personalunion, den Ball per Drop-Kick unter die Querlatte. „Ein schönes und wichtiges Tor. Ich freue mich sehr, dass wir so in die Rückrunde gestartet sind“, sagte Witsel. Der Belgier formte nach seinem Tor mit den Händen einen Vogel, so wie es früher Frankreichs Stürmer Nicolas Anelka tat – ein Idol von Witsels Vater. „Ein echter Stratege, wie man ihn sich wünscht, Axel lenkt das Spiel“, lobte BVB-Manager Michael Zorc.
Auch die stark dezimierte BVBAbwehr, in der gleich vier Innenverteidiger nicht zur Verfügung standen, ließ zunächst kaum etwas zu. Julian Weigl überzeugte wieder als Aushilfsmanndecker. Und dann war da noch Torwart Roman Bürki, der als klarer Sieger aus dem Privatduell mit Leipzigs Stürmer Timo Werner herausging und auch sonst alle Schüsse parierte. „Der Mannschaft ist geholfen, wenn ich die Bälle halte“, meinte Bürki.
Brandgefährliche Leipziger
Die Erwartungen der betont selbstbewussten Bayern, dass die Borussen Nerven zeigen würden, erfüllten sich nicht. Auch, weil Dortmund genau das hatte, was man auch braucht, um nach 34 Spieltagen noch auf dem ersten Platz zu stehen: Glück.
„In zwei, drei Situationen war es am Limit“, kommentierte Favre die Szenen, in denen die Leipziger dem Ausgleich gehörig nahe waren. „Wenn mir jemand gesagt hätte, dass wir so viele Torchancen gegen Dortmund kriegen, hätte ich es nicht geglaubt“, meinte Leipzigs Trainer Ralf Rangnick.
Bürki gab dann noch zu, dass es den Dortmundern durchaus Spaß mache, an der Spitze zu stehen. „Klar ist es schön, da oben zu stehen“, sagte der Schlussmann, der sich in die Gefühlswelt der Bayern gut hineinversetzen konnte. „Ich weiß auch, dass es nicht so schön ist, wenn man dort nicht steht. Deshalb verstehe ich die Aussagen“, sagte der Schlussmann zu den Sticheleien aus München und schob nach: „Aber interessieren tun sie mich nicht.“