Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Ideologe
Nicolás Maduro umgibt sich gern mit Soldaten. Die Streitkräfte sind die Überlebensgarantie des Staatschefs von Venezuela. Sie könnten aber auch diejenigen werden, die ihn ins Exil schicken. „Der Sturz Maduros wird vom Militär ausgehen“, sagt der deutsche Soziologe Heinz Dieterich. Er gilt als Ideologe des sogenannten Sozialismus des 21. Jahrhunderts und diente als informeller Berater von Maduros Vorgänger Hugo Chávez, der von 1999 bis zu seinem Tod 2013 Staatschef war.
Maduro sei ein „gescheiterter Mann ohne Zukunft“, sagt der 75-jährige Soziologe, der ein Institut an der Universidad Autónoma Metropolitana in Mexiko-Stadt leitet. Früher arbeitete er eng mit Chávez zusammen, dem Vater der sogenannten bolivarischen Revolution – benannt nach dem im heutigen Venezuela geborenen Unabhängigkeitskämpfer Simón Bolívar (1783-1830). Auch wenn sich Dieterich später von Chávez distanzierte, erinnert er sich dennoch an den aus seiner Sicht „außergewöhnlichen“Menschen.
Der Vordenker des Chavismus stammt aus dem niedersächsischen Rotenburg (Wümme). Er studierte in Frankfurt bei Theodor Adorno und Max Horkheimer. Nach seiner Promotion in Bremen kam er über ein akademisches Austauschprogramm nach Mexiko, erhielt einen Lehrauftrag und blieb. Er ist in der Region bestens vernetzt, gilt als Einflüsterer linker Politiker und Militärs.
Dieterich kennt die Denkweise der lateinamerikanischen Militäroberen und Generäle seit Langem. Nach eigenen Angaben steht Dieterich auch mit venezolanischen Militärs im Kontakt. Er ist sicher, dass sie sich nicht für Maduro opfern werden. „Washington hat Maduro praktisch schon von Europa isoliert“, sagt er. „In dem Maße, wie es (den USA) gelingt, ihn weiter politisch und diplomatisch zu isolieren und ihn finanziell und wirtschaftlich im Würgegriff zu halten, wird die Zeit für ihn immer knapper. Den Militärs ist klar, dass die Überlebenschance für Maduro gleich Null ist.“