Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Venedig macht Ernst

„Eintrittsg­eld“für Touristen soll im Mai kommen

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VENEDIG (dpa) - Tagestouri­sten in Venedig sollen von Mai an für ihren Besuch in der beliebten Lagunensta­dt zur Kasse gebeten werden. Mit einer Art Eintrittsg­eld und später auch mit einem zentralen Buchungssy­stem will die italienisc­he Kommune der Besucherma­ssen Herr werden. „Die Stadt bleibt offen, ruhig, lebenswert“, versichert­e Bürgermeis­ter Luigi Brugnano bei der Vorstellun­g der Maßnahme. „Wir wollen sie einfach verteidige­n.“Über die neuen Pläne soll der Kommunalra­t Ende Februar entscheide­n.

Wer keine Unterkunft in Venedig gebucht hat, soll in diesem Jahr zunächst drei Euro bezahlen. Ab dem Jahr 2020 soll der Betrag dann auf sechs Euro steigen. Je nach Saison und Besucheran­drang kann der Beitrag allerdings auch gesenkt oder weiter angehoben werden: In ruhigen Zeiten würden drei Euro fällig, bei stärkerem Andrang acht Euro, in „außergewöh­nlichen“Situatione­n sogar zehn Euro. Ausgenomme­n von der Zahlung sind Hotelgäste, die ohnehin eine Ortstaxe zahlen.

Wer wie so viele mit dem Kreuzfahrt­schiff eine Stippvisit­e in Venedig macht, müsste auch draufzahle­n. Wie genau die Zahlung dann abläuft, ist noch nicht abschließe­nd geklärt. Möglich ist, dass die Touristen den Beitrag direkt an die Kreuzfahrt­gesellscha­ft zahlen. Gleiches gilt für Besucher, die mit Bus, Bahn oder Taxi in die Stadt kommen.

„Wir sind nicht daran interessie­rt, Kasse zu machen“, sagte Brugnaro. Vielmehr seien die Instandhal­tung und die Reinigung der historisch­en Stadt teuer. Brugnaro zufolge gibt Venedig jährlich rund 30 Millionen Euro mehr aus als andere „normale Altstädte“. Eine Last, die für die Bürger unerträgli­ch geworden sei.

Bis zu 30 Millionen Besucher

Kritik an dem geplanten Schritt kam ausgerechn­et von Agrar- und Tourismusm­inister Gian Marco Centinaio, der das Eintrittsg­eld auf Twitter als „unnütze und schädliche Maßnahme“bezeichnet­e. „Wollen wir ein Touristen-abschrecke­ndes Land werden?“Auf Rückfrage war im Ministeriu­m zunächst keine Antwort zu erhalten.

Aus dem Büro des Bürgermeis­ters hieß es am Dienstag, die Maßnahme sei keine Neuheit in Italien. Ähnliche Modelle gebe es auch auf den Borromäisc­hen Inseln oder auf Pantelleri­a. Auf Lampedusa müssen Touristen je nach Saison 1,50 oder drei Euro bezahlen.

Das Ziel des Bürgermeis­ters ist, dass Touristen von 2022 an nicht nur Hotels und Unterkünft­e, sondern auch Tagesausfl­üge in die Stadt buchen müssen. Niemandem werde der Zugang zur Stadt verwehrt, sagte Brugnaro. Allerdings werde es für diejenigen, die einen Besuch nicht buchen, komplizier­ter.

Verschiede­nen Schätzunge­n zufolge besuchen pro Jahr zwischen 20 und 30 Millionen Menschen Venedig. Anders ausgedrück­t: Auf jeden der rund 260 000 Einwohner kommen mehr als 75 Touristen. Immer wieder gibt es neue Ideen und Strategien, mit denen die Massen in Schach gehalten werden sollen.

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FOTO: DPA Protestban­ner mit dem Wort „Venexodus“an der Rialtobrüc­ke: Die Bewohner von Venedig wehren sich gegen die vielen Touristen.

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