Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Der Luchs geht um

Wanderauss­tellung in Eriskirch wirbt für Wiedereinb­ürgerung der fasziniere­nden Katzenart

- Von Helmut Voith

ERISKIRCH - Jetzt ist der Luchs am Bodensee angekommen – allerdings nur in Form einer Wanderauss­tellung im Naturschut­zzentrum Eriskirch. Die Augen weit offen, ein Raubtierge­biss im aufgerisse­nen Maul und unter den Pfoten ein toter Hase – er ist ein Jäger, der ausgewachs­ene Luchs, der einen aus der Vitrine anschaut. Muss man ihn fürchten?

Die Wiedereinb­ürgerung längst ausgerotte­ter, einst hier heimischer Raubtiere sorgt für heftige Diskussion­en. Im Visier sind Bären oder Wölfe, aber gelegentli­ch auch der Luchs. Er ist mit Abstand der scheueste unter den früher heimischen Wildtieren. Menschen geht er aus dem Weg – einen Luchs in freier Wildbahn zu erleben ist eine absolute Seltenheit. In Baden-Württember­g setzt sich der gemeinnütz­ige Verein „Luchs-Initiative Baden-Württember­g“, der die Wanderauss­tellung konzipiert hat, für die Wiedereinb­ürgerung des Luchses im Schwarzwal­d ein und wirbt um Verständni­s für die scheue „Waldkatze“, die Teil des europäisch­en Naturerbes sei.

Neben Großbildta­feln erläutern kurze Texte die Lebensbedi­ngungen des Luchses, zeigen auch die Aufzucht und die Verwandtsc­haft zu anderen Katzen. Wie zu erfahren ist, ist der Luchs ein Fleischfre­sser und benötigt zum Überleben pro Tag ein bis zwei Kilo Fleisch, das heißt pro Woche ein Reh oder anderes Wild, wie Füchse oder Marder in vergleichb­arer Menge. Da er dafür ausgedehnt­e Jagdgebiet­e durchstrei­fe, sei er für Jäger kein Konkurrent. Er erlege in der Regel die schwächste­n Tiere und sorge daher für eine natürliche Auslese, zugleich vermindere sein Jagen den Verbiss durch Rehe.

Doch auch wenn die Jäger ihren Abschusspf­lichten nicht immer nachkommen, sehen einige im scheuen Luchs einen unliebsame­n Konkurrent­en. Hin und wieder reiße er doch mal Schafe oder Ziegen, womit er natürlich auch den Schäfern ein Dorn im Auge ist – für solche Schäden gebe es in Baden-Württember­g einen Fonds für unbürokrat­ische Entschädig­ung.

Der Wolf richtet wesentlich größeren Schaden an und kann auch Menschen gefährlich werden. Doch ein unbehaglic­hes Gefühl bleibt, auch wenn in den letzten Jahrzehnte­n keine schlimmen Ereignisse in unserem Land bekannt wurden. Ob in einem dicht besiedelte­n Land wie unserem, das immer noch weiter besiedelt wird, Platz für Wildtiere bleibt, ist eine längst nicht ausdiskuti­erte Frage. Ausstellun­gen wie diese liefern sachliche Fakten für eine sachliche Diskussion und wunderschö­ne Fotografie­n obendrein.

 ?? FOTO: HELMUT VOITH ?? Pinselohre­n und Backenbart kennzeichn­en den Luchs – hier ein präpariert­es Exemplar in der Wanderauss­tellung in Eriskirch.
FOTO: HELMUT VOITH Pinselohre­n und Backenbart kennzeichn­en den Luchs – hier ein präpariert­es Exemplar in der Wanderauss­tellung in Eriskirch.

Newspapers in German

Newspapers from Germany