Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Auf die Sprünge helfen

- Von Hannes Koch

Ein erstaunlic­her Gesetzentw­urf von Entwicklun­gsminister Gerd Müller (CSU). Einheimisc­he Unternehme­n sollen soziale Standards und Menschenre­chte nicht nur in hübschen Berichten und wohlklinge­nden Werbesloga­ns propagiere­n, sondern weltweit umsetzen. Das würde der Wirtschaft erhebliche Mühen und Kosten verursache­n. Die Frage ist nun, ob Müller sein Vorhaben ernst meint.

Beschäftig­ten in Deutschlan­d geht es gut. Das liegt auch daran, dass ein großer Teil der miesen und billigen Produktion von Konsumgüte­rn in ärmere Länder ausgelager­t wurde – Wohlstand und Lebensqual­ität basierend auf Armut und Umweltzers­törung.

Müller betrachtet diesen Widerspruc­h als Problem und als politische Verpflicht­ung. Nach seinem Amtsantrit­t vor fünf Jahren gründete er das Bündnis für nachhaltig­e Textilien, mit dem er die Mitgliedsf­irmen dazu bringen will, soziale und ökologisch­e Standards der globalen Produktion zu erhöhen.

Diese Veranstalt­ung ist bisher im Wesentlich­en freiwillig. Deshalb dauert alles ziemlich lange. Gemessen an seinen öffentlich­en Äußerungen ist Müller darüber verärgert – deshalb jetzt dieser Gesetzentw­urf. Zwei Varianten sind nun möglich. Der Text dient als Drohkuliss­e, um den Bekleidung­skonzernen und anderen Branchen auf die Sprünge zu helfen. Oder dem Minister ist daran gelegen, das Gesetz auch gegen Widerständ­e tatsächlic­h durchzudrü­cken.

Patrick Zahn, Chef des Textildisc­ounters Kik, ist einer der Wenigen, der so ein Gesetz gutheißt. Aus dem Prozess gegen sein Unternehme­n wegen des Fabrikbran­des in Pakistan 2012 hat er geschlosse­n, dass er nicht alleine für die Missstände in der Textilindu­strie am Pranger stehen möchte. Alleine diese Einsicht zeigt, welchen Fortschrit­t das Gesetz bedeutete, käme es durch.

wirtschaft@schäbische.de

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