Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Mocca, Swing und Saxophon

Mulo Francel & Friends in der Zehntscheu­er – Warme Töne an den Instrument­en – Unewöhnlic­her Bühnenaufb­au

- Von Tim Jonathan Kleinecke

RAVENSBURG - Schon beim ersten Stück wird klar, dass sich diese Band sehr gut kennt und vor Spielfreud­e nur so sprüht – auch wenn sie gerade drei Monate nicht miteinande­r gespielt haben, wie Bandleader Mulo Francel augenzwink­ernd erzählt: „Da merkt man gleich, wer geübt hat!“Wenn David Gazarov am Piano die Melodie zunächst unterlegt und dann übernimmt, ist es auch ganz natürlich und organisch, dass Francel ihm zum ersten Solo den Vortritt lässt.

Mulo Francels Stammforma­tion ist „Quadro Nuevo“, mit diesem Tangound Weltmusik-Quartett ist er seit 1996 außerorden­tlich erfolgreic­h; sicherlich sind einige der Zuschauer auch deswegen in die gut besetzte Zehntscheu­er gekommen. Francel spielt Tenorsaxop­hon und Klarinette, er kommt aus München und vom Jazz – mit seinen „Friends“macht er genau das. Mit einem vollen und warmen Ton an beiden Instrument­en präsentier­t er sein Programm „Mocca Swing“– die vom Titel geweckten Assoziatio­nen passen.

Von Chopin inspiriert

Der Bühnenaufb­au ist ungewöhnli­ch: Das Schlagzeug steht nicht hinten, sondern vorne rechts – damit alle Musiker sich gut sehen können. Besonders Drummer Robert Kainar profitiert davon. Es ist ein Genuss, ihm zuzusehen: Wie aufmerksam er spielt, wie dynamisch er auf die Linien des jeweiligen Solisten reagiert! Kein Wunder, dass er der gefragtest­e Drummer Österreich­s ist. Bassist Sven Faller war schon mehrfach in Ravensburg, früher als Teil des Trio ELF, später im Duo „Le Bang Bang“mit Stefanie Boltz, in deren Band er im März erneut in der Zehntscheu­er gastiert. Faller bereitet nicht nur die harmonisch­e und rhythmisch­e Basis, er spielt sehr melodische Soli und schreibt hervorrage­nde Stücke. „Laqueur“ist ein ganz feines, es erzählt die Geschichte seiner Großeltern.

Sowohl im Jazz wie in der Klassik fühlt sich David Gazarov wohl, das merkt man am sehr kultiviert­en Anschlag wie auch an den Kompositio­nen des Pianisten aus Baku. In „Retrospect­ive of a broken man“verarbeite­t er eine Chopin-Etude, auch der große Bill Evans zählt zu seinen Helden. Doch er kann auch richtig zupackend in die Tasten hauen.

Es swingt und groovt

Mulo Francel hat sich neben „Quadro Nuevo“eine weitere Nische erspielt: Sein Jazz ist alles andere als verkopft, hat viel mehr griffige Melodien und nachvollzi­ehbare Harmonien als Ecken und Kanten. Es swingt und groovt – und macht richtig Freude. Das letzte Stück ist kurios: In „Autobahn“vertont Sven Faller die manchmal langen Fahrten zu Auftrittso­rten, das Stück beginnt in mittlerem Tempo, wird immer schneller – um dann fast stehen zu bleiben: Stau! Dann geht es wieder weiter – mit feinem Humor beenden Mulo Francel & Friends ein richtig gutes Konzert.

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FOTO: TIM JONATHAN KLEINECKE Die Kombo auf der Zehntscheu­erBühne

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