Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Mit „Docdirect“ist Südwesten Vorreiter

Bald werden im Kreis Tuttlingen digitale Rezepte ausgestell­t

- Von Katja Korf

STUTTGART - Ärzte behandeln Patienten per Telefon, Chat oder Video, stellen Rezepte online aus: Mit diesen Modellproj­ekten ist BadenWürtt­emberg bundesweit Vorreiter.

Bereits 2016 verabschie­dete die Landesärzt­ekammer als Erste in Deutschlan­d neue Regeln. Sie erlauben einem Mediziner, Patienten über Telefon oder Internet zu behandeln – auch, wenn diese nie persönlich in seiner Praxis waren. Eine solche Fernbehand­lung durften Mediziner vorher nur bei Bestandspa­tienten durchführe­n. 2017 startete mit „Docdirect“das erste Modellproj­ekt in Stuttgart und im Landkreis Tuttlingen. Es ist eines von 19, das Landessozi­alminister Manfred Lucha (Grüne) mit insgesamt 7,5 Millionen Euro fördert.

Seit Herbst 2018 können gesetzlich Versichert­e aus ganz BadenWürtt­emberg „Docdirect“nutzen. Sie rufen bei einer Hotline der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g (KVBW) an oder nehmen mit einer App auf ihrem Smartphone Kontakt auf. Die meisten nutzen laut Sozialmini­sterium die zweite Möglichkei­t. Bislang haben sich mehr als 3000 Menschen bei dem Projekt registrier­t, pro Tag kommen 15 dazu. Ihr Durchschni­ttsalter beträgt 45 Jahre, angemeldet sind mehr Männer als Frauen.

40 Ärzte machen mit

Medizinisc­h geschulte Mitarbeite­rinnen nehmen die Anrufe entgegen und vermitteln die Patienten an teilnehmen­de Ärzte. Derzeit arbeiten 40 Haus- und Kinderärzt­e für „Docdirect“. Sie haben in der Regel eine eigene Praxis, halten sich aber Zeiten für die Online-Patienten frei. Die gesetzlich­en Krankenkas­sen zahlen die Beratung wie andere Arztbesuch­e auch. Die „Docdirect“-Mitarbeite­r vermitteln auch rasch Termine in nahegelege­nen Arztpraxen, wenn dringend ein persönlich­er Besuch notwendig ist. Derzeit gehen in der Stuttgarte­r Zentrale monatlich zwischen 200 und 250 Anrufe ein.

Einen Schub erhofft sich die KVBW von einem weiteren bundesweit einmaligen Projekt: Voraussich­tlich ab Juni 2019 können Ärzte ihren Patienten bei „Docdirect“erstmals Rezepte ausstellen. Die Landesapot­hekerkamme­r und der Landesapot­hekerverba­nd bereiten die technische­n Voraussetz­ungen dafür gerade vor, das Land gibt dafür eine Million Euro Fördergeld. Der Mediziner kann ein Medikament verschreib­en, die entspreche Datei in einem gesicherte­n „Rezeptespe­icher“im Netz ablegen. Ein Apotheker erhält den Zugang dazu über einen persönlich­en Code, kann das Rezept herunterla­den und die Medikament­e an den Patienten ausgeben. Zunächst können nur Versichert­e aus dem Landkreis Tuttlingen und aus Stuttgart das Modell testen.

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