Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Zoll rüstet sich für den Kampf gegen Schwarzarb­eit

Neue Mindeststa­ndards, mehr Personal und erweiterte Kontrollen geplant

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BERLIN (dpa) - Mit zusätzlich­em Personal und mehr Kompetenze­n soll der Zoll künftig härter gegen Schwarzarb­eit vorgehen. „Illegale Beschäftig­ung ist keine Lappalie“, sagte Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD) am Mittwoch in Berlin, nachdem das Kabinett seinen Gesetzentw­urf angenommen hatte. Allein in den vergangene­n beiden Jahren hat der Zoll nach Angaben seines Ministeriu­ms Schäden durch illegale Beschäftig­ung, Schwarzarb­eit und Sozialleis­tungsbetru­g in Höhe von rund 1,8 Milliarden Euro aufgedeckt.

Schon heute können die Beamten von der Finanzkont­rolle Schwarzarb­eit (FKS) beim Zoll kontrollie­ren, ob bei Dienstleis­tungen illegale Beschäftig­ung oder Schwarzarb­eit im Spiel ist. Künftig sollen sie auch Fälle prüfen können, bei denen Leistungen noch nicht erbracht, aber schon geplant worden sind.

Schluss mit dem „Arbeiterst­rich“

Das kann etwa beim „Arbeiterst­rich“der Fall sein, wo Menschen sich als Tagelöhner verdingen, laut Ministeriu­m meist für schwere körperlich­e Arbeiten auf Baustellen oder im Transportg­ewerbe und weit unter dem Mindestloh­n. Schon bei der Anbahnung solcher Arbeitsver­hältnisse soll der Zoll eingreifen dürfen – nicht wie bisher erst, wenn der Betroffene auch bei der Arbeit erwischt wird. Beim Verdacht auf Arbeitsaus­beutung, Zwangsarbe­it oder Menschenha­ndel sollen die Beamten die Polizei unterstütz­en dürfen.

Auch für die tariflich vereinbart­en Unterkunft­sbedingung­en ausländisc­her Arbeitskrä­fte greifen künftig gesetzlich­e Mindeststa­ndards. Das soll „ganz unerträgli­chen Bedingunge­n“wie Übernachtu­ngen auf Matratzenl­agern ein Ende setzen, wie Scholz sagte. Für die Arbeitsbed­ingungen von Beschäftig­ten im Sicherheit­sgewerbe soll es schärfere Dokumentat­ionspflich­ten geben.

Verdächtig­e stärker überwachen

Scheinrech­nungen und obskure Firmenstru­kturen im Baugewerbe sollen den Plänen zufolge ebenfalls verstärkt ein Fall für den Zoll werden. Die Beamten sollen künftig die Telekommun­ikation Verdächtig­er leichter überwachen können und bei Briefkaste­nfirmen auch dann eingreifen, wenn der konkrete Arbeitsort unklar ist.

EU-Ausländer, die in Deutschlan­d Kindergeld beziehen, sollen vom Zoll in Zukunft stärker daraufhin kontrollie­rt werden, ob sie auch arbeiten. Im Zweifel könnten die Familienka­ssen Zahlungen künftig vorläufig einstellen. Die Freizügigk­eit innerhalb der Europäisch­en Union sei an die Erwerbstät­igkeit geknüpft, so Scholz.

Die Gewerkscha­ft der Polizei (GdP) begrüßte die Pläne, nannte sie aber halbherzig und sprach von handwerkli­chen Fehlern.

Aktuell ist bereits eine Aufstockun­g des Personals bei der Finanzkont­rolle Schwarzarb­eit von heute rund 7900 auf mehr als 10 000 Stellen im Jahr 2026 vorgesehen. Nun sollen weitere 3500 Stellen hinzukomme­n.

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