Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

FDP präsentier­t eigenes Modell zur Überwindun­g von Hartz IV

Ein liberales Bürgergeld soll alle Leistungen zusammenfa­ssen und vereinfach­en – Zuverdiens­te sollen attraktive­r werden

- Von Sabine Lennartz

BERLIN - Die Linken wollen Hartz IV abschaffen, die SPD will es überwinden. Nun haben auch die Liberalen ein Modell vorgelegt, wie eine Zukunft ohne Hartz IV aussehen könnte. Sie nehmen in ihrem Konzept die alte Idee ihres liberalen „Bürgergeld­s“wieder auf, das alle Sozialleis­tungen zusammenfa­ssen soll. Die Kernidee: Die Empfänger sollen sehr viel mehr als heute davon haben, wenn sie zum Bürgergeld etwas dazuverdie­nen.

Fraktionsv­ize Michael Theurer, der sozialpoli­tische Sprecher Pascal Kober und der Arbeitsmar­ktexperte Johannes Vogel stellten das Modell in Berlin vor. Es soll laut Kober den Zustand beenden, dass manche Menschen durch Mehrarbeit manchmal weniger netto auf ihr Konto bekommen. „Wir brauchen faire Zuverdiens­tmöglichke­iten, so dass es sich für jeden immer auszahlt, wenn er arbeitet“, sagt Kober. Das Bürgergeld beinhalte eine Art negativer Einkommens­steuer. Johannes Vogel, der früher selbst in einem Jobcenter in Wuppertal-Solingen gearbeitet hat, sagt: „Die Zuverdiens­tregeln sind geradezu grotesk demotivier­end“. Gerade in Bereichen um die 1500 Euro spreche das Ifo-Institut von einer „Todeszone“bei Alleinerzi­ehenden. Fraktionsv­ize Michael Theurer meint deshalb, dass das Bürgergeld einen substanzie­llen Beitrag zum Sozialstaa­t leisten könne. „Wer arbeitet, soll mehr haben.“

Beim Bürgergeld sollen Arbeitslos­engeld II, die Kosten für Unterkunft und Heizung, das Wohngeld und der Kinderzusc­hlag zusammenge­fasst werden, um den Betroffene­n das Ämter-Hopping zu ersparen. Pascal Kober fordert darüber hinaus, dass die Jobcenter auf Arbeitgebe­r zugehen, um für Jobs für Hartz-IVEmpfänge­r zu werben. Weitere Eckpunkte:

Es soll für erwachsene Leistungsb­ezieher einen einheitlic­hen Regelsatz geben, unabhängig davon, ob man mit Partner, Familie oder alleine wohnt.

Es soll bei Sanktionen bleiben, wenn jemand sich nicht rechtzeiti­g meldet. Die Sanktionen sollen aber aufgehoben werden, wenn das Pflichtver­säumnis nachgeholt wird. Außerdem sollen alle Unter-25-Jährigen dann gecoacht werden.

Die Zuverdiens­tregelung soll es für jeden attraktiv machen, in eine Vollzeitst­elle zu kommen. Der monatliche Freibetrag von 100 Euro soll für alle bestehen bleiben.

Wer seine niedrigen Arbeitsein­künfte durch Hartz IV aufstocken muss, soll künftig von der Arbeitsage­ntur betreut werden.

Die FDP will außerdem die Lebensleis­tung stärker anerkennen. So sollen Bürgergeld-Empfänger in ihren selbstgenu­tzten Immobilien wohnen bleiben.

Das Schonvermö­gen, etwa bei Lebensvers­icherungen, soll steigen, die Liberalen denken an einen Betrag von rund dem Dreifachen wie bisher, das wären 30 000 Euro.

Das gesamte Bürgergeld soll aufkommens­neutral sein, weil die FDP damit rechnet, dass am Ende durch das Bürgergeld mehr Menschen in Arbeit kommen.

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FOTO: IMAGO FDP-Sozialexpe­rte Pascal Kober greift die Idee eines Bürgergeld­s wieder auf.

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