Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
In der Sache liegt Schulze richtig
Auf den ersten Blick hat der Gesetzentwurf von Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) schlechte Chancen. Zwar klingen die Zielvorgaben hart, dennoch entspricht ihr Klimaschutzgesetz der Großwetterlage. Der Kohlendioxidausstoß der Gebäude in Deutschland soll innerhalb der kommenden zehn Jahre um rund 40 Prozent sinken. Um das zu erreichen, muss man einen großen Teil der bestehenden Wohnhäuser wärmedämmen. Viel Spaß allen Immobilienbesitzern und Mietern! Ähnlich streng wird es im Autoverkehr zugehen.
Dabei greift die Umweltministerin zu einem Trick: Schulze will die Reduktionsverpflichtungen für die einzelnen Sektoren Energie, Industrie, Gebäude, Verkehr und Landwirtschaft selbst festlegen, die Verantwortung für die Umsetzung dann aber den Fachministerien aufbürden. Die sollen aus ihren Haushalten auch die eventuellen Milliarden-Strafen für Zielverfehlungen tragen.
Kein Wunder, dass CDU-Wirtschaftspolitiker Joachim Pfeiffer die „Klimaplanwirtschaft“der SPD-Ministerin kritisiert. An diesem Entwurf wird in den kommenden Monaten noch viel herumgeschraubt werden. Grundsätzlich basiert Schulzes Politik aber auf Entwicklungen, die sich kaum ignorieren lassen.
Erstens: Die Bundesregierung macht Klimaschutz nicht freiwillig. Sie ist internationale Verpflichtungen eingegangen. Wenn also die Bundesrepublik ihren Kohlendioxidausstoß nicht in bestimmten Schritten reduziert, muss sie vermutlich steigende Strafen zahlen. Verantwortlich dafür ist eine Art Emissionshandel zwischen Staaten, der nun beginnt. Zweitens findet Klimaschutz Unterstützung bei vielen Unternehmen, die darin Geschäftsmöglichkeiten sehen. Und drittens hat die Union kaum Möglichkeiten, dieser Politik auszuweichen.
Sollte die Große Koalition platzen, und die Union würde die Grünen als alternativen Partner engagieren, kämen von dort dieselben Forderungen. Die Chancen stehen also gut, dass das Klimaschutzgesetz so oder so ähnlich kommt. Außer die SPD-Spitze um Olaf Scholz, Andrea Nahles und Hubertus Heil lässt Genossin Schulze doch noch hängen.
politik@schwaebische.de