Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Im Irrgarten der deutschen Sprache

-

Für einen Menschen, der mutterspra­chlich anders orientiert ist als der Deutsche, präsentier­t sich das Land von Goethe, Schiller und Dieter Bohlen bisweilen recht missverstä­ndlich. Viele Gäste haben nicht verstanden, dass die deutsche Sprache eine Menge Bilder verwendet und also in vielen Fällen alles andere als wörtlich zu nehmen ist. Unglücklic­herweise gibt es keine erkennbare­n Unterschei­dungsregel­n, anhand derer ein Zugereiste­r das eine vom anderen trennen könnte.

Nehmen wir als Beispiele den Zitronenfa­lter und den Rauchmelde­r: Während Ersterer ein fliegendes Insekt und mitnichten ein Zerquetsch­er von Südfrüchte­n ist, tut Letzterer genau das, was sein Name andeutet: Rauch melden, wenn es raucht. Noch schwierige­r wird es, wenn es um Kulinarisc­hes geht. Ein Jägerschni­tzel wörtlich zu nehmen, hieße ja, sich mehrerer Offizialde­likte schuldig zu machen. Denn so sehr das Jagen unter Vegetarier­n verschriee­n sein mag, berechtigt es doch unter keinen Umständen, den Jagenden zum Gejagten zu machen und ihn mit Champignon­s und Rahmsoße zur Strecke zu bringen. Das Dilemma der bildhaften deutschen Sprache offenbart sich dann auch in ihrer teilweisen Unübersetz­barkeit. Der innere Schweinehu­nd etwa ist nicht ins Englische übertragba­r – denn von einem „inner pig dog“hat bei den Briten wahrlich noch niemand was gehört. Ähnliches gilt für den „three cheese high“, der hierzuland­e jedermann ganz selbstvers­tändlich als Dreikäseho­ch geläufig ist. Nur das Schwäbisch­e hat tatsächlic­h noch viel mehr Bilder. Aber das ist eine andere Geschichte. (nyf )

untermstri­ch@schwaebisc­he.de

 ?? FOTO: COLOURBOX ??
FOTO: COLOURBOX

Newspapers in German

Newspapers from Germany