Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Innerhalb von zwölf Wochen wird ein Lebenszyklus simuliert
Der Standort Friedrichshafen der ZF transformiert sich von ein em überwiegenden Produktionsstandort hin zu einem Hightech- und Wissensstandort. Ein wichtiger Schritt dafür war die Errichtung des Forschungs- und Entwicklungszentrums (FEZ) in den 90er-Jahren. Seitdem wurde dieses Zentrum stetig weiterentwickelt – neuester Zuwachs ist das Prüfzentrum für Getriebesysteme, das am nächsten Mittwoch offiziell in Betrieb genommen wird.
FRIEDRICHSHAFEN (msp) - Im neuen Prüfzentrum können die Ingenieure des FEZ sowie aus der Entwicklungsabteilung der Sparte PKW-Antriebstechnik neue Entwicklungen und Innovationen ausgiebig testen.
„Von der Komponente bis hin zum Gesamtantriebsstrang können wir alles im Prüfzentrum prüfen“, erläuterte Dr. Micahel Ebenhoch, Entwicklungsleiter der ZF-Division PKW-Antriebstechnik, gegenüber der Schwäbischen Zeitung.
Die Prüfstände sind meist zehn auf zehn Meter groß – im größten Prüfstand könnte man jedoch auch eine komplette LKW-Zugmaschine unterbringen. Der Aufspannrost – der mittels einer ausgeklügelten Luftfederung Messungenauigkeiten verhindern soll – wiegt rund 36 Tonnen. Die Prüfstände sind von dicken Glasscheiben umgeben – während der Test läuft, dürfen die Mitarbeiter den Teststand nicht betreten. Durch die Glasscheiben und an den PC-Monitoren verfolgen sie den Ablauf der Tests. Die Prüfungen dauern rund drei Monate – in diesen zwölf Wochen wird zwar in Laborsituation, aber unter durchaus realen Bedingungen getestet und so ein gesamter Lebenszyklus eines Fahrzeuggetriebes simuliert.
Im Zwischengeschoss des neuen Prüfzentrums wurden Batteriesimulatoren für die Energieversorgung von Elektro- und Hybridantrieben installiert. So können die Prüfboxen die gesamte Energiezufuhr für ein Fahrzeug simulieren – auf diese Weise wird auch zukunftsweisend das Prüfen von Elektround Hybridantrieben ermöglicht. Alle Prüfstände für Verbrennungsmotoren sind mit einer hochmodernen Abgasreinigungsanlage verbunden. Außerdem sind im Gebäude Prüfstände für Steuergeräte für Automatikgetriebe untergebracht.
„Unser neues Prüfzentrum ist für alle Antriebsarten geeignet – ob elektrisch, hybridisiert oder mit reinem Verbrennungsmotor“, erläuterte Dr. Dirk Walliser, seit Herbst 2018 verantwortlich für die zentrale Forschung und Entwicklung bei ZF, im Interview mit der Schwäbischen Zeitung. Man müsse sich klarmachen, dass „wir nicht pber Nacht rein elektrisch fahren werden“– vielmehr werde es eine lange Übergangszeit geben, in der nach wie vor Fahrzeuge mit Getriebe auf der Straße unterwegs seien.
Deswegen habe man das Prüfzentrum auf die verschiedenen Antriebssysteme ausgelegt. Walliser verwies weiter auf Potenziale, die es noch zu erschließen gebe: „Wir entwickeln außerdem das sehr erfolgreiche 8-Gang-Automatgetriebe steig weiter“. Das neue Prüfzentrum mit einer Investition von rund 70 Millionen Euro und 150 Arbeitsplätzen ist ein Bekenntnis der ZF zum Standort Friedrichshafen.
„Das war gewiss nicht das letzte Bauprojekt am Standort“, sagte der ZF-Vorstandsvorsitzende Wolf-Henning Scheider in seiner Rede beim Neujahrsempfang der Stadt Friedrichshafen.