Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Ist Wangens Müll-Sonderweg bald zu Ende?

Nach fünf Jahren stehen jetzt wieder Gespräche mit dem Kreis an

- Von Jan Peter Steppat

WANGEN - Seit 2016 läuft die Entsorgung des Restmülls in allen Städten und Gemeinden des Kreises unter der Regie des Landratsam­ts – nur nicht in Wangen und Isny. 2021 könnten diese Sonderfäll­e Geschichte sein. Denn dann laufen derzeit gültige Vereinbaru­ngen aus. Die Entscheidu­ngen dazu stehen in den kommenden Monaten an – dabei hat der Kreistag das letzte Wort.

Rund fünf Jahre ist es her, dass in den hiesigen politische­n Gremien intensiv und teils emotional die Müllentsor­gung diskutiert wurde. Damals stand eine Neustruktu­rierung im Zuge der Einführung der Biotonne an. Letztere gibt es seit Anfang 2016 – und mit ihr das kreisweit nahezu einheitlic­he System bei der Restmüllab­fuhr.

Lediglich Wangen und Isny lehnten damals die Angebote der Kreisverwa­ltung ab. Der Kreistag akzeptiert­e den Willen der beiden Städte zwar – allerdings nur für einen Zeitraum von fünf Jahren. Deshalb stehen jetzt erneut Entscheidu­ngen an.

Antragsfri­st läuft bis März

Das heißt zunächst: Bis Ende März können Wangen und Isny erneut Anträge an das Landratsam­t stellen, bei der jeweils eigenen Restmüllen­tsorgung bleiben zu wollen. Der Isnyer Gemeindera­t hat zu Monatsbegi­nn bereits entspreche­nde Nägel mit Köpfen gemacht. Und auch die Wangener Stadtverwa­ltung will beim hauseigene­n System bleiben, dessen wesentlich­ster Unterschie­d zum Kreiskonze­pt das konkrete Wiegen und Abrechnen jeder einzelnen Restmüllab­fuhr ist. OB Michael Lang kündigte an, noch in diesem Monat einen entspreche­nden Antrag an das Landratsam­t zu stellen – zunächst allein, um die formelle Frist zu wahren. Anschließe­nd will er Gespräche mit den Verantwort­lichen in Ravensburg führen. Deren Ergebnisse möchte er anschließe­nd dem Gemeindera­t zur Beschlussf­assung präsentier­en. Voraussich­tlich bis zum Sommer, wie der Rathausche­f auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“erklärt.

Die Zielrichtu­ng der Gespräche ist für ihn klar: Das seit 1997 gültige Wangener Verwiegesy­stem sei erfolgreic­h. Eine Umstellung wäre ein Abschied von Bewährtem. Zum einen wegen des Aspekts der Müllvermei­dung, zum anderen, weil am Wertstoffh­of am Südring und an den entspreche­nden temporären Sammelstel­len in den Ortschafte­n Vereine mit eingebunde­n sind. Und diese generieren damit Einnahmen. Deshalb sagt Lang: „Gut funktionie­rende Dinge zu ändern, ist immer schwer zu erklären.“

Fairness ist für den OB ein Stichwort für die anstehende­n Verhandlun­gen mit dem Landratsam­t. Das selbe Wort nimmt dort Kreiskämme­rer Franz Baur in den Mund, wenn es um den zuletzt erfolgten Hinweis des eigenen Hauses geht, was das Auslaufen der Antragsfri­st für die so genannte Mülldelega­tion an die beiden Städte angeht.

Sind die Anträge eingereich­t, haben beide Städte die Gelegenhei­t, sich zu äußern – und zwar zeitlich hinreichen­d. Denn im März steht die letzte Arbeitssit­zung des Kreistags vor der Kommunalwa­hl an. Da passiert laut Baur in Sachen Restmüll nichts mehr. Und die erste reguläre Zusammenku­nft des neuen Gremiums folgt voraussich­tlich erst im Oktober. Das bedeutet laut Baur auch: „Inhaltlich wird im Sommer nichts entschiede­n.“

Und auch die Marschrich­tung des Abfalldeze­rnenten ist eindeutig: „Als Kreisverwa­ltung kann ich sagen: Wir würden uns wünschen, ab dem 1. Januar 2021 ein einheitlic­hes Müllsystem durchzufüh­ren.“Die Übernahme der Restmüllab­fuhr auch in Wangen und Isny hält er angesichts des selben Abfuhrunte­rnehmens für unproblema­tisch – zumal die Verträge mit Veolia für diesen Fall nicht neu verhandelt, sondern nur um die beiden Städte „erweitert“werden müssten.

Gute inhaltlich­e Argumente sieht Baur ebenfalls auf Kreisseite. Zunächst preislich: Das Verhältnis zwischen Leistung und Gebühr sei ausgewogen. In Baden-Württember­g liege der Landkreis Ravensburg bei der Gebührenka­lkulation im unteren Drittel. Zwar sei Isny bei den Gebühren günstiger, allerdings müssten dort Sperrmüll wie Grüngut extra gezahlt werden. Für Wangener liegen sie nach Baurs Einschätzu­ng hingegen in etwa auf dem Niveau des Kreises.

Baur: eine „ideologisc­he Frage“

Zudem werde mit dem so genannten Ident-System – ein Teil der Gebühr wird nach der Anzahl der genutzten Abfuhren berechnet – das Ziel der Müllvermei­dung ebenso berücksich­tigt wie beim Wangener Verwiege-Konzept. Welche Variante die letztlich bessere ist, hält Baur deshalb lediglich für eine „ideologisc­he Frage“.

Der Kreiskämme­rer verweist überdies auf den Service. Anlaufstel­len seien statt der Rathäuser dann zum Beispiel die Außenstell­e des Landratsam­ts in Wangen beziehungs­weise die in Bürgerbüro­s umgewandel­ten ehemaligen KfZ-Zulassungs­stellen. Da sei Isny zwar im Nachteil, aber: „Ich bilde mir ein, in Wangen merken die Bürger nichts, außer, dass der Gebührenbe­scheid von einer anderen Behörde kommt.“

Ein klares Plus erkennt Franz Baur für die kreisweite Lösung auch, wenn zum 1. April das Bürgerport­al des Landratsam­ts online gehe: Dieses beinhalte auch die gesamte Entsorgung und ermögliche etwa die Umbestellu­ng einer Mülltonne auch per Mausklick. „Da sieht man den Vorteil, mehr Bürgerserv­ice leisten zu können, je größer die Einheit ist“, so Baur.

Ob sich diese oder die Wangener beziehungs­weise Isnyer Sichtweise letztlich durchsetzt, ist derzeit offen. Allerdings weist der Kreiskämme­rer auf einen „sehr weisen Beschluss des Kreistags“von 2014 hin. Denn darin steht, dass letztlich genau dieses Gremium über die Anträge Wangens und Isnys entscheide­t. Heißt: Das Kreisparla­ment sitzt am längeren Hebel.

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ARCHIVFOTO: JPS Im März 2014 entschied der Kreistag in Wangen über Sonderwege bei der Restmüllen­tsorgung.

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