Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Historie, Hintergründe und Unterschiede bei der Müllentsorgung im Landkreis Ravensburg
Warum haben Wangen und Isny eigene Systeme beim Restmüll? Eigentlich ist die Entsorgung Sache der Landkreise, und so wird es auch fast überall gehandhabt. Der Kreis Ravensburg hatte diese Aufgabe allerdings vor Jahrzehnten an die Städte und Gemeinden „delegiert“. Fortan organisierten die Kommunen die Entsorgung selbst. 2013 bot das Landratsamt die „Rückdelegation“an, wollte die Aufgaben also zentral übernehmen. Anlass war die Einführung der Biotonne zum 1. Januar 2016. Hintergrund war aber auch das immer komplexere Entsorgungssystem. Deshalb nahmen vor allem kleinere Gemeinden das Angebot gerne an. Widerstand gab es zunächst vor allem in den Städten. Neben Wangen und Isny gehörten dazu zunächst unter anderem Ravensburg und Leutkirch.
Die Debatten verliefen kontrovers bis emotional. Das Landratsamt besserte sein Angebot nach, auf eigenen Lösungen beharrten lediglich Wangen und Isny. Die Beschlüsse in der entscheidenden Kreistagssitzung im März 2014 fielen dann einstimmig – auch wegen einer Klausel. Das Ergebnis lautete sinngemäß: Wangen und Isny können den Restmüll bis Ende 2020 weiter selbst entsorgen. Für die Zeit danach können die Städte ab März 2019 erneut mit dem Kreis verhandeln und eine weitere Delegation beantragen. Aber: „Über diesen Antrag entscheidet der Kreistag“, heißt es in dem damals verabschiedeten Beschlussentwurf wörtlich. Das bedeutet: Nimmt der Kreistag Anträge Wangens und Isny nicht an, wandert die Restmüllentsorgung ab 2021 in Kreishände.
Worin bestehen die wesentlichen Unterschiede zwischen dem System Wangens und dem des Kreises?
Grundsätzlich beziehen sich die Unterschiede vor allem auf Abfall, weniger aber auf Wertstoffe. Heißt: Wangen organisiert vor allem die Entsorgung des Restmülls (schwarze Tonne), des Sperrmülls und des Biomülls (braune Tonne) selbst. Der „Gelbe Sack“hingegen wird nach einem kreisweit einheitlichen System abgeholt.
Beim Restmüll gibt es in Wangen das „Verwiegesystem“. Das bedeutet: Ab fünf Kilogramm pro Abfuhr aufwärts kommt es bei der Preisberechnung nicht allein auf die Grundgebühr an, sondern auch auf das Gewicht in der Tonne. Beim Kreis gibt es das „Identsystem“. Das besagt: Neben der Grundgebühr kommt es darauf an, wie oft die Behälter zur Abfuhr bereit gestellt werden (bei acht Pflichtleerungen pro Jahr). Beide Systeme haben das Ziel der Müllvermeidung. Vertreter beider Systeme halten ihre Lösungen in diesem Sinne für erfolgreich. Weitere, spezielle Wangener Lösungen gibt es zum Beispiel beim Sperrmüll und bei der Organisation der Wertstoffhöfe. So sind in Wangen zwei Sperrmüllabfuhren pro Jahr und Haushalt in der Gebühr enthalten, beim Kreis ist es eine. Ferner betreuen Vereine unter anderem den städtischen Wertstoffhof am Südring. Sie erhalten Geld für die Vereinsarbeit. Auf dem Wertstoffhof des Landratsamts in Obermooweiler sind hingegen Kreismitarbeiter tätig. (jps)