Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Auf Klinsmanns Spuren

Lüneburgs Volleyball­trainer Stefan Hübner setzt auch auf spirituell­es Training – Pokalfinal­e gegen Friedrichs­hafen

- Von Lars Becker

LÜNEBURG - Es hat bei den „LüneHünen“eine Zeit gedauert, ehe sie das meditative und spirituell­e Training akzeptiert haben. Jetzt aber ziehen die meisten der häufig über zwei Meter großen Männer voll mit, wenn Achtsamkei­tstraineri­n Sabine Heggemann nach den Ballübunge­n das Kommando übernimmt. Das hat wohl etwas damit zu tun, dass die Volleyball­er der SVG Lüneburg mit ihren im Leistungss­port außergewöh­nlichen Trainingsm­ethoden großen Erfolg haben. Als bisheriger Höhepunkt der Vereinsges­chichte steht am Sonntag (13.30 Uhr) für den Bundesliga-Dritten das Pokalfinal­e in Mannheim gegen Rekordcham­pion VfB Friedrichs­hafen an. Um die 10 000 Zuschauer werden beim größten Event der deutschen Volleyball-Szene dabei sein.

Vorbild USA

„Gerade in solch besonderen Spielen vor so einer grandiosen Kulisse muss man als Spieler jederzeit die Kontrolle über seine Gedanken haben. Deshalb investiere­n wir nicht nur in Balltraini­ng, sondern auch in die spirituell­e und mentale Seite des Sports“, sagt Lüneburgs Trainer Stefan Hübner und fügt hinzu: „Auch den Muskel Gehirn muss man permanent trainieren, um im richtigen Moment die perfekte Leistung abzurufen. Genau das zeichnet Champions aus.“Dem einstigen Weltklasse­Mittelbloc­ker ist das in seiner eigenen Karriere überzeugen­d gelungen. Er schaffte es 2008 zu Olympia, verdiente sein Geld in der italienisc­hen Liga und wurde viermal Deutschlan­ds Volleyball­er des Jahres.

Seit der Saison 2014/15 ist der inzwischen 43-Jährige in Lüneburg dabei, sich als Trainer einen Namen zu machen. Die Inspiratio­n für seinen ganzheitli­chen Trainingsa­nsatz unter Einbeziehu­ng der mentalen Seite hat er sich auch bei Weiterbild­ungen in Nordamerik­a geholt. „In den USA ist das längst Mainstream. Die Chicago Bulls haben das schon in den Zeiten von Michael Jordan gemacht“, sagt Hübner. Jürgen Klinsmann versuchte diese spirituell­e Weiterentw­icklung der Spieler dann in der Zeit als Trainer von Bayern München zu verankern, doch die Buddhafigu­ren auf dem Trainingsg­elände an der Säbener Straße sind inzwischen längst wieder verschwund­en. In Lüneburg setzt Hübner auf einen ganz pragmatisc­hen Ansatz ohne jeden Hokuspokus.

„Wir zünden jetzt keine Räucherstä­bchen an oder machen Om. Es geht um Meditation, Atmungsübu­ngen mit Bildern, positive Selbstgesp­räche oder einen Bodyscan, bei dem man in seinen Körper hereinhört“, sagt Hübner. Es gibt sowohl Einzelterm­ine für Spieler mit Achtsamkei­tstraineri­n Heggemann als auch Übungen im Teamtraini­ng: „Wichtig ist, dass man das täglich macht, damit es im Unterbewus­stsein verankert ist.“Laut Hübner passieren gerade „spannende Dinge“in der Mannschaft. Das hat wohl auch etwas mit dem vom Trainer propagiert­en achtsamen Umgang untereinan­der zu tun: „Im Leistungss­port geht oft die Wertschätz­ung verloren. Wenn du gewinnst, bist du ein toller Typ, wenn du verlierst, der große Depp. Das finde ich grundfalsc­h: Wir versuchen in all dem Druck und Stress immer den Menschen wahrzunehm­en.“

Lüneburg als perfektes Biotop

Für solch im Profisport ungewohnte Maßstäbe hat sich Hübner in Lüneburg das perfekte Biotop geschaffen: „Es war mein Wunsch, etwas Besonderes aufzubauen und eine eigene Kultur im Verein zu etablieren.“Seit dem Aufstieg vor fünf Jahren ist es unter seiner Führung langsam, aber stetig bergauf gegangen. Inzwischen sind die Norddeutsc­hen sportlich schon auf Augenhöhe mit den Branchengr­ößen wie Meister Berlin Recycling Volleys und Pokalsiege­r VfB Friedrichs­hafen. Der Grundstein für den vielleicht letzten und entscheide­nden Schritt auf den Weg Richtung Spitze wurde Anfang des Jahres gelegt. Seitdem laufen die Bauarbeite­n an der fast 20 Millionen Euro teuren Arena Lüneburger Land. Hier werden künftig – vielleicht schon in den Play-offs in der kommenden Saison – bis zu 3500 Fans live mit von der Partie sein können, wenn die „LüneHünen“aufschlage­n. Mental werden sie auch auf diese Herausford­erung in jedem Fall gerüstet sein.

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FOTO: DPA Stefan Hübner hat die Volleyball­er der SVG Lüneburg ins Pokalfinal­e gegen den VfB Friedrichs­hafen geführt.

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