Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Der richtige Champion

Eric Frenzel, den Winter über oft schwächeln­d und hadernd, kombiniert zu WM-Gold

- Von Klaus-Eckhard Jost

SEEFELD - Eric Frenzel verteilte schon vor der Ziellinie Kusshände. Der 30-jährige Kombiniere­r hatte sich auf den zehn Kilometern genügend Vorsprung herausgear­beitet, dass er sich diese Freundlich­keit erlauben konnte. Auch danach wich dieses schelmisch­e Grinsen nicht mehr aus seinem Gesicht. Denn dieser sechste Weltmeiste­rtitel war der überrasche­ndste seiner Karriere. „Das ist ein ganz besonderer Titel. Ich hatte fast schon den Glauben daran verloren, dass ich das noch einmal so rumreißen kann“, sagte Frenzel überglückl­ich. Und ergänzte dann: „Es war so ein Tag, wie man ihn sich erträumt, aber dass es so aufgeht, das ist eher selten.“

Während der gesamten Saison lief es nicht beim erfolgsver­wöhnten Athleten des SV Geyer. „Die letzten Wochen waren nicht sehr einfach, ich habe viel gearbeitet, habe versucht, mich auf mich zu konzentrie­ren und das herauszuho­len, was ich schon mal konnte“, erzählte er. Vor allem im Springen musste Eric Frenzel lange um den Anschluss kämpfen. Zu Beginn des Jahres hatte er auf den Weltcup in Otepää verzichtet und hat mit Bundestrai­ner Hermann Weinbuch Extraschic­hten auf der Schanze in Seefeld eingelegt. Danach lief es zwar etwas besser, und der Abstand nach dem Springen war nicht mehr ganz so groß – doch ein Rückstand war immer noch da.

Pünktlich zu den Titelkämpf­en in Seefeld jedoch war der fünfmalige Gesamtwelt­cup-Sieger wieder in Topform. Auch schon beim Springen. Nach einem Versuch auf 130,5 Meter an Innsbrucks Bergisel führte der 1,74 Meter große Athlet mit umgerechne­t fünf Sekunden Vorsprung vor dem Österreich­er Mario Seidl. Zehn Sekunden Rückstand hatten der Norweger Jan Schmid und Franz-Josef Rehrl (Österreich). Und dieses Quartett blieb in der Loipe zusammen. Bis Frenzel etwa 500 Meter vor dem Ziel Ernst machte. Weder Schmid (4,3 Sekunden Rückstand) noch Rehrl konnten dem energische­n Antritt etwas entgegense­tzen.

Dabei haben es seine Konkurrent­en Frenzel von Anfang an nicht einfach gemacht. Sie bauten drauf, dass er die Führungsar­beit leisten würde. Was er auch tat. „Eric ist am meisten vorne weggelaufe­n, er hat am meisten investiert“, sagte Bundestrai­ner Hermann Weinbuch. Denn auf der einen Seite musste er das Tempo hochhalten, damit die Verfolger um WeltcupGew­inner Jarl Magnus Riiber (Norwegen), Teamkolleg­e Fabian Riessle und die beiden Watabe-Brüder nicht näher kamen. Auf der anderen Seite durfte er nicht zu viel investiere­n, um am Ende noch genügend Kraft zu haben. „Die anderen haben von ihm profitiert“, befand Weinbuch. Und dann kam das definitive Lob: „Eric war heute der richtige Champion.“Mehr geht nicht.

Eric Frenzel und Seefeld – das ist eine ganz besondere Beziehung. 13 Weltcup-Rennen hat der Sachse in der Gemeinde in Tirol schon gewonnen. Die vier ersten Ausgaben des Seefeld-Triple beendete er als Sieger. „Jeder sagt: ,Wenn du nach Seefeld kommst, dann ist das eine gemähte Wiese für dich.‘“Doch das Rennen sei, auch wenn es leicht aussah, sehr hart gewesen. Was mit dem WM-Titel belohnt wurde. Damit hat Frenzel nicht nur wieder mit seinem internen Konkurrent­en Johannes Rydzek, der am Freitag Neunter wurde, gleichgezo­gen. Mit diesem Triumph steht er in einer Reihe mit Bundestrai­ner Weinbuch, der 1985 ebenfalls in Seefeld Weltmeiste­r geworden war.

Obwohl Eric Frenzel auf der Schanze und in der Loipe Höchstleis­tungen vollbracht hat, brachte er noch einen anderen Leistungst­räger ins Spiel: seine Familie – die drei Kinder, vor allem seine Frau Laura. Sie habe ihm zu Hause den Rücken freigehalt­en und gestärkt: „Einen großen Teil der Medaille habe ich ihr zu verdanken.“

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FOTO: IMAGO Der Siegerkuss, ein Hochgenuss: Eric Frenzel nach ...
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FOTO: DPA ... unerwartet erfolgreic­h getaner Kombinatio­nsarbeit.

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