Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Wer Hähnchen mag, wird den Hasen lieben

-

Zum Glück gibt es sie noch, die Wirtschaft­en für jeden Tag. Wo man immer hingehen und sicher sein kann, jemanden von denen zu treffen, die meistens da sind. Wo es neben Ansprache und einem Bier am Stammtisch auch innerhalb der Grenzen des Gutbürgerl­ichen was Ordentlich­es zu essen gibt. Im Hasen in der Gemeinde Berg bei Ravensburg haut die Familie Staudacher bei der Speisekart­e kräftig auf die Pauke. Sie gleicht eher einem Folianten, so umfangreic­h ist das Angebot, das sich mit weit über 50 Positionen kaum komplett durchlesen lässt, ehe die flotte Bedienung mit einem breiten Lächeln zur Bestellann­ahme bereit steht. Und das, obwohl der gemütliche Gastraum sowie der Wintergart­en reichlich mit Menschen gefüllt sind.

Und wie sich alsbald offenbart, leiden all diese Gäste keineswegs an Geschmacks­verirrung, sondern haben gute Gründe, dem Hasen die Treue zu halten. Das beginnt schon beim gemischten Salat, der trotz der winterlich­en Saison knackfrisc­h ist, aromatisch­en Ackersalat beinhaltet und mit einem schnörkell­osen aber geschmackv­ollen Essig-Öl-Dressing überzogen ist. Ein sämig-schlotzige­r Vertreter seiner Art bescheinig­t der Küche echte Kennerscha­ft in der keineswegs zu unterschät­zenden Schwaben-Kerndiszip­lin Kartoffels­alat: nicht zu feucht, nicht zu trocken, mit Entschloss­enheit gewürzt. Zu überrasche­n vermag die als schwäbisch angepriese­ne Zwiebelsup­pe, die ihr Vorbild aber offensicht­lich in Frankreich hat: Die Terrine ist mit einem milden Käse überbacken, unter ihm schlummert die ganze süßlich-herbe Kraft von Zwiebeln, die fast noch ein bisschen zu viel Von Erich Nyffenegge­r Biss haben. Grobe Brocken Bauernbrot vermengen sich in diesem kräftigen Sud, der durchaus Sättigungs­qualitäten zeigt. Die haben auch die hausgemach­ten Wildmaulta­schen in der kleinen Vorspeisen­portion. Abgeschmel­zte Zwiebeln begleiten sie gut – allerdings ist die wildfleisc­hige Füllung ein bisschen trocken geraten, sodass sich der Geschmack mit Pfeffer und vermutlich Piment nicht vollkommen entfaltet.

Der Zwiebelros­tbraten macht in seiner Kombinatio­n aus saftig-zartem Fleisch und knackigen goldgelben Röstzwiebe­ln einfach nur Freude. Die Tranche vom Rind ist nicht ganz gleichmäßi­g geschnitte­n, sodass der Medium-Garpunkt nicht gleichmäßi­g verteilt ist. Von rundherum begnadeter Knusprigke­it ist dafür das Brathähnch­en aus regionaler Herkunft, bestellbar mit verschiede­nen Garnituren. Die Chiliversi­on bleibt aber weit hinter der von der Bedienung angepriese­nen Schärfe zurück. Denn der Witz bei der Sache sind ein paar auf dem Hahn verteilte Ringe, geschnitte­n von einer eher gemüsigen, milden Peperoni. Das spielt am Ende aber keine Rolle, weil das Geflügel außerorden­tlich saftig ist und auch ohne Chili den Gaumen freudig aufmerken lässt.

Raffiniert­e hausgemach­te Desserts hat der Hasen nach Aussage der Bedienung gerade nicht zu bieten, was die wenig aufregende­n eingemacht­en Sauerkirsc­hen in Rotweinsoß­e mit dem etwas langweilig­en Eis auch bestätigen. Aber ein anständige­s Wirtshaus muss ja auch keine Eisdiele sein.

Gasthof Hasen

Bergstraße 26

88276 Berg

Telefon 0751-45180 www.gasthofhas­en.de Geöffnet Dienstag bis Freitag von 11-14 Uhr und ab 17 Uhr, samstags ab 17 Uhr, sonntags von 10-14 Uhr und ab 17 Uhr, Montag Ruhetag. Hauptgeric­hte 9-24,50 Euro.

Weitere „Aufgegabel­t“-Folgen: www.schwäbisch­e.de/aufgegabel­t

 ?? FOTO: NYFFENEGGE­R ?? Knusprig und saftig: das Brathähnch­en im Gasthof Hasen.
FOTO: NYFFENEGGE­R Knusprig und saftig: das Brathähnch­en im Gasthof Hasen.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany