Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Englisches Frühstück in Scharm el Scheich
Ergebnisse der Werkstattgespräche sollen umgesetzt werden – „Humanität und Härte“in der Flüchtlingspolitik
Syrien und der Irak standen beim Gipfel von EU und Arabischer Liga in Scharm el Scheich im Fokus. Doch Europa diskutierte in Ägypten auch untereinander – über den Brexit. Premierministerin Theresa May (Foto: dpa/links) traf sich zum Frühstück mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und später mit Donald Tusk. Danach nannte der EU-Ratschef eine Verschiebung des Brexit eine „vernünftige Lösung“.
BERLIN – Die CDU will den Grenzschutz in Europa verbessern und stützt deshalb Ein- und Ausreiseregister nach amerikanischem Vorbild. Das ist eines der Ergebnisse der Werkstattgespräche vor zwei Wochen. In einer ersten Aufarbeitung ging es jetzt in der Vorstandssitzung der CDU um jene Ergebnisse, die Europa betreffen. CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak sagte, dass Migration eine wichtige Rolle bei der Europawahl spielt. Es sei ein Thema, mit dem sich die Menschen beschäftigen. „Humanität und Härte“, wie es im Arbeitspapier heißt, will die CDU gleichermaßen walten lassen. Eine Art Migrationsmonitoring soll frühzeitig auf Migrationsbewegungen und neue Brennpunkte hinweisen. Damit sich eine Flüchtlingsbewegung wie 2015 nicht wiederholt.
Angela Merkel, die 2015 für den liberalen Kurs gegenüber Flüchtlingen stand, nahm an der CDU-Vorstandssitzung nicht teil, weil sie in Scharm el Scheich beim Treffen der Arabischen Liga mit der EU war. Fragen, wie weit der Kurs der Partei und der Kurs der Kanzlerin auseinandergehen, will der CDU-Generalsekretär nicht beantworten. Die jetzt angestrebte Politik entspreche den Lehren, die man aus dem Jahr 2015 gezogen habe, heißt es. Zur Begrenzung der Migration soll es eine intelligente Grenzüberwachung bis hin zu Zurückweisungen geben.
Die CDU spricht sich dafür aus, dass Asylsuchende nur noch ein Asylverfahren durchlaufen können. Die EU-Grenzschutzagentur Frontex soll eine richtige Grenzpolizei werden. Es sollen Transitzentren an den Rändern des Schengen-Raums geschaffen werden, von wo aus Flüchtlinge gemeinsam ein- oder ausreisen. Außerdem will die CDU die Voraussetzungen für eine Abschiebehaft lockern und mehr Abschiebehaft-Plätze schaffen.
Diskutiert wurde auch die aktuelle Frage der Rücknahme von ISKämpfern aus Gefangenenlagern an der syrischen Grenze. Rund ein Drittel der inhaftierten IS-Kämpfer soll eine doppelte Staatsangehörigkeit besitzen. Die CDU will diesen Personen die deutsche Staatsangehörigkeit schnell entziehen. Paul Ziemiak ermahnte Justizministerin Katarina Barley (SPD), jetzt die Grundlage dafür zu schaffen. Ein entsprechender Gesetzentwurf aus dem Innenministerium liege seit Monaten vor.
Wohlwollen von der CSU
Für nicht realisierbar hält die CDU allerdings Forderungen, deutschen IS-Kämpfern die Staatsangehörigkeit zu entziehen und sie nicht zurückzunehmen. Wer Deutscher ist, habe das Recht zurückzukommen, so Ziemiak.
CSU-Chef Markus Söder begrüßte in München den CDU-Kurs. Das sei auch die Linie der CSU und damit schlössen sich alte Diskussionen und es könne eine neue Stärke entstehen, sagt er. CDU und CSU wollen das Europawahlprogramm am 25. März beschließen.
Auch über die neuen Streitigkeiten um Viktor Orbáns Fidesz-Partei hat die CDU-Spitze geredet. Orbán hatte in Wahlplakaten EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker angegegriffen, der daraufhin den Ausschluss der Fidesz-Partei aus der EVP forderte, dem gemeinsamen Bündnis der konservativ-christlichen Parteien in Europa. „Orbáns Positionen entsprechen nicht unseren Positionen und auch nicht denen der EVP“, sagte Paul Ziemiak. Er erwarte ein „klares Bekenntnis zu unseren Werten in der EVP“und zu europäischen Werten.
Eine Ausschlussforderung stellte die CDU jedoch nicht. Hinter den Kulissen hieß es, dass ein deutsches Drängen auf Ausschluss der EVP nur Wasser auf die Mühlen von Fidesz lenken würde.