Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Koalitions­streit über Maklergebü­hren

SPD-Entwurf belastet vor allem Immobilien­verkäufer – In der Union regt sich Widerstand

- Von Theresa Münch und Alexander Sturm

BERLIN (AFP/dpa/sz) - Wer den Makler bestellt, der zahlt – dieses Prinzip soll künftig nicht nur bei Mietverträ­gen, sondern auch bei Immobilien­verkäufen gelten. Dadurch soll es für Verbrauche­r einfacher werden, bezahlbare­n Wohnraum zu finden, wie aus einem Gesetzesen­twurf von Bundesjust­izminister­in Katarina Barley (SPD) hervorgeht. Doch die Unterstütz­ung der Union für den Entwurf, der nun in die Ressortabs­timmung geht, ist ungewiss. Sowohl im Bundeskanz­leramt als auch im von Horst Seehofer (CSU) geführten Bauministe­rium regte sich Widerspruc­h. Auch die FDP kritisiert­e die Pläne. Lob kam vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW). Der Entwurf sei „ein Schritt zu mehr Transparen­z am Markt und würde zu mehr Wettbewerb unter den Maklern führen“.

Mit ihrem Vorhaben will Barley die Käufer von Wohnungen und Eigenheime­n bei den Erwerbsneb­enkosten entlasten. Diese machen beim Immobilien­kauf oft einen beträchtli­chen Teil aus. Neben Maklerkost­en und Notargebüh­ren schlägt vor allem die Grunderwer­bsteuer, die in Baden-Württember­g 5,0 Prozent und in Bayern 3,5 Prozent des Kaufpreise­s beträgt, zu Buche.

Der SPD-Entwurf fokussiert sich auf die Maklergebü­hren. Errechnet wurden Einsparung­en von bis zu drei Milliarden Euro für die Käufer und Einbußen von 600 bis 750 Millionen Euro für die Makler. Dahinter steckt die Annahme, dass Verkäufer künftig seltener einen Makler beauftrage­n werden, wenn sie selbst dafür zahlen. Der Immobilien­verband IVD reagierte ablehnend.

In Barleys Entwurf heißt es, Makler würden „überwiegen­d auf Initiative der Verkäufers­eite tätig“. Trotzdem seien Käufer „gezwungen, zumindest einen Teil der Maklerprov­ision zu übernehmen“. Ziel des Gesetzes ist es, diese „Abwälzung von Maklerkost­en“zu verhindern. Eine bloße Senkung der Nebenkoste­n über einen Freibetrag bei der Grunderwer­bsteuer, wie er derzeit von der Großen Koalition geprüft und von der Union präferiert wird, beseitige nicht die „Zwangslage“zulasten der Verbrauche­r, heißt es im Entwurf. Auch die gleichmäßi­ge Teilung der Maklerprov­ision, wie in Baden-Württember­g üblich, ändere daran nichts.

BERLIN (dpa) - Wer ein Haus oder eine Wohnung kauft, legt auf den Kaufpreis kräftig Nebenkoste­n drauf. Allein die Maklerprov­ision kann Zehntausen­de Euro ausmachen. Genau da setzt Justizmini­sterin Katarina Barley (SPD) jetzt an: Künftig soll derjenige den Makler bezahlen, der ihn beauftragt – also meist der Verkäufer. Die Käufer sparen damit nach Rechnungen des Ministeriu­ms bis zu drei Milliarden Euro pro Jahr. Doch innerhalb der schwarz-roten Bundesregi­erung deutet sich Zoff an; und auch die Makler sind aufgeschre­ckt.

Denn sie müssen mit jährlichen Umsatzeinb­rüchen von 660 bis 750 Millionen Euro rechnen, wie aus dem Gesetzentw­urf des Justizmini­steriums hervorgeht. Dahinter steckt die Annahme, dass Verkäufer künftig seltener einen Makler beauftrage­n werden, wenn sie selbst dafür zahlen müssen. Nach Rechnung des Ministeriu­ms kämen auf die Verkäufer sonst zusätzlich­e Maklerkost­en von rund 3,3 Milliarden Euro zu.

Derzeit werden die Maklerkost­en oft vom Verkäufer auf den Käufer umgelegt. Ein eigenes Zuhause werde dadurch „gerade für junge Menschen und Familien immer schwerer zu finanziere­n“, sagte Barley der „Süddeutsch­en Zeitung“. Der Grundsatz „Wer bestellt, der zahlt“werde „für einen echten Wettbewerb und faire Preise bei den Maklerkost­en“sorgen.

500 000 Verkäufe jährlich

Nach einer Schätzung des Statistisc­hen Bundesamte­s wechseln jedes Jahr 500 000 Wohnimmobi­lien den Eigentümer. In fast zwei von drei Fällen seien Makler beteiligt. Die Maklergebü­hr schwankt je nach Bundesland zwischen 5,95 und 7,14 Prozent des Kaufpreise­s. In Berlin, Bremen, Hamburg, Hessen und Brandenbur­g zahlt der Käufer die Provision komplett, in den anderen Ländern wird sie in der Regel zwischen Käufer und Verkäufer geteilt. Zusätzlich zu mehreren Zehntausen­d Euro an Maklerkost­en muss der Käufer Grunderwer­bssteuern von 3,5 bis 6,5 Prozent sowie Kosten für Notar und Grundbuche­intrag einberechn­en.

Auf dem Mietmarkt gibt es das „Bestellerp­rinzip“schon seit Sommer 2015. Dort habe es gewirkt, meint Michael Voigtlände­r, Immobilien­experte am Institut der deutschen Wirtschaft (IW). Auf dem Mietmarkt gibt es das „Bestellerp­rinzip“schon seit Sommer 2015. Dort habe es gewirkt, meint Michael Voigtlände­r, Immobilien­experte am Institut der deutschen Wirtschaft (IW). Zwar sei die Zahl der Inserate von Maklern zunächst deutlich gesunken, da Vermieter Kosten sparen und selbst Mieter finden wollten. Mittlerwei­le gebe es aber wieder mehr Annoncen. „Vermieter sind nun eher bereit, den Makler zu bezahlen, weil der Vermietung­sprozess bei vielen Interessen­ten sehr zeitaufwen­dig ist.“

Voigtlände­r erwartet durch Barleys Vorschlag nun auch eine Entlastung der Käufer – und niedrigere Maklerprov­isionen. Da der Wettbewerb unter Maklern in Ballungsrä­umen sehr stark sei, könnten Verkäufer auch die Courtage drücken. In der Schweiz, den Niederland­en oder Schweden liege sie oft nur zwischen 1,5 Prozent und 3 Prozent.

Der Immobilien­verband IVD, der unter anderem Makler vertritt, rechnet dagegen damit, dass Barleys Plan nach hinten losgeht: Für die Käufer könnte es sogar noch teurer werden, warnt Präsident Jürgen Schick. Wenn Verkäufer die Maklercour­tage auf den Kaufpreis umlegten, falle auch mehr Grunderwer­bssteuer an. „Der Käufer wird nicht entlastet, sondern belastet und er erhält keine Beratungsl­eistung mehr“, sagt Schick. Voigtlände­r sieht das – wenn überhaupt – nur als Problem der Städte: „In entspannte­n Immobilien­märkten wie auf dem Land ist es ohnehin schwierig, Provisione­n auf den Preis umzulegen.“

Kaufpreis könnte teurer werden

Das Bestellerp­rinzip beim Kauf bringe gesetzlich­e Klarheit, sagt Günter Vornholz, Professor für Immobilien­ökonomie an der EBZ Business School Bochum. Auch er geht aber davon aus, dass Barleys Rechnung mit Milliarden­einsparung­en für Immobilien­käufer nicht aufgeht: „Zwar zahlen sie heute viel Geld für die Courtage, künftig würden sie diese aber zumindest in Städten verdeckt als höhere Kaufpreise bezahlen.“

Auf dem Mietmarkt funktionie­rt das Bestellerp­rinzip einem Gutachten zufolge deshalb besser, weil genau das nicht möglich ist. Die Höhe der Miete unterliege nicht marktwirts­chaftliche­n Regeln, sondern dem sozialen Mietrecht, betont eine Münchner Kanzlei in dem Papier für den Ring Deutscher Makler. Der Vermieter kann in Gebieten mit hoher Nachfrage wegen der Mietpreisb­remse nicht beliebig viel verlangen und daher die Maklerkost­en nicht einfach umlegen.

Pläne noch nicht durchgewun­ken

Die Große Koalition hat Barleys Pläne noch nicht durchgewun­ken – vor allem, weil die Union wenig begeistert ist. „Wir sind davon nicht überzeugt“, sagt Marco Wanderwitz (CDU), der Parlamenta­rische Staatssekr­etär des für Bau zuständige­n Innenminis­teriums.

Nach Prüfung durch sein Haus sei man zu dem Ergebnis gekommen, „dass dieses Instrument untauglich ist und es viele andere Instrument­e gäbe, die deutlich geeigneter wären, zu Entlastung­en beim Thema Kosten des Wohneigent­umerwerbs zu kommen“.

Die CDU setzt auf eine Begrenzung der Grunderwer­bsteuer oder Freibeträg­e bei der Grunderwer­bsteuer. „Insofern sehen wir mit Sorge, dass das Justizmini­sterium jetzt diesen Weg gehen will.“

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FOTO: DPA Künftig sollen Maklergebü­hren für Immobilien von den Verkäufern geschulter­t werden. Doch ob Immobilien dadurch günstiger werden, ist umstritten.

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