Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Mit Enrique Iglesias in die Pokalnacht

Warum der Volleyball-Pokalsiege­r hoffen sollte, dass der spanische Sänger nie die Feiervideo­s sieht

- Von Theresa Gnann Von Michael Panzram

MANNHEIM - Wer ein guter Volleyball­er ist, muss nicht unbedingt auch ein guter Sänger sein. Zu dieser Erkenntnis konnten Fans des

nach dem Volleyball-Pokalfinal­e kommen, wenn sie den VfB-Spielern oder dem Verein im sozialen Netzwerk Instagram folgen. Dort tauchte wenige Stunden nach dem Pokaltrium­ph der Friedrichs­hafener ein Video aus dem Mannschaft­sbus des VfB auf, das beweist: Die Spieler des VfB haben ihren Sieg gegen die SVG Lüneburg gebührend gefeiert. Nur sollte der Rekordmeis­ter vom Bodensee hoffen, dass Popsänger die Feiervideo­s niemals zu Gesicht bekommt. Inbrünstig, aber eher unmusikali­sch, würden ihm die Volleyball­er aus Friedrichs­hafen da nämlich Liedfetzen entgegensc­hmettern, die nur ganz entfernt mit seinem spanischen Megahit „Duele el Corazón“zu tun haben.

Friedrichs­hafen

Aber es ist ohnehin nicht davon auszugehen, dass die Häfler darauf achteten, was sie da singen. Denn dass sie unter Herzschmer­z litten, wie es der übersetzte Titel des Liedes vermuten lässt, war nach der Galavorste­llung am Sonntag nur schwer vorstellba­r. Da hatten die Friedrichs­hafener, bei denen Trainer Vital Heynen am Montag überrasche­nd seinen Rückzug zum Saisonende bekannt gab, eindrucksv­oll bewiesen, dass sie vielleicht nicht singen, dafür umso besser Volleyball spielen können. Mit einem 3:0-Sieg (25:23, 25:18, 25:16) zeigten sie dem Überraschu­ngsfinalis­ten aus Lüneburg die Grenzen auf. Dabei lohnt ein Blick auf die Statistik: 120 Angriffssp­rünge finden sich auf Lüneburger Seite, nur 93 bei den Häflern. Die „LüneHünen“sprangen öfter als ihre Gegner – und die Außenangre­ifer der Lüneburger,

und sogar sechs Zentimeter höher als VfBHochspr­inger

Trotzdem machte Letzterer mit seinem Team mehr Punkte. Effizienz lautet das Zauberwort, das den Männern vom Bodensee den dritten Titelgewin­n in Folge bescherte.

Kessel Enrique Iglesias Raymond Szeto, VfB Cody Athanasios Protopsalt­is.

Enttäuscht zeigte sich deshalb der Trainer der unterlegen­en Lüneburger: „Wir haben es versucht, mit dem, was wir an Möglichkei­ten haben. Das hat nicht so geklappt. Am Ende ist es natürlich traurig, weil ich weiß, dass zwei, drei meiner Jungs auf einem anderen Niveau spielen können, als sie es getan haben. Aber gegen so einen Gegner ist das nicht so einfach“, sagte und zollte dem Gegner aus Friedrichs­hafen Respekt: „Die haben geduldig weitergesp­ielt, auch wenn sie mal zurücklage­n. Das

NLüneburgs Trainer Stefan Hübner lobt den Pokalsiege­r VfB Friedrichs­hafen ach einem alles in allem desolaten DEL2-Wochenende für die wusste Trainer in Weißwasser nicht so recht, wo er hin sollte. Da stand er am Sonntagabe­nd nun bei der Pressekonf­erenz, hatte ein launiges Statement abgegeben zur mehr als enttäusche­nden Leistung seiner Mannschaft, es war eigentlich alles gesagt – aber die Einschätzu­ng seines Lausitzer Trainerkol­legen musste er schließlic­h noch abwarten. Chernomaz’ Blick schweifte umher, womöglich irgendeine­n Anhaltspun­kt suchend, vielleicht auch Antworten auf dieses absolut verdiente 0:4, das er mit seiner Mannschaft gerade erlebt hatte – und plötzlich blieb sein Blick an einer kleinen Flaschensa­mmlung vor ihm auf dem Tisch hängen. Kurzentsch­lossen nahm sich Chernomaz ein Bier, öffnete es, schenkte sich ein und nahm einen großen Schluck. Wie sang schon Herbert Grönemeyer?

„Alkohol ist dein Sanitäter in der Not. Alkohol ist dein Fallschirm und dein Rettungsbo­ot. Alkohol ist das Drahtseil, auf dem du stehst. Alkohol, Alkohol.“Vielleicht hat sich Chernomaz so etwas gedacht, als er das Null-Punkte-Wochenende hinuntersp­ülte. Allerdings wohl wissend, dass es damit nicht getan war und die dringend notwendige Aufarbeitu­ng noch ausstand.

Stefan Hübner

Denn aufgearbei­tet werden müssen die beiden Niederlage­n gegen die (3:4 am Freitag) und dringend.

Tölzer Löwen Lausitzer Füchsen

bei den

Ravensburg Towerstars Rich Chernomaz Corey Neilson

ist es, was Friedrichs­hafen immer macht. Und dann konnten sie sogar noch zulegen.“

Tatsächlic­h war es Friedrichs­hafen vor allem in den Sätzen zwei und drei gelungen, seine ganze Klasse auszuspiel­en. Vielleicht trugen dazu auch die vielen mitgereist­en Fans ihren Teil bei. Denn: Hätte sich das Pokalfinal­e nach der Präsenz der Fans entschiede­n, wäre die Partie wohl ebenso deutlich ausgegange­n. Rund 250 Fans aus Friedrichs­hafen waren mit Bussen nach Da ist der Puck schon wieder drin: Hinter Ravensburg­s Goalie Jonas Langmann hat es in Weißwasser erneut eingeschla­gen. Auch Verteidige­r Sören Sturm (rechts) kann daran nichts ändern.

Vor allem vor dem Hintergrun­d des großartige­n 3:1 nur wenige Tage zuvor gegen die

– den Tabellenfü­hrer. Da hatten Einstellun­g und Einsatz absolut gestimmt. Alle hatten sich richtig reingehäng­t und waren dafür belohnt worden. Gegen limitierte Tölzer war davon nicht mehr viel zu sehen. Und in Weißwasser wurde es keineswegs besser.

Löwen Frankfurt

Besonders schwach gerieten die Powerplays­ituationen. Die Specialtea­ms funktionie­rten überhaupt nicht. Dreimal gerieten die Towerstars gegen Tölz in Unterzahl, dreimal schlug es hinter dem bedauernsw­erten Goalie ein. Nicht viel besser lief es in Weißwasser. Da waren es immerhin zwei Gegentore in Unterzahl. Demgegenüb­er standen harmlose Ravensburg­er Überzahlsi­tuationen: vier waren

Jonas Langmann

Mannheim gereist. Zu einer eindrucksv­ollen azurblauen Fankurve verhalf den Häfler Fans aber die Fanallianz mit den Anhängern des

Denn schon seit einiger Zeit werden die beiden Finalspiel­e des Pokalwettb­ewerbs nacheinand­er in derselben Halle ausgetrage­n. Und so feuerten – farblich perfekt aufeinande­r abgestimmt – die Stuttgarte­r zunächst den VfB Friedrichs­hafen mit an, bevor die Fans vom Bodensee die Frauen des Allianz MTV Stuttgart lautstark in deren Partie gegen den SSC Schwerin unterstütz­en. Dann allerdings mit weniger Erfolg: Die Schweriner­innen schlugen Stuttgart mit 3:0 (25:21, 25:21, 25:20) und glichen damit an

MTV Stuttgart.

es gegen Tölz, fünf in Weißwasser. Tore insgesamt: 0. „Die Powerplays haben den Unterschie­d gemacht“, analysiert­e Chernomaz in Weißwasser folgericht­ig. Ähnlich hatte er schon am Freitag nach der Niederlage gegen Tölz argumentie­rt.

Richtig alarmieren­d klangen aber andere Sätze aus Chernomaz’ Mund. Er vermisste „Herz, Leidenscha­ft und Hunger“bei seiner Mannschaft – und das auf der Zielgerade­n der Hauptrunde. Außerdem machte er sich Sorgen über die Verfassung – gemeint war wohl die körperlich­e – seiner Spieler, die besser sein müsse, wenn die Play-offs beginnen. Lange Zeit bis dahin hat er nicht mehr. Denn es stehen nur noch zwei Spiele aus: am Freitag gegen die und am Sonntag beim

Notwendig sein, um mindestens Platz Vier zu halten,

Huskies Kaufbeuren. Kassel ESV

diesem Finalsonnt­ag die Nord-SüdBilanz wieder aus.

Die Spieler des VfB Friedrichs­hafen ließen sich von der Niederlage der befreundet­en Stuttgarte­rinnen die Laune jedoch offensicht­lich nicht verderben. Sie feierten ausgelasse­n den 16. Pokalsieg der Vereinsges­chichte. Und vielleicht lösten die neuen und alten Pokalsiege­r sogar das Verspreche­n aus Enrique Iglesias’ Lied ein und tanzten bis zehn Uhr („bailamos hasta las diez“), bis ihnen die Füße wehtaten („hasta que duelan los pies“). Videoaufna­hmen davon sind aber – bisher – nicht an die Öffentlich­keit gelangt. Vielleicht ist das aber auch ganz gut so ...

„Die haben geduldig weitergesp­ielt.“

werden drei Punkte. Das sollte angesichts des viel besseren Torverhält­nisses gegenüber dem aktuell Fünftplatz­ierten reichen. Dann wäre das Heimrecht im Play-off-Viertelfin­ale gebucht. Mehr aber auch nicht.

Und dann? Braucht es alle Spieler in bester Verfassung, mental und körperlich. Führungssp­ieler wie Kapitän und

die beide noch von gerade erst überstande­nen Krankheite­n geschwächt wirken, wie

der nach langer Verletzung noch weit von seinem eigentlich­en Leistungsp­otenzial entfernt scheint, wie

dessen Schlittsch­uhkünste schmerzlic­h vermisst wurden gegen Tölz und in Weißwasser. Und wenn nicht? Dann können sich die Towerstars wieder auf eine lange Sommerpaus­e einstellen.

Vincenz Mayer Driendl, EC Bad Nauheim Robbie Czarnik, Andreas Jakub Svoboda,

 ?? FOTO: GÜNTER KRAM ?? Die Volleyball­er des VfB Friedrichs­hafen haben kräftig gefeiert nach dem Sieg im Pokalfinal­e in Mannheim gegen die SVG Lüneburg.
FOTO: GÜNTER KRAM Die Volleyball­er des VfB Friedrichs­hafen haben kräftig gefeiert nach dem Sieg im Pokalfinal­e in Mannheim gegen die SVG Lüneburg.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany