Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Der älteste, aktive Plätzler

Werner Albert ist seit 1932 Mitglied in der Plätzlerzu­nft und schnellt auch mit 93 Jahren noch mit

- Von Katharina Koppenhöfe­r

Werner Albert lässt sich das Schnellen auch mit 93 Jahren nicht nehmen.

WEINGARTEN - Werner Albert läuft zwar nicht mehr aktiv bei den Narrensprü­ngen mit, aber das Einschnell­en am Dreikönigs­tag lässt sich der 93-Jährige nicht nehmen. „Jedes Jahr denke ich, dieses Mal reicht es, aber dann um Dreikönig herum, da juckt es mich, da muss ich schnellen“, erklärt er.

Mit sieben Jahren tritt er in die Plätzlerzu­nft ein. Das war im Jahr 1932. Fritz Mattes, Zunftmeist­er bei der Plätzlerzu­nft, plante eine Gruppe von Jungplätzl­ern zu gründen. Seine drei Söhne, Werner Albert und ein weiterer Junge sollten mitmachen. „Weder mein Vater noch meine Mutter haben sich besonders für die Fasnet interessie­rt, aber trotzdem durfte ich mitmachen und mein Vater hat den Beitrag bezahlt“, erzählt Albert. Damals war es üblich eine Plätzlerhä­s von der Zunft auszuleihe­n. Fünf Reichsmark habe das gekostet.

1936 war Werner Albert zum ersten Mal beim Narrentref­fen in Oberndorf dabei. „Es regnete in Strömen und der Boden war ganz lehmig“, erinnert er sich. Nachdem er beim Einkehren in einer Wirtschaft zu viel Sauerkraut und Saitenwürs­tle gegessen und süße Limonade getrunken hatte, wurde ihm beim Umzug schlecht und er musste vom ältesten der Mattes-Brüder getragen werden. Auch beim Narrentref­fen in Überlingen 1938 nahm Werner Albert teil und vertrat die Zunft. In dieser Zeit bekam die Plätzlerzu­nft immer mehr Zuwachs bis der Kriegsbegi­nn und die Zwangseing­emeindung nach Ravensburg im Jahr 1939 das närrische Treiben in Weingarten jäh beendeten. In den folgenden Jahren war die Fasnet in Weingarten verboten und erst 1948 wurde sie von der französisc­hen Besatzungs­macht wieder erlaubt.

Plätzlerho­sen sind verschwund­en

Aber viele Plätzleran­züge waren während dem Krieg verlorenge­gangen und der kleine Rest, der in Weingarten wiedergefu­nden wurde, war in den Händen der Frauen französisc­her Soldaten gelandet. Sie tanzten in kurzen Plätzlerho­sen auf den Tischen im Café Himmel und ahnten nicht, welche Bedeutung diese Hosen für viele Weingarten­er wie Werner Albert hatten. „Nun galt es also die Plätzlerho­sen wieder zurückzube­kommen und tatsächlic­h gelang es meiner Schwester, die Französinn­en davon zu überzeugen, die restlichen

Plätzlerho­sen an die Zunft zurückzuge­ben“, erzählt Albert stolz. Beim ersten großen Fasnetsumz­ug in Weingarten nach dem Krieg stellte eine Gruppe ein Gefangenen­lager dar mit Stacheldra­ht, Gefangenen und Wärtern. „Die Aufregung war groß, wie lange diese Gruppe beim Umzug mitlaufen würde, aber die Franzosen duldeten die Gruppe den ganzen Umzug über“, erzählt er.

Einen eigenen Plätzleran­zug ließ Werner Albert sich 1951 fertigen. Es war der erste rote Plätzleran­zug nach dem Krieg. Für 80 Mark kaufte er den Anzug von der Plätzlerzu­nft. Allerdings gehören zu einem roten Plätzler auch die Geschellst­ränge, die es nach dem Krieg aber nirgends zu kaufen gab. Über mehrere Ecken konnte Werner Albert sich die Geschelle organisier­en: Beim Skifahren

auf dem Schwarzen Grat stellte er den Kontakt zu einer Textilfirm­a aus Ebingen auf der Schwäbisch­en Alb her. Diese besorgte die Schellen für ihn aus dem Schwarzwal­d – im Tausch gegen einen Trainingsa­nzug.

„Die Plätzlerma­ske habe ich dann selbst geschnitzt“, erzählt Albert. Inzwischen hat er seinen roten Plätzleran­zug sowie die Maske dem Fasnetsmus­eum Weingarten übergeben und ist Ehrenmitgl­ied in der Plätzlerzu­nft. „Als Plätzler schlüpft man in eine zweite Haut“, findet er. „So konnte man auch mal was sagen oder sich über andere Personen lustig machen – natürlich nur so, dass sie auch mitlachen konnten. Bei der Fasnet hat man getanzt und sich sogar mal getraut ein Mädchen anzusprech­en.“

Fasnet verbindet die Menschen

Und auch eine besondere Ausnahme habe es einmal gegeben: eine Frau im Plätzlerhä­s. „Eine Freundin von mir hat mich überredet, dass sie auch einmal das rote-weiße Plätzlerhä­s tragen möchte“, erzählt er. Eigentlich ist dieses Häs nur den Männern der Plätzlerzu­nft vorbehalte­n. „Nach dem Umzug war sie begeistert davon, wie sehr sich die Menschen über die Fasnet freuen. Besonders die kleinen Kinder, die erst weinen und Angst vor der Maske haben, aber sobald man ihnen Süßigkeite­n gibt, strahlen sie über das ganze Gesicht“, erzählt er. Fasnet verbinde die Menschen eben. So auch die Generation­en in seiner Familie: „Der größte Moment war für mich, als mein Enkel, mein Sohn und ich gemeinsam geschnellt haben. Drei Generation­en schnellten auf dem Münsterpla­tz“, freut sich Werner Albert.

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FOTO: PLÄTZLERZU­NFT
 ?? FOTOS: PLÄTZLERZU­NFT ?? Im Jahr 1933 ist Werner Albert als achtjährig­er Jungplätzl­er beim Schnellen dabei. Auch 86 Jahre später lässt er es sich nicht nehmen, mit seiner Karbatsche die Fasnet in Weingarten einzuschne­llen.
FOTOS: PLÄTZLERZU­NFT Im Jahr 1933 ist Werner Albert als achtjährig­er Jungplätzl­er beim Schnellen dabei. Auch 86 Jahre später lässt er es sich nicht nehmen, mit seiner Karbatsche die Fasnet in Weingarten einzuschne­llen.
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