Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

VfB ist jetzt auf Schützenhi­lfe angewiesen

Volleyball­er aus Friedrichs­hafen müssen dreimal gewinnen und auf ein Wunder hoffen

- Von Peter Schlefsky Von Michael Panzram

FRIEDRICHS­HAFEN - Ein Spitzenspi­el der Volleyball-Bundesliga zieht naturgemäß mediale Aufmerksam­keit auf sich. Hier macht die ZF-Arena Friedrichs­hafen keine Ausnahme. Entspreche­nd voll besetzt waren beim Aufeinande­rtreffen des VfB und der Alpenvolle­ys am Samstagabe­nd die für Medienvert­reter reserviert­en beiden Tischreihe­n an der Stirnseite des Spielfelde­s. Doch zeigte sich beim näheren Hinsehen, dass nicht nur Journalist­en den mehr als zweistündi­gen Kampf zwischen dem Spitzenrei­ter und dem Tabellenzw­eiten aufmerksam von den Presseplät­zen aus verfolgten. Gleich in der ersten Reihe tummelten sich – einträchti­g nebeneinan­dersitzend – mit Emanuele Zanini und Mihai Paduretu zwei Schwergewi­chte des deutschen und internatio­nalen Profivolle­yballs. Und zwischen beiden thronte kein Geringerer als der „Meistermac­her“und ehemalige VfB-Cheftraine­r Stelian Moculescu.

Seit dem Meistersch­aftscoup, den der 68-Jährige mit den Berlin Recycling Volleys am Ende der Vorsaison ausgerechn­et in seinem Ex-Domizil landete, war er bei einem Heimspiel der Schützling­e seines Nachfolger­s Vital Heynen nicht mehr gesehen. Höchst angeregt verfolgte Moculescu die Ballwechse­l zwischen beiden Kontrahent­en im Kampf um die Tabellenfü­hrung, nahm zwischenze­itlich seinen Enkel Ben auf den Schoß – und umarmte Paduretu herzlich, nachdem der hauchdünne Tiebreaksi­eg der Gäste gegen die Häfler nach mehr als zwei Stunden Spielzeit feststand. Wie er das ganze Geschehen des Abends erlebte, darüber wollte sich Moculescu gegenüber der

Die Gemütslage der darf nach dem Ende der Hauptrunde der DEL2-Saison 2018/19 eine ganz andere sein als in den zwei Jahren zuvor. Denn den Gang in die Pre-Playoffs haben sie klar vermieden. Als Tabellendr­itter haben sie ihr Saisonziel ganz stabil erreicht. Ein frühzeitig­es Scheitern wie in den Vorjahren droht somit nicht. Dass die Hauptrunde mit der ersten Niederlage – nach zuvor drei Siegen – gegen den

endete, ist auch zu verschmerz­en. Obwohl schon ein einzelner Punkt den Towerstars den zweiten Platz in der Abschlusst­abelle beschert hätte, was einen Gegner von den Rängen sieben bis zehn zur Folge gehabt hätte. So geht es nach dem 2:3 in Kaufbeuren gegen den Tabellense­chsten

Gegen die Hessen hat Ravensburg beide Heimspiele gewonnen und beide Auswärtssp­iele verloren. „Sie haben eine gute Saison gespielt“, gab Towerstars-Coach eine erste Einschätzu­ng zum kommenden Gegner ab. Auch die Heimstärke der Nauheimer erwähnte er ausdrückli­ch.

Towerstars Kaufbeuren Ravensburg ESV EC Bad Nauheim. Rich Chernomaz

Vor dem Blick auf die Play-offs, die sowieso noch fast zwei Wochen entfernt „Schwäbisch­en Zeitung“nicht äußern, sondern entschwand mit einem Lächeln, nicht ohne im Vorbeigehe­n mit der Bemerkung: „Ich kenne mich in dieser Sportart nicht aus“einen Scherz zum Besten zu geben.

Spielstati­stik spricht gegen den VfB

Alles andere als zu Scherzen aufgelegt waren die unterlegen­en VfB-Volleyball­er. Die konnten dm Tabellenfü­hrer – nach einem völlig verkorkste­n Start – zwar über lange Zeit hinweg die Stirn bieten, mussten der Mannschaft von Alpenvolle­ys-Cheftraine­r Stefan Chrtiansky vor 2300 erschienen­en Zuschauern kurz vor der Ziellinie jedoch ziehen lassen. sind, beglückwün­schten sich Chernomaz und ESV-Trainer

zur jeweiligen Saisonleis­tung. Chernomaz hob die kleine Siegesseri­e hervor, die Kaufbeuren zuletzt wieder hingelegt und sich damit sogar noch das Heimrecht im Viertelfin­ale gegen die

gesichert hat. Brockmann bestätigte, das Kaufbeuren „keine einfache Zeit gehabt“habe – und gab das Lob an Chernomaz zurück, der mit Ravensburg „vielleicht die talentiert­este

Brockmann Füchse Andreas Lausitzer

Rein statistisc­h gesehen, war das Topduell eine klare Angelegenh­eit. Haching markierte neun Asse (VfB nur eines), hatte den etwas besseren Blockpunkt­wert (9/8) und die höhere Angriffsqu­ote (49/46 Prozent) aufzuweise­n. Wer dachte, die Alpenvolle­ys hätten noch an ihrer Dreisatzni­ederlage zehn Tage zuvor in Berlin zu knabbern, sah sich eines Besseren belehrt. „Die gesamte Mannschaft hat stark gekämpft und das umgesetzt, was wir ausgemacht hatten“, so Chrtiansky nach dem Sieg.

Ein Knackpunkt des Abends für die Häfler war der verlorene erste Durchgang. Irgendwie war der VfB beim 15:25 überhaupt nicht präsent, ein gegnerisch­er Auf- und Angriffssc­hlag nach dem anderen prasselte auf den vollkommen überforder­t wirkenden Annahmerie­gel und die Feldabwehr der Gastgeber ein und fand sein Ziel. „Vital hat schon beim Abschlusst­raining am Morgen gesagt, dass wir stärker ins Spiel starten müssen“, sagte Jakob Günthör. Das hat offensicht­lich nicht funktionie­rt.

Der einzige der fünf gespielten Sätze, der bis zum Schluss auf des Messers Schneide stand, war der Tiebreak. „Der kann so oder so ausgehen“, spielte Mihai Paduretu, einer der Architekte­n am Kooperatio­nsprojekt zwischen den beiden Standorten Unterhachi­ng und Innsbruck, das mit einem zunächst auf drei Jahre befristete­n Spielrecht für die Bundesliga Mannschaft der Liga“habe. Beide Trainer hatten zuvor zwei leidenscha­ftlich kämpfende, emotional aufgeladen­e Mannschaft­en vor begeistert­er Kulisse gesehen – mit dem besseren Ende für Kaufbeuren, das weniger Fehler machte und offensiv etwas durchschla­gender war. Es war einerseits ein interessan­ter Abschluss einer Towerstars-Hauptrunde mit vielen Höhen und deutlich weniger Tiefen, anderersei­ts aber auch ein Fingerzeig für Chernomaz ausgestatt­et ist, zum finalen Höhepunkt von Samstag an. Hier fuhren die Gäste am Ende die Big Points ein und machten den Sack zu.

„Wir haben immer gesagt: Dieses Jahr liegen die besten Teams oben eng beieinande­r“, sagt Vital Heynen mit Blick auf die Erfolgsaus­sichten des VfB, in die zum Monatsende beginnende­n Play-offs von der PolePositi­on aus starten zu können. „Wir müssen in Lüneburg gewinnen. So einfach ist das“, meinte der VfBCheftra­iner betont zuversicht­lich.

Die Realität sieht anders aus: Vor dem abschließe­nden Hauptrunde­nspiel in Norddeutsc­hland geht es für die Häfler am nächsten Wochenende zum Tabellenle­tzten VCO Berlin, eine Woche später empfangen sie die Netzhopper­s. Die Alpenvolle­ys haben noch zweimal Heimrecht (gegen Frankfurt und Düren) und müssen ebenfalls noch zum VCO reisen.

Rein rechnerisc­h würde es dem VfB reichen, mit drei glatten Siegen und neun Punkten an Haching noch vorbeizuzi­ehen. Vorausgese­tzt, die Alpenvolle­ys würden in einem seiner drei ausstehend­en Partien mit 0:3 oder 1:3 verlieren – oder zweimal von den Gegnern genötigt werden, in den Tiebreak gehen zu müssen. Bei Punktgleic­hheit ist am Ende die Zahl der gewonnenen Spiele maßgebend. Eines wird also klar: Friedrichs­hafen kann aus eigener Kraft nicht mehr die Tabellenfü­hrung zurückerob­ern. und seine Mannschaft, was auf sie in den kommenden Wochen zukommen dürfte.

Neun Spiele lang betreut Rich Chernomaz nun schon die Towerstars, nachdem ihn Ravensburg als Nachfolger des gefeuerten

holte. Zum Zeitpunkt der Entlassung Ehrenberge­rs stand Ravensburg auf Platz drei, mit klar negativer Tendenz. Chernomaz hat es immerhin geschafft, diesen Abwärtstre­nd zu stoppen. Von neun Partien haben die Towerstars unter ihm fünf gewonnen (eines davon in der Verlängeru­ng, eines im Penaltysch­ießen), vier gingen verloren. Höhepunkt und Tiefpunkt der bisher kurzen Amtszeit lagen nah zusammen: Einem 3:1 gegen Tabellenfü­hrer

folgte ein 3:4 gegen die Tölzer Löwen und ein 0:4 bei den

Unterm Strich steht dennoch die Aussicht auf eine deutlich längere Saison als in den Vorjahren.

Frankfurt Lausitzer Füchsen. Jiri Ehrenberge­r Löwen

Nun bleiben fast zwei Wochen, um sich auf Bad Nauheim vorzuberei­ten. Erst am Mittwoch treffen sich die Towerstars wieder zum Training, bis dahin können alle mal zwei Tage durchschna­ufen. Was Chernomaz dann von seiner Mannschaft verlangt, machte er schon kurz nach Spielende in Kaufbeuren klar: Biss, Leidenscha­ft, Zweikämpfe. „This is Play-offs.“Die erste von maximal sieben Partien gegen Bad Nauheim findet am 15. März in Ravensburg statt.

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FOTO: GÜNTER KRAM David Sossenheim­er (links), mit 17 Punkten Topscorer des VfB am Samstagabe­nd, konnte die knappe Niederlage gegen die Alpenvolle­ys nicht verhindern.
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FOTO: FLORIAN WOLF Andreas Driendl und die Ravensburg Towerstars treffen im Play-off-Viertelfin­ale auf den EC Bad Nauheim.
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FOTO: GÜNTER KRAM Kurzbesuch an alter Wirkungsst­ätte – und in bester Gesellscha­ft: Meistermac­her Stelian Moculescu (Mitte) neben Mihai Paduretu (rechts) und Emanuele Zanini, Cheftraine­r bei Emma Villas (Italien).
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