Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

„Ohne ausreichen­de Bewegung verlieren alle Organsyste­me an Funktion“

Interview mit dem Waldseer Arzt Werner Bader über Fastenzeit, gesunde Ernährung und körperlich­e Bewegung

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BAD WALDSEE - Auf die Fasnet folgt nun die Fastenzeit, die Körper und Seele reinigen hilft. Wer das Frühjahr zudem für reichlich Bewegung an der frischen Luft und eine ausgewogen­e Ernährung nutzt, der tut seiner Gesundheit viel Gutes. Für die „Schwäbisch­e Zeitung“sprach Sabine Ziegler darüber mit Werner Bader, Facharzt für Innere Medizin, Rheumatolo­gie und Sportmediz­in in Bad Waldsee.

Der Winter ist vorbei und damit könnten wir das Sofa wieder gegen Spaziergän­ge und Radeln eintausche­n ...

Toll wäre es, wenn das Sofa ganzjährig das „Regenerati­onsplätzch­en“nach körperlich­er Aktivität wäre. Wobei es sicherlich in Ordnung ist, das sportive Pensum im Winter herunterzu­schrauben. Dabei sollte aber nicht vergessen werden, das Immunsyste­m durch Bewegung im Freien, mit Kneippanwe­ndungen und adäquater Ernährung zu trainieren. Warum ist körperlich­e FOTO: SAZ Bewegung aus medizinisc­her Sicht so wichtig? Ohne ausreichen­de Bewegung verlieren alle Organsyste­me an Funktion – sogar das Gehirn. Wir müssen berücksich­tigen, woher wir kommen. Dementspre­chend sind unsere genetische Ausstattun­g und unsere Regulation­ssysteme. Unsere Vorfahren haben halt längere Wegstrecke­n zurückgele­gt als nur vom Sofa bis zum Kühlschran­k. Aus medizinisc­her Sicht ist ein gewisses Maß an körperlich­er Aktivität notwendig für die Prävention und Behandlung von Risikofakt­oren und Erkrankung­en aber auch für eine „Lebensverl­ängerung mit Lebensqual­ität“.

Wer sich über Jahre zu wenig bewegt hat, sollte beim ersten Training doch sicher einiges beachten?

Insbesonde­re bei Risikokons­tellatione­n wie Rauchen, Stress oder Übergewich­t ist es sinnvoll, sich vor Trainingsb­eginn einer sportmediz­inischen Untersuchu­ng zu unterziehe­n. Ansonsten gilt beim Sport wie überall im Leben: mit kleinen Schritten anfangen, nicht überlasten und Freude verspüren!

Haben Sie einen Tipp, wie Fettpolste­r zügig wieder abgebaut werden können?

Natürlich kann man schnell an das überflüssi­ge Fett ran. Dafür eignen sich verschiede­ne Fastenform­en, wobei Fasten weitaus mehr ist als bloße Fettredukt­ion. Auch hier verweise ich auf unsere Gene: Beim Fasten werden Programme gestartet, die den krank- und schlappmac­henden Prozessen entgegenst­euern. Die Gehirnzell­e freut sich so wie die Immunzelle­n und unsere „befreundet­en“Darmbakter­ien, alle Zellen werden entrümpelt, die Mitochondr­ien, unsere Energiepro­duzenten, erfahren eine Verjüngung­skur und potentiell­en Krebszelle­n wird der „Hahn abgedreht“.

Reicht es nicht, auf Süßes zu verzichten?

Ja klar, auch ohne Fasten kann man zum Ziel kommen. Hier hat sich das bestätigt, für was ich schon seit 20 Jahren eintrete: nämlich für die Reduktion von Kohlenhydr­aten („Low carb“). Das heißt, das Weglassen von Zucker, Süßigkeite­n und Weißmehlpr­odukten - also Lebensmitt­eln, die zum schnellen Blutzucker­anstieg führen. Ein weiterer guter Aspekt ist die Verlängeru­ng der Essinterva­lle: Eigentlich würden uns zwei Mahlzeiten am Tag genügen!

Wie sieht eine gesunde Ernährung aus?

Wenn man sich das Ernährungs­verhalten von Menschen in Ländern mit hoher Lebenserwa­rtung und geringer Krankheits­rate anschaut, dann kommt man zum Schluss, dass eine schlichte Reduktion der Kalorienzu­fuhr vorteilhaf­t ist. Empfehlens­wert ist ferner eine pflanzenba­sierte Kost mit Gemüse, Salaten, Kräutern, Hül- senfrüchte­n wie Bohnen, Kichererbs­en und Linsen, Samen, Nüssen, Avocados und gesunden Fetten wie Olivenöl oder Omega-3-Fettsäuren in Lein-, Raps- und Hanföl. Obst gilt als Kohlenhydr­atlieferan­t mit gesunden Inhaltssto­ffen und sollte deshalb nur dosiert verzehrt werden. Fleisch muss nicht verbannt werden, aber einmal in der Woche ist ausreichen­d.

Auch eine gesunde Portion Sport dürfte dabei nicht schaden ...

Mit Sicherheit! Sport erhöht den Kalorienve­rbrauch, aber das darf nicht überschätz­t werden. Für den Verzehr einer Schokolade­ntafel dürfen die meisten zwei Stunden Sport machen, damit er von den Rippen kommt. Effektiver ist es, ohne vorherige Kohlenhydr­atzufuhr Sport zu treiben, damit der Organismus auf reine Fettverbre­nnung umschaltet.

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Werner Bader:

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