Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Räuberzinkenbaum soll Dorflinde ersetzen
Riedhausen plant nach Freilichttheater ein interaktives Kunstwerk in der Ortsmitte
RIEDHAUSEN - Mit dem Freilichtschauspiel über den Schwarzen Vere wollen Theatergruppe und Gemeinde in Riedhausen im Sommer einen Höhepunkt im Veranstaltungskalender setzen. Im Weg steht allerdings ausgerechnet die Dorflinde am Rathaus, wo die Zuschauertribüne stehen soll. Nun wurde eine Lösung gefunden, die den Ortskern aufwerten wird.
2005 haben Gemeinderäte im Zuge des Rathausneubaus aus eigener Tasche die Dorflinde finanziert und auf den Vorplatz an der Kirchstraße gepflanzt. Rund sechs Meter ist der Baum mittlerweile hoch und würde die Sicht auf die Bühne beim Freilichtschauspiel versperren. „Es hat uns große Sorgen bereitet, weil wir ja nicht wollen, dass der Baum unseretwegen sterben muss“, sagt Reinhold Gasser, zweiter Vorsitzender der Theatergruppe Riedhausen. Überlegt wurde daher, an anderer Stelle den Baum neu zu pflanzen oder auszugraben, zwischenzulagern und nach dem Schauspiel wieder einzusetzen. Aber mit beiden Lösungen waren die Laienschauspieler und Bürgermeister Ekkehard Stettner nicht rundum zufrieden. Stattdessen entschieden sie sich für eine Umpflanzung. Am Donnerstag soll die Linde ausgegraben und an einer freien Fläche bei der Kirche wieder eingepflanzt werden.
Der Platz der Dorflinde soll aber nicht leer bleiben. Gasser und Stettner haben sich einen Räuberzinkenbaum überlegt, für die künstlerische Gestaltung Rat beim Kunstschmied Peter Klink aus Denkingen eingeholt. Die Grundidee: Eine Stahlskulptur, die eine Eiche darstellt, rund sechs Meter hoch ist und einen Stammdurchmesser von etwa 70 Zentimetern hat. An den Astlöchern sollen Räuberzinken auf Messingklappen aufgemalt werden. Wofür das jeweilige Symbol steht, erfährt man, wenn die Klappe angehoben wird. „Die Räuber hatten mit Rotwelsch nicht nur ihre eigene Sprache, sondern auch eine Geheimschrift, um sich mit diesen Zeichen gegenseitig Hinweise zu hinterlassen“, berichtet Bürgermeister Stettner. Oft seien sie am Eingangsbereich versteckt angebracht gewesen, sodass die Räuber zwar genau wussten, worauf sie achten mussten, aber den Bewohnern nichts auffiel. So stand etwa eine Zickzack-Linie für einen bissigen Hund oder ein Kreuz dafür, dass frommes Verhalten sich lohnen würde.
Große Eichenblätter sollen so angeordnet sein, dass sie als Dach Regen abhalten und Schatten spenden. Denn am Baum soll eine Sitzbank aus Eichenholz stehen. Statt auf normalen Füßen steht diese aber auf einem Wagenrad und einem Kanonenrohr, um die napoleonische Zeit zu symbolisieren. Ein weiterer Clou: Aus einiger Entfernung soll an der Rinde der Umriss des Räuberhauptmanns Schwarzer Vere erkennbar sein. Auch dahinter steckt ein Symbol, nämlich dass der Räuber im Wald zu Hause war. Falls mal wieder ein Großereignis auf dem Areal stattfinden soll, kann der Räuberzinkenbaum abmontiert und zwischengelagert werden. Um Ortsfremde über den Räuberbezug der Region zu informieren, ist noch eine Tafel geplant. Gasser und Stettner sehen den Baum nicht nur als einen sinnvollen Ersatz für die Linde. „Es dient auch dem Räuberthema, mit dem die Region sich eine Marke machen möchte. Vielleicht wird es auch zu einem Treffpunkt“, hofft der Bürgermeister.
Leader gibt Zuschuss
Rund 50 000 Euro wird alles kosten. Aus dem Programm Leader steht ein 60-prozentiger Zuschuss in Aussicht. Vieles wollen Theatergruppe und Gemeinde in Eigenleistung erbringen und sich die restlichen Kosten teilen. „Den Aufwand und die Beteiligung leisten wir gerne, da es uns nicht egal ist, was dort steht und uns der Baum schon gar nicht gleichgültig ist“, sagt Gasser. Stettner ergänzt: „Frühestens im Oktober rechnen wir mit einer Bewilligung des Zuschusses. Denn zunächst müssen wir ohnehin mehrere Angebote für alle Arbeiten einholen, um den Antrag beim Regierungspräsidium zu stellen.“Der Gemeinderat in Riedhausen hat sich in der vergangenen Woche einstimmig für das Vorhaben ausgesprochen.