Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
72 neue Wohnungen für Senioren
Dank Spende einer Ravensburgerin können Mieten niedrig gehalten werden.
RAVENSBURG - Aus den Fenstern des ehemaligen Gemeindehauses St. Jodok in der Unteren Breite in Ravensburg fliegen Holzbretter: Die Stiftung Bruderhaus hat das Gebäude von der katholischen Kirchengemeinde abgekauft und baut es um. Dort sollen acht betreute Seniorenwohnungen entstehen. Eine Ravensburgerin, die nicht genannt werden möchte, hat mit einer Spende von 250 000 Euro dafür gesorgt, dass drei Wohnungen davon besonders günstig vermietet werden.
Derzeit wird die Innenausstattung entsorgt, am 18. März beginnt der Rückbau großer Teile des Gebäudes. Die rückwärtige Mauer wird um einige Meter versetzt, damit das Gebäude zum Innenhof hin tiefer wird. Die Fassade bleibt stehen, aber die obereren eineinhalb Stockwerke werden abgetragen und mit einem sogenannten Mansarddach wieder aufgebaut – so hat die Dachgeschosswohnung weniger Schrägen und damit mehr Platz. Die Höhe des Gebäudes verändere sich nicht, heißt es. Die Geschäftsführung der Stiftung rechnet damit, dass im Spätherbst 2020 alles fertig sein wird. Für den Kauf des Hauses und die Bauarbeiten gibt die Stiftung Bruderhaus nach derzeitigem Stand 2,9 Millionen Euro aus.
Drei Appartements und fünf größere Wohnungen
Es entstehen acht betreute und barrierefreie Seniorenwohnungen: drei 25 Quadratmeter große Appartements mit kleiner Küche, weitere vier Wohnungen mit 50 bis 60 Quadratmetern sowie die Dachgeschosswohnung mit 70 Quadratmetern Wohnfläche. Außerdem wird ein Büro der Bruderhaus-Bürgerhilfe (siehe Infokasten) im Haus untergebracht.
Für die Stiftung Bruderhaus hat sich der Standort angeboten: Das ehemalige Gemeindehaus grenzt über den Innenhof unmittelbar an ihr betreutes Seniorenwohnen in der Mauerstraße an. Die künftigen Bewohner des Hauses in der Unteren Breite können die Gemeinschaftsräume
des Wohnzentrums in der Mauerstraße mitnutzen. Das Betreuungsangebot, das es bereits für die bestehenden Wohnungen gibt, kann vergleichsweise einfach auf die acht neuen Wohnungen ausgeweitet werden.
Betreuung, das heißt: In den Wohnungen sind Bewegungsmelder installiert. Wird zwischen fünf und zehn Uhr morgens keine Bewegung registriert, wird der ambulante Pflegedienst Bruderhaus informiert, der sich ebenfalls in der Mauerstraße befindet. Dieser versucht, die Person anzurufen oder klingelt an der Tür. Wenn dann keine Reaktion erfolgt, wird die Wohnung betreten. Dieses Sicherheitsnetz kostet die
Bewohner eine Pauschale von 103 Euro pro Monat. Grundsätzlich gehe es aber um selbstbestimmtes Wohnung und Leben im Alter – so lange eben möglich. Die Bewohner können auf Wunsch beispielsweise auch einen Reinigungsservice, einen Einkaufsservice und Essenslieferungen in Anspruch nehmen.
Der Geschäftsführer der Stiftung Bruderhaus, Ralph Zodel, sagt: „Das besondere am Projekt: Wir haben von Anfang an gesagt, wir wollen günstigen Wohnraum schaffen.“Letztlich ermögliche es die 250 000Euro-Spende, dass die drei kleinen Appartementwohnungen lediglich zu sieben Euro je Quadratmeter vermietet werden. Bei 25 Quadratmetern
sind das 175 Euro – und das im Neubau. Diese Wohnungen sollen an Menschen vergeben werden, die einen Wohnberechtigungsschein haben – der wird Haushalten ausgestellt, die eine gewisse Einkommensgrenze nicht überschreiten.
Der übrige Wohnraum müsste im barrierefreien Neubau im Stadtzentrum nach Angaben von Zodels Stellvertreter, Stefan Jäckle, zwölf Euro Miete pro Quadratmeter kosten. Aber auch das wolle man nicht voll ausreizen, sondern etwas darunter bleiben.
Die Stiftung hofft darauf, noch 60 000 Euro an Spenden für das Projekt zu sammeln, um die hohen Baukosten trotz der angestrebten niedrigen Mieten auch decken zu können. Betreute Seniorenwohnungen sind gefragt. Für die 72 Wohnungen der Stiftung gibt es laut Jäckle eine durchschnittliche Wartezeit von vier Jahren.