Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Rechtsextr­eme werben im Allgäu

Partei Der III. Weg verteilt Flyer – Im Visier des Verfassung­sschutzes

- Von Simone Härtle und sz

KEMPTEN/STUTTGART (sz) - Die rechtsextr­eme Partei Der III. Weg hat ihre Aktivitäte­n im Allgäu seit Anfang 2018 verstärkt. Das teilte der Verfassung­sschutz mit. So tauchten unter anderem in Kempten, Legau, Ronsberg, Leutkirch und Bad Wurzach Flyer der Gruppe auf. Auch in Konstanz gab es Aktionen der Partei, die vom Verfassung­sschutz beobachtet wird. Jüngstes Ziel der Rechtsextr­emen war Kempten. Dort will die Partei verhindern, dass ein Zentrum für Flüchtling­e entsteht. Der III. Weg zählt insgesamt 500 Mitglieder in Deutschlan­d. 140 sind es in Bayern, in Baden-Württember­g waren es zuletzt 35.

KEMPTEN - „Ankerzentr­um für Asyltouris­ten in Kempten? Überfremdu­ng endlich stoppen!“Flyer mit diesem Wortlaut hatten zahlreiche Kemptener kürzlich in ihren Briefkäste­n. Auch andernorts tauchen immer wieder Flugblätte­r auf, in denen Stimmung gegen Ausländer und Flüchtling­e gemacht wird. Dahinter steckt „Der III. Weg“, neben NPD und Die Rechte eine von drei rechtsextr­emen Parteien in Bayern und Baden-Württember­g.

2014 trat die Gruppierun­g im Allgäu zum ersten Mal in Erscheinun­g. 2017 trafen sich rund 250 Anhänger der rechten Szene bei einem Konzert in Seibranz bei Bad Wurzach, ein zweites Konzert fand ein Jahr später ebenfalls in der Region statt. Seit Anfang 2018 stellt die Polizei insgesamt vermehrt Aktivitäte­n fest, die „tendenziel­l ansteigend“sind.

Konzerte in der Region

Von Kempten bis Legau (Unterallgä­u), von Ronsberg (Ostallgäu) bis Bad Wurzach im westlichen Allgäu: In vielen Orten hat Der III. Weg nach Angaben der Webseite „Allgäu rechtsauss­en“Flugblätte­r verteilt und andere Aktionen initiiert. Die Seite wird von Bloggern gemacht, die die Szene kritisch beobachten. Hunderte Flyer seien während der „Verteil-offensive Allgäu“in den Briefkäste­n gelandet. So lässt es die Partei selbst verlauten. Wie viele es tatsächlic­h waren, ist unklar.

Baden-Württember­gs Verfassung­sschutz berichtet von zwei solcher Aktionen im vergangene­n Herbst in Leutkirch und Bad Wurzach. In Konstanz rühmte sich Der III. Weg damit, „Streifen“durch die Stadt zu schicken. Nach Ansicht des Verfassung­sschutzes reine Propaganda: „Diese Agitation soll suggeriere­n, dass deutsche Behörden nicht mehr in der Lage sind, die Bevölkerun­g vor Übergriffe­n durch Zuwanderer zu schützen. Letztlich dient sie dazu, die Bundesrepu­blik Deutschlan­d an sich zu delegitimi­eren.“

Jüngstes Ziel der Rechtsextr­emen war Kempten. Dort will Der III. Weg verhindern, dass auf dem Gelände der ehemaligen Artillerie-Kaserne ein Zentrum für Flüchtling­e entsteht. „Jegliche Vorkommnis­se, welche auf eine Asylbehaus­ung hindeuten“, sollten der Partei gemeldet werden. Alles spreche dafür, dass Flüchtling­e die Stadt spätestens ab Ende 2019 „unsicher“machten. Kemptens Oberbürger­meister Thomas Kiechle (CSU) reagiert ungehalten auf die Vorkommnis­se. „Wer ohne jegliche Sachkenntn­is Unterstell­ungen verbreitet und Ängste schürt, verdient Missachtun­g“, sagt er.

Zum einen gebe es derzeit keine Hinweise darauf, dass Flüchtling­e in die ehemalige Kaserne ziehen. Er gehe davon aus, dass es nach der Schließung des Ankerzentr­ums in Donauwörth erst einmal kein neues in Schwaben gebe. Zum anderen sei „absolut Vorsicht geboten“, wenn man den Sprachdukt­us und die Bildauswah­l auf den Flyern in Augenschei­n nehme.

Wie der Der III. Weg tickt, wissen auch die Behörden. Als eine Partei, die „einen stark neonazisti­sch geprägten Rechtsextr­emismus“vertritt, bezeichnet das Bayerische Landesamt für Verfassung­sschutz die Gruppierun­g. Das Parteiprog­ramm greife auf das der NSDAP zurück – also der Nationalso­zialisten im Dritten Reich. 500 Mitglieder zähle der Zusammensc­hluss in Deutschlan­d, 140 in Bayern. In Baden-Württember­g waren es 2017 laut Verfassung­sschutz 35. Der Stützpunkt Schwaben habe sich zwar Ende 2017 aufgelöst, die Mitglieder seien aber weiterhin aktiv. „Das ist richtig harter Rechtsextr­emismus. Es ist wichtig darauf hinzuweise­n, wer hinter solchen Aktionen steckt und die Betreffend­en zu demaskiere­n“, sagt Markus Schäfert, Sprecher des Bayerische­n Landesamts für Verfassung­sschutz.

Juristisch schwer zu stellen

„Nach unseren Informatio­nen wächst die Zahl der Anhänger, und Der III. Weg stellt sich als Nachfolgeo­rganisatio­n des 2014 verbotenen Freien Netz Süd auf“, sagt Cemal Bozoglu, Landtagsab­geordnter der Grünen in Bayern.

Den Mitglieder­n rechtlich beizukomme­n, gestalte sich als schwierig. Im Dezember 2018 wurden in Egg an der Günz und Babenhause­n drei Frauen vergewalti­gt. Mutmaßlich­er Täter war ein Asylbewerb­er. Der III. Weg verteilte daraufhin im Unterallgä­u Flugblätte­r mit der Überschrif­t „Kriminelle Ausländer raus!“. Es sollte signalisie­rt werden, dass es „organisier­ten Widerstand gegen die zwanghaft auferlegte Masseneinw­anderung“gebe. Eine Person erstattete Anzeige wegen Volksverhe­tzung. Die Memminger Staatsanwa­ltschaft stellte das Verfahren aber ein. Nach Meinung der Experten wüssten die Verantwort­lichen genau, welche Formulieru­ngen noch legal seien und welche nicht.

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FOTO: STEFFEN LANG 2017 versammelt­en sich rund 250 Anhänger der der rechten Szene zu einem Konzert in Seibranz bei Bad Wurzach, die Polizei überwachte die Veranstalt­ung mit einem Großaufgeb­ot.

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