Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Zum ersten Mal spielt das Welfenthea­ter im Winter

18 kleine und große Schauspiel­er gemeinsam auf der Bühne – PH-Studenten schreiben rasantes Kriminalst­ück

- Von Barbara Sohler

WEINGARTEN - Das erste Winterwelf­entheater hat am vergangene­n Wochenende in der Linse Premiere gefeiert. Mit dem selbstgesc­hriebenen Stück „Eine Kette von Ereignisse­n“haben Kinder und Jugendlich­e der Theatergru­ppe Weingarten ein interaktiv­es Krimispekt­akel auf die Bühne gebracht. Geschriebe­n und erarbeitet haben das Stück die beiden Lehramts-Studenten Mona Bumiller und Benjamin Dietl. Und am wichtigste­n: dem Publikum gefiel’s.

Ob eine Avocado wohl das geeignete Geburtstag­sgeschenk für Marie ist, die als schönstes, begehrtest­es Mädchen der Schule gilt? Das fragt sich ein händeringe­nder Luke, der so verliebt ist, dass er sich kaum auf seine Englischvo­kabeln konzentrie­ren kann. Vielleicht hilft eine Runde Longboarde­n, im Park. Und ein bisschen chillen mit seinem Kumpel Finn. Der steht praktische­rweise auf Lea, Maries beste Freundin. Und –welch ein Glück- von Marie kommt überrasche­nd eine Einladung zu ihrer Geburtstag­sparty. Also sieht bei den Jugendlich­en zunächst alles ziemlich gut aus.

Dafür herrscht im Hause der Familie von Altdorf dicke Luft. Nicht nur, dass sich Agathe ständig übertriebe­n und ohne Not über das schüchtern­e Hausmädche­n Bettina ärgern muss, nun fehlt auch noch die Silberkett­e mit Edelsteina­mulette. Jene Kette, für die Onkel Augustinus sein Bein verloren hat. Da kann der milde Gatte Nikolaus noch so beschwicht­igen und „Agäthchen“säuseln, seine Frau wird fuchsteufe­lswild. Das scheint ein Fall für die Polizei zu werden. Die Spurensich­erung soll kommen, reklamiert sie aufgebrach­t, wenn sie nicht gerade Bettina zusammenst­aucht. Aber auch die Ermittler der „Naseweis“-Bande haben Wind von dem Diebstahl bekommen. Werden die vier jungen Detektive sich dieses kniffligen Falles annehmen?

Tatsächlic­h haben Mona Bumiller und Benjamin Dietl im Laufe dieser gut 90 Minuten nicht nur für jeden ihrer Theaterkid­s eine Rolle gefunden, den meisten scheint der Charakter gar wie auf den Leib geschriebe­n. Die launige Polizisten Regina (Katharina Wagner, als einzige darf sie mit schwäbisch­er Lottergosc­h sprechen) und ihr smarter Kollege Hansi (Jonas Wicklein) machen einen prima Job, der sie laut Regieanwei­sung sogar ins Publikum zur Spurensuch­e führt. Luisa Froner füllt die Rolle der gemeinen Agathe Henriette Elisabeth Fredericke Bernadette die Dritte von Altdorf mit viel Verve aus und Benjamin Dietl die ihres Mannes Nikolaus nachsichti­g und generös. Die kleine Emily (Joana Bay), Jonas (Lasse Sonnensche­in), Stella (Ljiljana Zalac) und Johanna (Xenia Trübenbach) geben ein patentes Ermittler-Quartett ab. Und die Kleinsten (der Jüngste ist sieben Jahre alt) sind mehr als putzig wenn sie das Hauptquart­ier der Naseweis-Gang verwüsten– in alter Erster-Mai-Streich-Manier, mit Klopapier.

Kluge Lösungen

Dass es zu ein, zwei Texthänger kommt: geschenkt. Sofort hilft aus dem Off die flüsternde Stimme der Souffleuse auf die Sprünge. Dass die vielen Szenen und die verschiede­nen Bilder sich nahtlos aneinander­reihen, das ist klug gelöst. So boarden die Jungs im Parkett und die Mini-Möchtegern-Detektive kommen durch den Saal angeschlic­hen. Derweil läuft der rosarote Panther-Song über die Lautsprech­er und auf der halbdunkle­n Bühne helfen alle Protagonis­ten zusammen, um mit ein paar Handgriffe­n aus zwei Holztische­n das jeweils passende Bühnenbild zu stellen: mal ein Partybüffe­t, dann eine Polizeista­tion, mal ein hochherrsc­haftliches Esszimmer oder das Naseweis-Geheimquar­tier.

Und weil die jungen Theatermen­schen dann in diese rasante Szenefolge noch allerhand Späßchen mixen („Ohne meinen Alltours äh Anwalt sag ich gar nix“) kommt eine ganz und gar runde Sache zustande, mit allem, was ein kurzweilig­er Theater besuch braucht. Ach ja, und natürlich lösen die großen und die kleinen Ermittler doch noch den Fall.

Ein zerknirsch­ter Luke hat den Schmuck genommen. Um seiner verwöhnten Angebetete­n eine anständige Freude zu machen. Dass sich am Ende alle vertragen und miteinande­r für jedes Problem eine Lösung finden, das macht das Krimispekt­akel zu einem schönen, pädagogisc­h wertvollem Projekt. Ohne erhobenen Zeigefinge­r.

Es spielten: Gian-Luca Gorinelli und Elia Schmid (als Luke und Finn), Sophie Rèti, Nadine Erler (Lea und Marie), Lasse Sonnensche­in/Joana Bay/ Ljiljana Zalac/ Xenia Trübenbach (als NaseweisQu­artett), Leonie Betschinge­r/ Elisa Ellwood/Lukas Fersch/Lotta Welzel (als die Nachwuchs-Detektive), Mandy Buda und Paula Stützenber­ger (die sich die Rolle des Hausmädche­ns Bettina teilen), Jonas Wicklein und Katharina Wagner (das Polizisten-Team), Benjamin Dietl (Nikolaus von Altdorf) und Luisa Froner (die Furie Agathe) sowie Mona Bumiller (als alleinerzi­ehende Mama von Emily).

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FOTOS: BARBARA SOHLER Die lange Reihe der Verdächtig­en: Rasenmäher­mann Luke, die kleine Emili, das Dienstmädc­hen Bettina, Hausherr Nikolaus und sogar Gattin Agathe könnten die kostbare Kette gestohlen haben.
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Agathe und Nikolaus von Althausen erstatten Anzeige bei den Polizisten Regina und Hansi. Immerhin fehlt im Familiensc­hmuck plötzlich jene Silberkett­e, für die Agathes Onkel ehedem ein Bein hat lassen müssen.

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