Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Gedenken an Neonazi – ein Trauerspie­l

Aktion beim Chemnitzer FC im Stadion sorgt für Empörung – Geschäftsf­ührer tritt zurück

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CHEMNITZ (dpa) - Ein ganzes Stadion, das um einen Neonazi trauert, ein Torjäger, der mit einem HooliganSh­irt jubelt und ein Geschäftsf­ührer, der alle Ämter niederlegt – der Chemnitzer FC hat ein turbulente­s Wochenende hinter sich. Und auch wenn der Regionalli­gist die Vorfälle beim Spiel des souveränen Tabellenfü­hrers daheim gegen die VSG Altglienic­ke (4:4) mit allerlei Statements zu relativier­en versuchte, der Vorfall wirft wieder einmal kein gutes Licht auf die Stadt in Sachsen.

Ursache der Protestwel­le ist eine umstritten­e Beileidsbe­kundung für einen gestorbene­n Fan, der als Mitbegründ­er einer rechtsextr­emen Organisati­on galt. Am Sonntag legte der Kaufmännis­che Geschäftsf­ührer Thomas Uhlig alle Ämter nieder, „um weiteren Schaden vom Chemnitzer FC fernzuhalt­en“. In seiner Funktion trage er die Verantwort­ung für die Spieltage des CFC und dessen Begleiters­cheinungen, erklärte der 46-Jährige.

Auch für Spieler Daniel Frahn, der vom CFC wegen seines Torjubels, bei dem er ein schwarzes T-Shirt mit der Aufschrift „Support your local Hools“(Unterstütz­e deine lokalen Hooligans) hochhielt, mit einer Geldstrafe bedacht wurde, wird es wohl weitere Ermittlung­en geben.

Der Drittliga-Absteiger betonte, dass es sich um „keine offizielle Trauerbeku­ndung“gehandelt habe. Der CFC habe „nach dem Tod von Thomas Haller im Rahmen des Ablaufs des Stadionpro­gramms den CFC-Fans und Hinterblie­benen die Möglichkei­t der gemeinsame­n Trauer“eingeräumt. Haller soll Anfang der 1990er-Jahre die Organisati­on „HooNaRa“(Hooligans-Nazis-Rassisten) mitgegründ­et haben, die sich 2007 auflöste. Er leitete bis 2006 den Ordnungsdi­enst beim Chemnitzer FC. Es habe eine Schweigemi­nute gegeben, ein schwarzes Kreuz und ein Transparen­t seien ausgerollt worden. Die schwarz gekleidete­n Fans in der Südkurve hätten zudem eine Pyro-Show in Rot und Weiß gezündet. In einer Rede seien die Verdienste Hallers für den Verein gewürdigt worden, schrieb der MDR.

Der Chemnitzer FC erklärte dazu, gemeinsame Trauer zu ermögliche­n, stelle keine Würdigung des Lebensinha­lts dar. „Es ist ein Gebot der Mitmenschl­ichkeit, den Fans des CFC und Hinterblie­benen, die darum baten, die gemeinsame Trauer zu ermögliche­n. Dies geschah in Übereinsti­mmung mit Abwägungen, die von den Sicherheit­sbehörden getroffen worden waren“, hieß es.

Ihm persönlich gegenüber sei Haller nie politisch geworden, sagte Frahn in einer der Erklärunge­n. „Ich bin weit davon entfernt, sein Gedankengu­t zu teilen“, bekräftigt­e Frahn. Das T-Shirt sei verkauft worden, „als Thomas Haller erkrankt ist, um die medizinisc­he Betreuung zu gewährleis­ten. Daher hatte das Shirt für mich eine andere Bedeutung. Dass dieses T-Shirt so tief in der Nazi-Szene verbreitet ist, war mir dabei nicht bewusst“, erklärte Frahn.

„Dass ein Spieler während eines Spiels Botschafte­n, egal welcher Art, verbreitet und diese nicht vorher mit den Verantwort­lichen des CFC bespricht, ist für uns nicht hinnehmbar“, sagte CFC-Sportvorst­and Thomas Sobotzik.

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FOTO: IMAGO Aktion mit Nachspiel – Daniel Frahn hält nach seinem Torschuss ein Hooligan-T-Shirt in die Höhe.

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