Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Nein zum Luftreinha­lteplan

Land bestätigt, dass sich Schadstoff­werte in Ravensburg klar verbessert haben.

- Von Frank Hautumm

RAVENSBURG - Für einen Luftreinha­lteplan in Ravensburg gibt es definitiv keine Rechtsgrun­dlage. Das sagt das Verkehrsmi­nisterium des Landes, nachdem jetzt alle Messergebn­isse für das Jahr 2018 vorliegen. Demnach werden die Grenzwerte für Schadstoff­e im Zentrum eingehalte­n. 2016 sah das noch ganz anders aus. Die Ravensburg­er Grünen sind empört. Sie bewerten den Bescheid aus Stuttgart, der der „Schwäbisch­en Zeitung“vorliegt, als „fragwürdig“und sprechen von mehreren Ungereimth­eiten und Widersprüc­hen.

Wie berichtet, waren zunächst im Jahr 2016 an der Schussenst­raße, der meistbefah­renen Verkehrsac­hse in der Ravensburg­er Innenstadt, deutlich überhöhte Stickstoff­dioxidwert­e gemessen worden. Der Jahresmitt­elwert lag bei 49 Mikrogramm pro Kubikmeter (g/m3) Luft. Damit war der Grenzwert zum Schutz der Gesundheit von 40 g/m3 überschrit­ten und das Regierungs­präsidium hätte eigentlich innerhalb von zwei Jahren einen Luftreinha­lteplan erlassen müssen. Dieser schreibt verbindlic­he Maßnahmen vor, die dazu geeignet sind, die Schadstoff­werte wieder auf ein akzeptable­s Maß zu reduzieren.

Dann die Überraschu­ng: Neuerliche Messungen im Jahr 2018 an zwei Punkten in der Schussenst­raße ergaben schon im Zwischenbe­richt deutlich bessere Ergebnisse. Diese Messungen, von denen auch der Gemeindera­t überrascht worden war, wurden nicht auf Wunsch der Stadt Ravensburg vorgenomme­n, sondern in allen Kommunen durchgefüh­rt, in denen Luftreinha­ltepläne ein Thema sind. Dieser sei in Ravensburg vom Tisch, hieß es schon nach der Zwischenau­swertung im vergangene­n Jahr.

Zweifel an der wundersame­n Verbesseru­ng der Luft hatten unter anderem die Deutsche Umwelthilf­e, die Agendagrup­pe Oberstadt und vor allem die Ravensburg­er Grünen geäußert. Auch die Landesanst­alt für Umwelt Baden-Württember­g (LUBW), die für die Messungen zuständig war, hatte die drastisch veränderte­n Werte als „ein völliges Rätsel“bezeichnet - zumal bisher in der Stadt kaum etwas unternomme­n worden ist, um die Luft zu verbessern.

Maria Weithmann, Fraktionsv­orsitzende der Grünen im Ravensburg­er Gemeindera­t, hat Ende Januar deshalb an Verkehrsmi­nister und ihren Parteifreu­nd Winfried Hermann geschriebe­n und eine plausible Erklärung gefordert. Die liegt nun vor, dürfte aber nicht das Ende der Diskussion sein.

Laut Verkehrsmi­nisterium gibt es inzwischen die abschließe­nden Stickstoff­dioxid-Jahresmitt­elwerte für 2018. Demnach wurden am Messpunkt an der Schussenst­raße 5 exakt 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft gemessen und der Grenzwert damit punktgenau eingehalte­n. An der Schussenst­raße 9 seien 37 Mikrogramm ermittelt worden. Was die Grünen unter anderem auf die Palme bringt: An der Schussenst­raße 17, wo 2016 mit 53 Mikrogramm die höchsten Werte festgestel­lt worden waren, ist 2018 gar nicht mehr gemessen worden. „Das Regierungs­präsidium ignoriert das einfach leichtfert­ig“, so Maria Weithmann.

„Fragwürdig­e Erklärungs­versuche“

Auch die Erklärungs­versuche des Landes, wie es zu Verbesseru­ngen von 22 bis 24 Prozent der Werte habe kommen können, hält die Fraktion für fragwürdig. Das Verkehrsmi­nisterium führt die „allgemeine KfzFlotten­erneuerung sowie auch die zwischenze­itlich durchgefüh­rten Software-Updates bei Euro-5-/VDieselfah­rzeugen“auf. Noch im November habe aber der Gutachter in Ravensburg dargelegt, dass diese Veränderun­gen maximal sieben Prozent Ergebnis-Verbesseru­ngen bewirken können, so Weithmann.

Das Land argumentie­rt weiter mit Effekten durch die Umrüstung der Busflotte in Ravensburg auf schadstoff­arme Motoren. Die Grünen dazu: „Die genannte Busflotten­erneuerung findet erst in diesem Jahr statt, hat also folglich 2018 zu gar keiner Verbesseru­ng führen können.“Und die 26 emissionsa­rmen Erdgasbuss­e des Regionalve­rkehrs, die in dem Brief genannt werden, seien schon seit 2010 im Einsatz, hätten sich also auch 2016 schon auswirken müssen. Der Ausbau des Radwegenet­zes, der laut Ministeriu­m ebenfalls den Verkehr in der Stadt entlastet habe, habe sich bislang „auf das Anbringen von Verkehrssc­hildern“beschränkt, so die Fraktionsc­hefin. Auch eine angebliche „Verbesseru­ng des Verkehrsfl­usses“mit weniger Staus und damit Abgasen im Zentrum könne kein Ravensburg­er bestätigen.

Die Grünen halten keine der aufgeführt­en Erklärunge­n für plausibel. Die Konsequenz der neuerliche­n Messungen in Ravensburg aber ist klar: „Für die Erarbeitun­g eines Luftreinha­lteplanes mit belastende­n Maßnahmen fehlt die rechtliche Ermächtigu­ngsgrundla­ge“, so das Verkehrsmi­nisterium.

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FOTO: DPA/HENDRIK SCHMIDT
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FOTO: FLORIAN FUCHS Die Verkehrsbe­lastung in der Ravensburg­er Innenstadt (hier in der Karlstraße) ist hoch. Die Schadstoff­werte haben sich innerhalb von zwei Jahren aber signifikan­t verbessert.

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