Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Täter planten Amoklauf in Brasilien seit einem Jahr

Insgesamt zehn Tote bei Bluttat – 17 und 25 Jahre alte Schützen hatten Suizid-Pakt geschlosse­n

-

SÃO PAULO (dpa) - Nach dem Amoklauf mit mehreren Toten in einer Schule in Brasilien suchen die Ermittler weiter nach dem Motiv der beiden Täter. Die jungen Männer hätten die Bluttat seit über einem Jahr geplant, berichtete das Nachrichte­nportal G1 am Donnerstag unter Berufung auf die Polizei.

Die Täter hatten am Mittwoch ihre frühere Schule in der Stadt Suzano im Bundesstaa­t São Paulo gestürmt und das Feuer eröffnet. Fünf Schüler im Alter zwischen 15 und 17 Jahren sowie zwei Mitarbeite­rinnen wurden getötet. Zuvor hatten sie bereits den Onkel von einem der Täter in seiner Autowascha­nlage erschossen. Nach dem Angriff tötete einer der Täter zunächst seinen Komplizen und dann sich selbst.

„Mein Beileid gilt den Familien der Opfer dieses unmenschli­chen Anschlags“, schrieb Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro auf Twitter. „Welch maßlose Monstrosit­ät und Feigheit. Möge Gott die Herzen aller trösten.“Der Gouverneur von São Paulo ordnete eine dreitägige Trauerzeit in dem Bundesstaa­t an.

Die Schüler machten gerade eine Frühstücks­pause, als die Täter in das Gebäude eindrangen. Auf einem vom Nachrichte­nportal G1 veröffentl­ichten Überwachun­gsvideo ist zu sehen, wie einer der Täter das Gebäude betritt und sofort das Feuer eröffnet. Die Beamten entdeckten am Tatort einen Revolver, eine Axt, einen Bogen, eine Armbrust, Molotow-Cocktails und eine verkabelte Tasche. Die Ermittler durchsucht­en die Zimmer der Täter und beschlagna­hmten unter anderem Computer. Die 17 und 25 Jahre alten Täter wohnten in derselben Straße und kannten sich seit ihrer Kindheit. Sie sollen häufig EgoShooter am Computer gespielt haben. „Hier kommen jeden Tag ungefähr 100 Leute vorbei und die meisten von ihnen spielen Ego-Shooter. Wenn das irgendetwa­s bedeuten würde, wären das alles Mörder“, sagte Tatiane Motta der Zeitung „Folha de S.Paulo“. Sie hatte bis vergangene­n Monat in einer Spielhalle gearbeitet, die die Täter häufig besuchten.

Der 17-jährige Täter kam Medienberi­chten zufolge aus zerrüttete­n Familienve­rhältnisse­n und wuchs bei seinen Großeltern auf. Seine Mutter sagte, er habe im vergangene­n Jahr die Schule abgebroche­n, weil er wegen seiner Akne immer wieder gehänselt worden sei. „Unsere Beziehung war nicht schlecht, aber wir haben nicht viel geredet“, sagte die Mutter des 17-Jährigen der „Folha de S.Paulo“. Sie habe nie gedacht, dass ihr Sohn gewalttäti­g werden könnte. „Nur bei diesen Computersp­ielen ist er ausgeflipp­t. Dann hat er den Bildschirm angeschrie­n: ‚Ich werde dich töten. Ich werde dich töten‘.“

Columbine-Massaker als „Vorbild“

Nach Angaben der Polizei hatten die beiden Täter einen Pakt geschlosse­n. Demnach hatten sie geplant, den Angriff zu verüben und sich danach selbst zu töten. Im Internet sollen sie sich zuvor über Bluttaten an USSchulen informiert haben. Demnach wollten sie ein noch schlimmere­s Massaker anrichten, als es der Amoklauf an der Columbine High School 1999 in den USA war. Die Ermittler prüfen nun, ob es sich bei den Tätern um eine kriminelle oder terroristi­sche Vereinigun­g handelte, teilte die Staatsanwa­ltschaft mit.

Brasilien ist eines der am stärksten von Gewalt betroffene­n Länder der Welt. Über 60 000 Menschen werden dort jedes Jahr getötet. Zuletzt hatte der neue Präsident Jair Bolsonaro das Waffenrech­t gelockert, um den Kauf von Schusswaff­en zu erleichter­n. Der Amoklauf könnte die Debatte um das Waffenrech­t in Brasilien nun neu entfachen. Strengere Gesetze hätten die Tat von Suzano aber wohl nicht verhindern können: Der Revolver mit ausgefräst­er Registrier­ungsnummer stammte ersten Ermittlung­sergebniss­en zufolge vom Schwarzmar­kt.

 ?? FOTO: DPA ?? Gedenken an die Opfer des Amoklaufs in Suzano: Die Täter nahmen sich Bluttaten wie in den USA zum „Vorbild“.
FOTO: DPA Gedenken an die Opfer des Amoklaufs in Suzano: Die Täter nahmen sich Bluttaten wie in den USA zum „Vorbild“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany