Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Ölteppich bedroht Frankreich­s Atlantikkü­ste

Untergang des Frachters „Grande America“könnte auch Problem für Spanien werden

- Von Christian Böhmer

BREST (dpa) - Frankreich will nach dem Untergang des Containers­chiffs „Grande America“in der Biskaya mit allen Mitteln eine Ölkatastro­phe an seiner Atlantikkü­ste verhindern. „Wir bereiten uns vor“, versichert­e Umweltmini­ster François de Rugy am Donnerstag. Der im Atlantik treibende Ölteppich könnte seiner Einschätzu­ng nach bereits am Sonntag oder Montag die französisc­he Westküste erreichen, die im Sommer zahlreiche in- und ausländisc­he Touristen anzieht. „Wir sind mit einer Ölverschmu­tzung konfrontie­rt, die früher oder später unsere Küsten erreichen wird“, sagte er dem Sender Public Sénat.

Der unter italienisc­her Flagge fahrende Frachter war am Dienstag nach einem tagelangen Brand rund 300 Kilometer vor der französisc­hen Küste untergegan­gen. Das Schiff hatte zuletzt in Hamburg Station gemacht. Es bildete sich ein etwa zehn Kilometer langer und ein Kilometer breiter Ölteppich. Zur Bekämpfung der Meeresvers­chmutzung würden Spezialsch­iffe eingesetzt, sagte der Ressortche­f dem Sender BFMTV. „Wenn wir es (das Schweröl) auf dem Meer abpumpen können, werden wir es machen.“Das Öl stammt demnach aus den Treibstoff­tanks des Frachters. De Rugy bezeichnet­e als gefährdete Regionen das Départemen­t Charente-Maritime mit der Hafenstadt La Rochelle und das Départemen­t Gironde, in dessen Mitte Bordeaux liegt. Er schloss nicht aus, dass das Öl auch an die spanische Biskaya-Küste gelangen könnte. Zugleich wies De Rugy auf die schwierige­n Wetterbedi­ngungen hin. In der Biskaya fege ein starker Westwind. Nun solle aus der Luft beobachtet werden, wohin das Öl treibe. Er sprach auch von einem möglichen Einsatz eines Unterwasse­r-Roboters, um zu überprüfen, ob das 4500 Meter tief liegende Wrack Risse aufweise.

Gefahrgut an Bord

Die zuständige Meerespräf­ektur in Brest hatte mitgeteilt, dass auch die Europäisch­e Agentur für die See-Sicherheit im Kampf gegen die Verschmutz­ung eingeschal­tet wurde.

Die Westküste Frankreich­s zieht im Sommer viele Touristen an, beliebt sind La Rochelle, die Sandstränd­e der Vendée oder die Insel Île d’Oléron. Im nahe der spanischen Grenze liegenden Badeort Biarritz will Präsident Emmanuel Macron im August den Gipfel der sieben großen Industriel­änder (G7) ausrichten.

In Frankreich wurden Erinnerung­en an frühere Schiffskat­astrophen wach. Im Dezember 1999 löste der Schiffbruc­h des Tankers „Erika“im Ärmelkanal eine riesige Ölkatastro­phe aus. Im März 1978 war der Tanker „Amoco Cadiz“in der Bretagne auf Grund gelaufen. Experten sagten, die Tankerkata­strophen seien nicht dem Untergang des italienisc­hen Frachters vergleichb­ar, da damals viel mehr Öl ausgelaufe­n sei.

Das gesunkene italienisc­he Schiff hatte Gefahrgut an Bord. Der Inhalt von 45 Containern werde als gefährlich eingestuft, hatte die Meerespräf­ektur mitgeteilt. Die „Grande America“hatte rund 2200 Tonnen Schweröl an Bord, wie der Sender Franceinfo berichtete. Das 214 Meter lange Schiff, das auch rund 2000 Fahrzeuge transporti­erte, hatte zuletzt starke Schlagseit­e bekommen.

Ein Sprecher der Umweltorga­nisation Robin des Bois kündigte im Sender Franceinfo an, seine Organisati­on wolle in den kommenden Tagen im Fall der „Grande America“Klage gegen Unbekannt einreichen.

Nach Angaben der Präfektur waren 27 Menschen an Bord des Schiffes, sie wurden vom britischen Kriegsschi­ff „HMS Argyll“gerettet. Das Schiff war auf dem Weg nach Casablanca in Marokko.

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FOTO: DPA Das Containers­chiff „Grande America“sank, nachdem es tagelang brennend vor der französisc­hen Küste trieb. Die 27 Menschen an Bord wurden gerettet.

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