Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Wasserversorgung: Quellen stabil, aber hoher Verbrauch
Wasserversorgungsverband Schussen-Rotachtal musste 2018 auf Notverbünde zurückgreifen
BERG - Zu warm, zu trocken. Das war der Sommer 2018. Selbst im sonst niederschlagsreichen Oberschwaben blieb der ersehnte Landregen über Monate aus. Wer in den Gemeinden Berg, Fronreute, Horgenzell, Wilhelmsdorf oder Wolpertswende den Wasserhahn aufdrehte, merkte von der anhaltenden Trockenheit – nichts. Doch das lag vor allem daran, dass der Wasserversorgungsverband Schussen-Rotachtal, dem diese Gemeinden angehören, 2018 so viel Wasser wie noch nie von benachbarten Wasserversorgern dazukaufte. Der Grund dafür war nicht etwa, dass die eigenen Quellen weniger Wasser hergegeben hätten als sonst. Diese blieben auch im trockenen Sommer 2018 stabil. Nötig wurden die Wasserkäufe, weil der Verbrauch überdurchschnittlich stark anstieg.
Rund 35 000 Menschen wohnen im Versorgungsgebiet des Verbandes Schussen-Rotachtal. Neben den Gemeinden Berg, Fronreute, Horgenzell, Wilhelmsdorf und Wolpertswende gehören ihm Aulendorf, Schmalegg und Taldorf an. „Jede Gemeinde fördert nach Möglichkeit ihr eigenes Wasser, denn eigenes Wasser ist eigenes Geld. Aber nicht jede Gemeinde ist in einer so glücklichen Lage und hat genug eigenes Wasser. Deshalb wurde der Verband gegründet. Von ihm können die Mitglieder zusätzliches Wasser kaufen“, erklärt Bergs Bürgermeister Helmut Grieb, Vorsitzender des Verbandes.
Dieses Wasser, das der Verband an seine Mitglieder ausliefert, ist vor allem Grundwasser, das von einem Pumpwerk bei Unteressendorf (Landkreis Biberach) aus dem Boden geholt wird. In der Nähe des Pumpwerks liegt der Lindenweiher, der als FFH-Gebiet besonderen Schutz genießt. Die Grundwasserförderung hat Auswirkungen auf den Wasserstand des Weihers. Um den Weiher zu schützen, wurde daher die genehmigte Fördermenge begrenzt: „Wir dürfen übers Jahr gesehen 43 Liter pro Sekunde fördern. Wenn der Wasserspiegel absinkt, sind es nur noch 30 Liter pro Sekunde“, erklärt Joachim Schneider, Leiter des Ortsbauamtes in Berg und Verbandstechniker.
Im Sommer 2018 dann die Überraschung: „Pegel und Wasserstand blieben trotz Trockenheit völlig in Ordnung“, erklärt Schneider. „Was jedoch die Verbraucher an Wasser forderten, war wesentlich mehr.“Die Wasserabnahme überstieg die genehmigte Fördermenge bei Weitem. Insgesamt lieferte der Verband rund 1 659 000 Kubikmeter Wasser an die Einwohner seiner Mitgliedsgemeinden. 2017 waren es noch 264 000 weniger, nämlich etwa 1 395 000 Kubikmeter gewesen, von 2017 auf 2018 eine Steigerung um rund 19 Prozent. Um die zusätzliche Menge liefern zu können, griff der Verband 2018 gleich auf zwei Notverbünde zurück, die die Wasserversorgung, wie der Name schon sagt, im Notfall sichern sollen – im Süden über eine Anschlussstelle bei Berg zu den Technischen Werken Schussental (TWS) und im Norden über eine bei Aulendorf zur Oberen Schussentalgruppe (OSG). Die OSG versorgt Bad Waldsee, Bad Wurzach, Wolfegg, Aulendorf, Altshausen, Bad Schussenried, Bergatreute und Kißlegg mit Wasser.
Rund 96 000 Kubikmeter Wasser nahm der Verband Schussen-Rotachtal von der TWS ab. Im Jahr zuvor waren es nur etwa 26 000 gewesen. Doch am meisten kaufte der Verband bei der OSG ein: 221 409 Kubikmeter. „In den vergangenen Jahren wurde immer etwas Wasser von der TWS dazugekauft, so zwischen 12 000 und 40 000 Kubikmeter“, erklärt Jennifer Hauser, Kämmerin von Wolpertswende. Sie ist als Verbandspflegerin für die Finanzen des Verbandes zuständig. „Soweit ich die vergangenen Jahre überblicke, wurde von der OSG kein Wasser zugekauft. Bis auf 2018.“
Nachfragen der „Schwäbischen Zeitung“bei TWS und OSG ergaben, dass auch diese Wasserversorger im vergangenen Jahr mehr Wasser in ihr Netz einspeisten als in früheren Jahren – aber im Vergleich zum Gesamtvolumen nicht um so viel mehr wie der Verband Schussen-Rotachtal. „Wir haben 212 000 Kubikmeter mehr Wasser eingespeist als 2017. Bei einer Gesamtmenge von 4,85 Millionen Kubikmeter Wasser im Jahr 2018 ist das nicht wesentlich mehr“, zieht Michael Scheible von der TWS Bilanz. Zieht man die zusätzliche Lieferung an den Verband Schussen-Rotachtal ab, wird die Differenz noch geringer. Ebenso sieht es auf der Seite der OSG aus. Da lag 2018 die Förderung 248 861 Kubikmeter über der vom Vorjahr. „Es ist aber bei den Zahlen im Jahr 2018 zu beachten, dass wir 221 409 Kubikmeter an die SchussenRotachtal-Gruppe geliefert haben“, erklärt Bad Waldsees Bürgermeister Roland Weinschenk, Vorsitzender der OSG. „Die Versorgungssicherheit war immer da“, erklärt Grieb. Mit Blick auf die Zukunft habe der Verband 2016 ein Strukturgutachten in Auftrag gegeben. Dieses soll 2019 fortgeschrieben werden. In dem Gutachten wird auch die Frage nach einer Anschlussstelle zur Wasserversorgung Baienfurt-Baindt eine Rolle spielen. Darüber hinaus plant der Verband über eine Brunnenanlage am Mahlweiher bei Aulendorf mehr Wasser zu fördern. Den Mitgliedsgemeinden rät Grieb zudem, so gut es geht, die eigenen Ressourcen zu nutzen. Die Gemeinde Wolpertswende ging vor Kurzem in eine andere Richtung. Sie beschloss, ihren Brunnen in Mochenwangen zu schließen, weil das dort geförderte Wasser eine zu hohe Belastung mit Arsen, Eisen und Mangan aufwies und sich eine aufwendige Aufbereitung des Wassers nicht rechnete (SZ berichtete). 2016 wurden in Mochenwangen noch rund 68 000 Kubikmeter Wasser gefördert.