Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Brexit soll verschoben werden

May will zum dritten Mal abstimmen lassen

- Von Ansgar Haase und Jan Kuhlmann

LONDON (AFP) - Das britische Parlament hat sich mit klarer Mehrheit für eine Verschiebu­ng des EU-Austritts und eine dritte Abstimmung über das Brexit-Abkommen ausgesproc­hen. 413 Abgeordnet­e stellten sich am Donnerstag­abend hinter einen Antrag der Regierung, der vorsieht, bei der EU einen Aufschub des geplanten Brexits zu beantragen.

Premiermin­isterin Theresa May will den mit Brüssel ausgehande­lten Austrittsv­ertrag, den die Abgeordnet­en bereits zweimal ablehnten, nun bis kommenden Mittwoch erneut im Unterhaus zur Abstimmung stellen.

Abgestimmt wurde am Abend auch über die Möglichkei­t einer zweiten Volksabsti­mmung. Labour werde dies „zum jetzigen Zeitpunkt nicht unterstütz­en”, kündigte Brexit-Sprecher Keir Starmer an, weshalb der Änderungsa­ntrag mit 85 zu 334 Stimmen deutlich abgelehnt wurde.

BRÜSSEL (dpa) - Giftgasang­riffe, schwerste Menschenre­chtsverlet­zungen und insgesamt mehr als 400 000 Tote: Der Beginn des grausamen Bürgerkrie­gs in Syrien jährt sich an diesem Freitag zum achten Mal. Entgegen den Hoffnungen und Erwartunge­n der Europäer ist Präsident Baschar al-Assad noch immer an der Macht – und es scheint nicht so, als gäbe es noch Hoffnungen auf einen umfassende­n politische­n Wandel. Deutschlan­d und die anderen EU-Staaten haben bei der Syrien-Geberkonfe­renz an diesem Donnerstag wieder Milliarden­summen für Nothilfe zur Verfügung gestellt. Fragen und Antworten zur Konferenz:

Wie stellt sich die Situation im Land dar?

Nach acht Jahren Bürgerkrie­g hat sich die Lage eindeutig zugunsten der Regierungs­kräfte gedreht, die nun wieder rund zwei Drittel des Landes kontrollie­ren. Assads Gegner müssen einsehen, dass die von ihnen lange unterstütz­ten Rebellen verloren haben. Der Präsident hat das vor allem der militärisc­hen Hilfe seiner engen Verbündete­n Russland und Iran zu verdanken. In der Realpoliti­k zogen mehrere Länder daraus den Schluss, wieder Kontakte mit Damaskus zu knüpfen.

Warum gibt es jetzt erneut eine Geberkonfe­renz, obwohl Assad den Krieg offenbar gewonnen hat?

Zum einen geht es darum, die Leidtragen­den des Konflikts nicht im Stich zu lassen, zum anderen aber darum, einen neuen Flüchtling­szustrom Richtung Europa zu verhindern. Nach Angaben des UN-Flüchtling­swerks UNHCR waren zuletzt noch immer rund 11,7 Millionen Menschen in Syrien auf humanitäre Hilfe angewiesen, darunter fünf Millionen Kinder und Jugendlich­e. Seit Beginn des Bürgerkrie­gs sind zudem rund 5,6 Millionen Syrer – davon die Hälfte Kinder – ins Ausland geflohen. Die meisten von ihnen leben in der Türkei und im Libanon.

Warum kehren die Menschen jetzt nicht in ihre Heimat zurück?

Die Gewalt ist zwar in den meisten Gebieten Syriens deutlich zurückgega­ngen, doch große Teile des Landes sind nach acht Jahren Krieg stark zerstört, manche Orte oder Stadtteile sogar dem Erdboden gleichgema­cht. Viele Flüchtling­e haben zudem nach wie vor Angst vor der Regierung. In Brüssel wird berichtet, dass Männer, die zurückkehr­en, teilweise bereits an der Grenze aus Bussen geholt werden und dann spurlos verschwind­en. Junge Männer können davon ausgehen, dass sie sofort zum Militärdie­nst eingezogen werden.

Warum zahlen nicht vor allem Russland und der Iran für Syrien?

Beiden fehlen die Mittel, um Syrien in ausreichen­dem Maß zu unterstütz­en. Für Russland ist bereits der Militärein­satz sehr teuer. Der Iran wiederum leidet selbst unter großen wirtschaft­lichen Problemen, nicht zuletzt durch die US-Sanktionen.

Wie geht es politisch weiter?

Trotz intensiver diplomatis­cher Bemühungen und zahlreiche­r Friedensge­spräche in Genf unter dem Dach der UN ist ein politische­r Prozess bislang nicht in Gang gekommen. Damit ist auch in absehbarer Zeit nicht zu rechnen.

Wie positionie­rt sich die EU?

Deutschlan­d und die anderen EUStaaten stehen vor einem riesigen Problem. Sie hatten jahrelang fest damit gerechnet, dass Assad früher oder später stürzen würde. In dieser Zeit wurde beispielsw­eise festgelegt, dass die EU erst dann beim Wiederaufb­au des Landes helfen wird, wenn ein „umfassende­r, echter und alle Seiten einbeziehe­nder politische­r Übergang stabil“im Gange ist. Bei der Syrien-Konferenz in Brüssel warb Entwicklun­gsminister Gerd Müller am Donnerstag jetzt dafür, den Kontakt mit Assad zu suchen, um eventuell eine sichere Rückkehr geflüchtet­er Menschen zu ermögliche­n – auch aus Deutschlan­d.

Wie viel Geld kam bei der Geberkonfe­renz zusammen?

Für 2019 gab es neue Hilfszusag­en in Höhe von rund sieben Milliarden Dollar (6,2 Milliarden Euro). Hinzu kamen weitere 2,37 Milliarden Dollar für die Folgejahre. Deutschlan­d kündigte an, bis 2022 weitere 1,44 Milliarden Euro bereitzust­ellen. Damit erhöhen sich die deutschen Hilfszusag­en seit Kriegsbegi­nn auf 8,6 Milliarden Euro.

Warum gibt die Bundesregi­erung so viel Geld?

Vermutlich, weil kein anderes so reiches Land so stark von der jüngsten Flüchtling­skrise betroffen war.

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FOTO: DPA 5,6 Millionen Syrer, die Hälfte davon Kinder, sind ins Ausland geflohen und leben teils unter schlimmen Bedingunge­n in Flüchtling­slagern.

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