Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Ravensburg
Bülent Ceylan füllte mit seiner „Lassmalacha“-Tour in Ravensburg die Oberschwabenhalle
Bülent Ceylan füllte am Sonntagabend mit seiner „Lassmalacha“Tour die Oberschwabenhalle in Ravensburg.
RAVENSBURG - In „Monn’em“ist er geboren und doch ist er ein „Kanack“, wie er sich selbst gern und oft nennt: Bülent Ceylan. Und der Komiker hat mit seiner „Lassmalacha“Tour am Sonntagabend die Oberschwabenhalle voll gemacht. Mit 3000 Fans, die dem smarten Langhaarfetischisten zujubelten, egal ob er Türken, Deutsche, Juden oder Muslime aufs Korn nahm.
Als er Schlag 18 Uhr mit urdeutscher Pünktlichkeit auf die Bühne steppt, mit Zylinder und Frack in Zirkusdirektoren-Manier, da johlt die rappelvolle Oberschwabenhalle bereits. Er sei am Ende seiner KurzTour durchs Schwabenländle heut in Ravensburg gelandet, verkündet der 43-jährige und haut postwendend den ersten Knaller raus: Ein Puzzle habe man ihm vorher anlässlich des Sold-Out-Awards verliehen. Ein Puzzle! Er kann sich kaum halten, ob der Geste – und lacht postwendend wie ein Schwein. Bewusst, soviel ist sicher. Denn nun kann er hier einhaken, sein erstes Statement einloggen: „Ich lach wie e‘ Schwein – und des als Türk. Mehr Integration geht ned!“Und dann setzt er erst mal auf die Pipi-Kacka-Schiene, die ja immer irgendwie zieht. Besonders, wenn man das schwäbische „biesla“oder „brinzla“dafür benutzt, ein Gag, den er schon bei seinen früheren Stopps im schwäbischen Ravensburg zum Zugpferd gemacht hat. Neu hinzugekommen ist: Wenn er niest, dann scheißt er in die Hos‘ (O-Ton). Und die Gemeinden Geildorf und Feuchtwangen verkaspert Ceylan natürlich auch.
Und vielleicht schlägt ihn ja ihn Bälde jemand für den Zivilcouragepreis vor, für seine furchtlose Erdogan-Schelte, von der er in akkurat durchgetakteten zwei Stunden LiveAuftritt auch nicht ablässt. „Jetzt hat mich nach zwei Witzen keiner erschossen – dann mach ich weiter“, grinst er breit. Die höchste Auszeichnung seines Heimatbundeslandes hat sich der Mannheimer Ceylan bereits 2012 abholen dürfen: Den Verdienstorden des Landes BadenWürttemberg, mit dem er nach Angaben des Staatsministeriums für „seine Verdienste um die Integration und das interkulturelle Verständnis“geehrt worden ist.
Tatsächlich macht Ceylan, dass sich keiner ausgegrenzt fühlen muss, in seiner Show: Den Italiener im Publikum nimmt er aufs Korn („Sitzt du oder stehst du grad?“), den Schwarzafrikaner
„Ich lach wie e‘ Schwein – und des als Türk. Mehr Integration geht ned!“Bülent Ceylan
(„Macht mol e bissle mehr Licht“), weder die Russen noch die Polen, nicht die Araber und auch nicht die Juden sind vor seinem Humor sicher. Und es scheint, als wären all jene, die er möglicherweise übersehen hat, im weiten Rund der Halle und auf den Rängen, beinahe ein bisschen eingeschnappt, dass sie nicht geadelt worden sind, durch Bülents freche, respektlose Gosch.
Die Gosch, die ihn türkische Märchen erzählen lässt („Der gestiefelte Kampfhund“), die ihn zum Adolf werden lassen und die überraschend auch ganz viel Wahres, Aufrichtiges hinter dem Gekasper sagen lässt. So kommt es, dass der Zuschauer erst einmal verdutzt ist und sich für einen Moment fragt, ob er noch im „Schässles-Modus“ist oder ernst – als er erzählt, dass er mittlerweile eine Kinderstiftung hat und erklärt: „Wenn man Erfolg hat, dann muss man auch was zurückgeben im Leben“. Tatsächlich aber findet der Sohn einer deutschen Mama („Hilde Merkel. Merkel, Leut!“) flugs den Weg zurück ins lockere Entertainment, das die Fans hören wollen.
Wir dürfen 30 Zentimeter lachen lernen –ganz im Sinne eines Lachyoga-Spezialisten aus Hamburg TV. Und selbstverständlich beglückt Bülent Ceylan mit seinen Kunstfiguren: Mit Juweliersgattin „Anneliese“die mit der ohrenbetäubenden Sirenenlache und dem schrägen Brillengeschmack. Und mit Hausmeister „Mompfreed“, der den Nazihund Wotan rettet, als der mit der Vorhaut am Laternenpfahl festgefriert, bei Minus 12 Grad. „Ich brunz den Nazihund frei!“schnarrt Ceylan da über sein Volk.
Und die 3000 Zuschauer grunzen, wiehern, lachen und spenden ihrem Rassismus-Dompteur Bülent stehend Applaus, folgen damit seiner Prämisse „Lasst uns gemeinsam lachen“. Dass er „Türkenmeister von Ravensburg“werden will, das gibt er noch bekannt, bevor er pünktlich Schluss macht, mit einer Heavy-Metal-Hymne. Und ja, er ist halber Türke – aber er macht volles Programm. Voraussichtlich im nächsten Jahr, mit seiner neuen Show „Luschtobjekt“, mit der er wieder nach Ravensburg kommen will.