Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Ravensburg

Bülent Ceylan füllte mit seiner „Lassmalach­a“-Tour in Ravensburg die Oberschwab­enhalle

- Von Barbara Sohler

Bülent Ceylan füllte am Sonntagabe­nd mit seiner „Lassmalach­a“Tour die Oberschwab­enhalle in Ravensburg.

RAVENSBURG - In „Monn’em“ist er geboren und doch ist er ein „Kanack“, wie er sich selbst gern und oft nennt: Bülent Ceylan. Und der Komiker hat mit seiner „Lassmalach­a“Tour am Sonntagabe­nd die Oberschwab­enhalle voll gemacht. Mit 3000 Fans, die dem smarten Langhaarfe­tischisten zujubelten, egal ob er Türken, Deutsche, Juden oder Muslime aufs Korn nahm.

Als er Schlag 18 Uhr mit urdeutsche­r Pünktlichk­eit auf die Bühne steppt, mit Zylinder und Frack in Zirkusdire­ktoren-Manier, da johlt die rappelvoll­e Oberschwab­enhalle bereits. Er sei am Ende seiner KurzTour durchs Schwabenlä­ndle heut in Ravensburg gelandet, verkündet der 43-jährige und haut postwenden­d den ersten Knaller raus: Ein Puzzle habe man ihm vorher anlässlich des Sold-Out-Awards verliehen. Ein Puzzle! Er kann sich kaum halten, ob der Geste – und lacht postwenden­d wie ein Schwein. Bewusst, soviel ist sicher. Denn nun kann er hier einhaken, sein erstes Statement einloggen: „Ich lach wie e‘ Schwein – und des als Türk. Mehr Integratio­n geht ned!“Und dann setzt er erst mal auf die Pipi-Kacka-Schiene, die ja immer irgendwie zieht. Besonders, wenn man das schwäbisch­e „biesla“oder „brinzla“dafür benutzt, ein Gag, den er schon bei seinen früheren Stopps im schwäbisch­en Ravensburg zum Zugpferd gemacht hat. Neu hinzugekom­men ist: Wenn er niest, dann scheißt er in die Hos‘ (O-Ton). Und die Gemeinden Geildorf und Feuchtwang­en verkaspert Ceylan natürlich auch.

Und vielleicht schlägt ihn ja ihn Bälde jemand für den Zivilcoura­gepreis vor, für seine furchtlose Erdogan-Schelte, von der er in akkurat durchgetak­teten zwei Stunden LiveAuftri­tt auch nicht ablässt. „Jetzt hat mich nach zwei Witzen keiner erschossen – dann mach ich weiter“, grinst er breit. Die höchste Auszeichnu­ng seines Heimatbund­eslandes hat sich der Mannheimer Ceylan bereits 2012 abholen dürfen: Den Verdiensto­rden des Landes BadenWürtt­emberg, mit dem er nach Angaben des Staatsmini­steriums für „seine Verdienste um die Integratio­n und das interkultu­relle Verständni­s“geehrt worden ist.

Tatsächlic­h macht Ceylan, dass sich keiner ausgegrenz­t fühlen muss, in seiner Show: Den Italiener im Publikum nimmt er aufs Korn („Sitzt du oder stehst du grad?“), den Schwarzafr­ikaner

„Ich lach wie e‘ Schwein – und des als Türk. Mehr Integratio­n geht ned!“Bülent Ceylan

(„Macht mol e bissle mehr Licht“), weder die Russen noch die Polen, nicht die Araber und auch nicht die Juden sind vor seinem Humor sicher. Und es scheint, als wären all jene, die er möglicherw­eise übersehen hat, im weiten Rund der Halle und auf den Rängen, beinahe ein bisschen eingeschna­ppt, dass sie nicht geadelt worden sind, durch Bülents freche, respektlos­e Gosch.

Die Gosch, die ihn türkische Märchen erzählen lässt („Der gestiefelt­e Kampfhund“), die ihn zum Adolf werden lassen und die überrasche­nd auch ganz viel Wahres, Aufrichtig­es hinter dem Gekasper sagen lässt. So kommt es, dass der Zuschauer erst einmal verdutzt ist und sich für einen Moment fragt, ob er noch im „Schässles-Modus“ist oder ernst – als er erzählt, dass er mittlerwei­le eine Kinderstif­tung hat und erklärt: „Wenn man Erfolg hat, dann muss man auch was zurückgebe­n im Leben“. Tatsächlic­h aber findet der Sohn einer deutschen Mama („Hilde Merkel. Merkel, Leut!“) flugs den Weg zurück ins lockere Entertainm­ent, das die Fans hören wollen.

Wir dürfen 30 Zentimeter lachen lernen –ganz im Sinne eines Lachyoga-Spezialist­en aus Hamburg TV. Und selbstvers­tändlich beglückt Bülent Ceylan mit seinen Kunstfigur­en: Mit Juweliersg­attin „Anneliese“die mit der ohrenbetäu­benden Sirenenlac­he und dem schrägen Brillenges­chmack. Und mit Hausmeiste­r „Mompfreed“, der den Nazihund Wotan rettet, als der mit der Vorhaut am Laternenpf­ahl festgefrie­rt, bei Minus 12 Grad. „Ich brunz den Nazihund frei!“schnarrt Ceylan da über sein Volk.

Und die 3000 Zuschauer grunzen, wiehern, lachen und spenden ihrem Rassismus-Dompteur Bülent stehend Applaus, folgen damit seiner Prämisse „Lasst uns gemeinsam lachen“. Dass er „Türkenmeis­ter von Ravensburg“werden will, das gibt er noch bekannt, bevor er pünktlich Schluss macht, mit einer Heavy-Metal-Hymne. Und ja, er ist halber Türke – aber er macht volles Programm. Voraussich­tlich im nächsten Jahr, mit seiner neuen Show „Luschtobje­kt“, mit der er wieder nach Ravensburg kommen will.

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FOTO: SOHLER Bülent Ceylan gastierte mit seiner „Lassmalach­a“-Tour am Sonntagabe­nd in der Oberschwab­enhalle.

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