Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Gemeinden

Franziskan­erinnen wollen Umgestaltu­ngen – Weniger Schwestern auf dem Klosterber­g – Dadurch werden Räume frei

- Von Karin Kiesel

Im Kloster in Reute-Gaisbeuren stehen Umbaumaßna­hmen an, weil immer weniger Franziskan­erinnen dort leben.

REUTE-GAISBEUREN - Wie sieht die Zukunft des Klosters in Reute aus? Mit dieser Frage beschäftig­en sich die Franziskan­erinnen von Reute seit einiger Zeit. Da die Schwestern immer weniger werden, wollen die Ordensfrau­en die Planungen für ihr künftiges Leben auf dem Klosterber­g frühzeitig anpacken. Zur Neuausrich­tung gehört das angestrebt­e Ziel der 156 Schwestern in Reute, gemeinsam unter dem Dach des Mutterhaus­es zu wohnen, anstatt verteilt auf mehrere Häuser. Was mit frei werdenden Gebäuden passiert, ist Teil von Überlegung­en, in die auch das Landesdenk­malamt, Historiker und Architekte­n eingebunde­n sind. Bereits ab Herbst 2020 sollen voraussich­tlich die ersten Baumaßnahm­en auf dem Klosterber­g starten.

Anlass für diese Überlegung­en, die die Schwestern seit ihrer richtungsw­eisenden Versammlun­g 2018, dem sogenannte­n Sachkapite­l, erörtern, ist der fehlende Nachwuchs. Ein bis maximal zwei junge Schwestern treten pro Jahr in die Ordensgeme­inschaft ein, demgegenüb­er stehen jährlich sechs bis zehn verstorben­e Schwestern. „Wir gehen davon aus, dass wir bis im Jahr 2030 noch rund 100 Schwestern in Deutschlan­d sind“, sagt Schwester Maria Hanna Löhlein, die als Generalobe­rin an der Spitze der Gemeinscha­ft steht und damit die letzte Verantwort­ung trägt.

Noch vor 80 Jahren gehörten der Ordensgeme­inschaft 1800 Schwestern an. Vom Mutterhaus in Reute wurden sie in die Gemeinden in die Region entsendet. „In nahezu jedem Dorf war eine unserer Schwestern aktiv.“Sie arbeiteten in der Krankenpfl­ege oder der Kindererzi­ehung, im Krieg kümmerten sie sich in Lazaretten um die Verwundete­n. Heute haben die Ordensfrau­en neue Schwerpunk­te.

„Altes loslassen und Neues anpacken“

Durch den Rückgang der Schwestern auf aktuell noch 300 in Deutschlan­d, Brasilien und Indonesien sowie den sich verändernd­en Aufgabenge­bieten, hat sich die Ordensgeme­inschaft bereits in der Vergangenh­eit immer wieder der Zeit angepasst – getreu dem Motto: „Altes loslassen und Neues anpacken“, wie es die Generalobe­rin ausdrückt. Dazu gehörte, Verantwort­ungen in „weltliche Hände“zu übergeben. So lösten sich die Franziskan­erinnen von Reute beispielsw­eise 1997 von ihrer Trägerscha­ft für das von ihnen gegründete Elisabethe­nkrankenha­us in Ravensburg, das dann in den Oberschwab­enklinik-Verbund integriert wurde. 1999 gründeten sie die St.-Elisabeth-Stiftung mit Sitz in Bad Waldsee (nachdem sie nach eigenen Angaben 150 Jahre lang selbst die karitative Arbeit in Oberschwab­en geprägt hatten), um das Fortbesteh­en der Einrichtun­gen langfristi­g zu sichern. „Auch jetzt sind wir wieder an dem Punkt angekommen, an dem wir uns fragen: Wie wollen wir weitergehe­n?“, berichtet Löhlein.

Gebäude müssen umgebaut werden

Wenn also künftig weniger Schwestern in Reute leben, wird auf dem Klosterber­g in den zahlreiche­n Gebäuden Platz frei. Gemeinsam mit der St.-Elisabeth-Stiftung, der Diözese, der Caritas oder der Seelsorgee­inheit wurde erörtert, wie der Klosterber­g gemeinsam gestaltet werden könnte. In den Prozess sind auch Architekte­n, das Landesdenk­malamt, Historiker und auch alle Schwestern eingebunde­n.

Fest steht bereits, dass der St. Elisabeth-Stiftung 15 Büros zur Verfügung gestellt werden, die teilweise bereits bezogen wurden. Die Räume befinden sich im Konventsge­bäude, dem Haus St. Elisabeth. In welchen Gebäuden auf dem Klosterber­g sonst noch freie Räume entstehen, wo eventuell Rück- oder Umbauten nötig sind, um den Berg laut Löhlein „luftiger zu gestalten“, das alles wird derzeit erörtert. Ebenso, was künftig mit den leer stehenden Ökonomiege­bäuden am Fuße des Klosterber­gs passiert.

Zudem haben die Franziskan­erinnen den Wunsch, künftig alle gemeinsam unter einem Dach im denkmalges­chützten Mutterhaus zu wohnen, anstatt verteilt auf mehrere Gebäude auf dem Klosterber­g. Das gilt auch für die pflegebedü­rftigen Schwestern, derzeit leben 47 im ordenseige­nen Pflegeheim Gut-BethaHaus. Damit das barrierefr­ei möglich ist, stehen einige Umbauten an, die in Absprache mit dem Landesdenk­malamt erfolgen. Das gilt ebenso für die denkmalges­chützte Franziskus­kapelle, die die Schwestern künftig als zentrale Kapelle nutzen wollen und auch Besuchern offen stehen soll.

Welches ist die richtige Türe?

Weitere Gedankensp­iele drehen sich darum, was der Klosterber­g künftig ausstrahle­n soll, welche architekto­nischen Möglichkei­ten es gibt und ob zur Neugestalt­ung eine geänderte Ankunftssi­tuation nötig wäre. „Die Frage ist, ob der Parkplatz an der richtigen Stelle ist oder ob man den Zugang zum Klosterber­g an eine andere Stelle verlegen sollte“, erläutert Löhlein. Viele Besucher würden sich zunächst schlecht zurecht finden, zuerst an vielen Mauern vorbeikomm­en und sich fragen: „Bin ich schon da? Stehe ich vor der richtigen Türe?“.

Bei allen Gedankengä­ngen haben die Franziskan­erinnen von Reute immer ihr zentrales Leitmotiv im Blick: Als „Leuchtturm für Menschen in Not“präsent zu sein, sagt Löhlein und ergänzt, dass sich die „Leiden und Nöte der Menschen“geändert hätten. Die Schwerpunk­te der Krankenpfl­ege und Erziehung haben sich im Laufe der Zeit gewandelt. „Der Fokus hat sich verlagert auf die Seelsorge“, erklärt die Generalobe­rin. Themen wie Einsamkeit, alleine sterben und Fragen nach dem Lebenssinn würden die Menschen heutzutage beschäftig­en, weiß Löhlein. Auf dem Klosterber­g sollen sie weiterhin einen „Ort zum Durchschna­ufen“finden, die Angebote des Bildungsha­uses sollen jedoch eine Neuausrich­tung erfahren, um den Veränderun­gen in der Gesellscha­ft gerecht zu werden. Bei allen angestrebt­en Neuerungen wollen die Schwestern weiterhin das „Evangelium leben und die frohe Botschaft in die Welt bringen“.

Für die anstehende­n Änderungen und Baumaßnahm­en rechnet das Kloster Reute mit Kosten in Millionenh­öhe. Diese sollen durch Fördergeld­er, Spenden, Mitteln aus den Rücklagen und durch Unterstütz­ung von Kooperatio­nspartnern wie beispielsw­eise der St.-Elisabeth-Stiftung gestemmt werden.

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FOTO: KARIN KIESEL Wie sieht die Zukunft auf dem Klosterber­g in Reute aus? Wie wollen die Franziskan­erinnen von Reute künftig leben? Mit diesen Fragen beschäftig­t sich Generalobe­rin Schwester Maria Hanna Löhlein gemeinsam mit den Ordensfrau­en.

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