Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Holpriger Start
Thomas Gottschalk präsentiert sich in seiner neuen Literatursendung schlecht vorbereitet
AUGSBURG (dpa) - In Augsburg schließt sich der Kreis. Denn in Augsburg habe Frank Elstner ihm einst „Wetten, dass..?“übertragen. Das erzählt Thomas Gottschalk zu Beginn seiner neuen Sendung „Gottschalk liest?“im Rahmen eines kleinen Exkurses über die kulturhistorische Bedeutung der Stadt. Am Dienstagabend wurde die erste Episode der neuen Show im Bayerischen Fernsehen ausgestrahlt, aufgezeichnet wurde sie bereits Anfang des Monats im Kurhaus Parktheater in Augsburg-Göggingen. „Wetten, dass..?“und „Gottschalk liest?“haben nur das Fragezeichen gemeinsam – und natürlich Thomas Gottschalk. Ein Neuanfang an historischer Stätte.
Dass das Thema Neuanfang derzeit für Gottschalk ein großes sein dürfte, weiß die Öffentlichkeit seit Montag. Da wurde bekannt, dass der Entertainer sich von seiner Frau Thea getrennt hat – nach mehr als 40 Jahren Ehe und 47 Jahren Beziehung.
Da dürfte der ein oder andere Zuschauer am späten Dienstagabend („Gottschalk liest?“läuft um 22 Uhr) die neue Literatursendung im dritten Programm auch eingeschaltet haben, um zu sehen, wie Gottschalk sich so schlägt ohne Thea im Hintergrund. Nach Angaben des Bayerischen Rundfunks verdoppelte Gottschalk mit der Sendung den Marktanteil auf dem Sendeplatz auf 8,6 Prozent. 470 000 Zuschauer schalteten bundesweit ein, in Bayern sind es 290 000. Vollprofi Gottschalk (68) lässt sich von etwaigen privaten Turbulenzen freilich nichts anmerken.
Der erste Gast ist Moderatorin und Autorin Sarah Kuttner, die mit „Kurt“ein Buch über den Tod eines kleinen Kindes geschrieben hat. Um „Verlust, Trauer und das Wesen der Liebe“geht es darin, heißt es, und um eine klassische Beziehung „nach Regeln, die wir alle kennen und so schon lange kannten“, sagt Gottschalk. „War das die Frage?“fragt Kuttner irgendwann.
Kuttner korrigiert ihn mehrfach
Gottschalks Start in die Welt der Bücher gerät holprig. Kuttner korrigiert ihn mehrfach – unter anderem weil er nicht mehr ganz auf dem Zettel hat, welche Figur nun lesbisch ist. „Flüchtigkeitsfehler“, erklärt Gottschalk das – und nach einem kurzen Exkurs über das unterschätzte Kulturgut Kaffeesahne mit großem Fettgehalt („Es gibt sogar bis zwölf Prozent; der Traum!“) leitet Gottschalk über zu Ferdinand von Schirach, den er im Gegensatz zu Kuttner siezt und dem er bescheinigt, lustig zu sein – „auch wenn Sie es nicht sein wollen“.
„Ich glaub, das ist das größte Kompliment, das ich jemals bekommen habe, dass Gottschalk zu mir sagt: Das ist lustig“, entgegnet der Ex-Anwalt von Schirach. Und: „Sie sind ja so ein Mensch, der eine Begabung zum Glück hat.“Manche täten sich da schwerer. Es folgen Gespräche mit der Autorin Vea Kaiser über ihr Buch „Rückwärtswalzer“und mit Fotograf Daniel Biskup über seinen Bildband „Wendejahre“.
Es läuft nicht alles rund. Hier und da ruckelt der Schnitt, hier und da verlaufen Gottschalks Späße im Sande. Reaktionen in sozialen Netzwerken fallen teilweise vernichtend aus. Der 68 Jahre alte Moderator, so der verbreitete Vorwurf, sei schlecht vorbereitet gewesen. „Er imitiert Marcel Reich-Ranicki mit dem Satz ‚Ein Buch darf mich nicht langweilen.‘ Gilt lustigerweise auch für Fernsehsendungen“, schreibt Anja Rützel bei „Spiegel Online“. „Die Zeit“sieht dagegen einen wiederauferstandenen Samstagabend am Dienstag.
Aber er hat ja noch Gelegenheit zu üben. Die drei weiteren Episoden folgen aus Franken, der Oberpfalz und Oberbayern. Die zweite Ausstrahlung ist für den 18. Juni geplant.