Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Bernd Hillebrand zum Theologie-Professor berufen
48-Jähriger baute die Jugendkirche „Joel“in Ravensburg auf und lehrt nun an der Katholischen Hochschule in Freiburg
BAD WALDSEE - Mit seiner Berufung zum Professor für Praktische Theologie an die Katholische Hochschule in Freiburg geht’s für den gebürtigen Waldseer Bernd Hillebrand wieder ein Stückchen hinauf auf der kirchlichen Karriereleiter. Der geweihte Priester und promovierte Theologe baute die Jugendkirche „Joel“in Ravensburg auf und verantwortete zuletzt die Tübinger Hochschulseelsorge. Seine neue Lehrtätigkeit im Breisgau hat der 48-Jährige am 1. März aufgenommen.
Die Waldseer Fasnet musste dieses Mal ohne den leidenschaftlichen Sammler und Lokalpatrioten auskommen, weil er als Professor zu Semesterbeginn schlicht nicht abkömmlich war „Aber nächstes Jahr bin ich mit Sicherheit wieder dabei“, macht Hillebrand deutlich, wie sehr er sich mit seiner Heimatstadt verbunden fühlt. „Das „RV“steht in meinem Autokennzeichen, egal an welchem Wohnort ich lebe.“
Zuletzt befand sich dieser acht Jahre lang in Tübingen, wo der Hochschulpfarrer Ansprechpartner für 27 000 Studierende war. „Das war Seelsorge im besten Sinne, direkt dran an den jungen Menschen und ihren Anliegen. Wir haben auch zwei Bands aufgebaut und Kultur gemacht, die hinausgewirkt hat über unsere Räume – so wie ich mir die Aufgabe von Kirche heute vorstelle“, blickt der engagierte Theologe zurück.
Langjährige Erfahrung aus der Arbeit mit jungen Menschen
Wie damals in Ravensburg, als die jungen Leute „ihren“Pfarrer von der Jugendkirche „Joel“ungern haben ziehen lassen, so gab es jetzt auch in der Neckarstadt einen tränenreichen Abschied, als Hillebrand Mitte Februar seine 60 Umzugskartons für Freiburg verlud. Seit Oktober lehrte er dort bereits mit einer halben Stelle „Praktische Theologie mit Schwerpunkt Pastoraltheologie“, die nun zur Vollzeitaufgabe wurde.
Seine langjährige Erfahrung aus der Arbeit mit jungen Menschen möchte er in diesem neuen Studiengang einbringen und den Transformationsprozess der Gesellschaft wissen- schaftlich begleiten. Daneben brütet er über seiner Habilitationsschrift zum Thema „Pastorales Personal in der Krise“an der PhilosophischTheologischen Hochschule St. Georgen in Frankfurt.
Seit Bildung der großen Seelsorgeund Verwaltungseinheiten wird genau darüber kontrovers diskutiert. „Es ist nicht einfach, Seelsorge zu machen, wenn – wie in der Erzdiözese Freiburg – 226 Pfarreien auf 40 heruntergeschraubt werden müssen“, räumt der Priester ein. Deshalb müsse in geschultes Personal investiert werden, das sich seelsorgerisch in den Kirchengemeinden einbringe.
„Ich unterrichte angehende Gemeindereferenten und -referentinnen, die ich fit machen möchte für diese Veränderungsprozesse vor Ort. Sie werden an der Hochschule nicht nur theologisch ausgebildet, sondern auch in sozialer, sozialrechtlicher und kommunikativer Hinsicht.“Eine seiner Studentinnen begann gerade ein halbjähriges Praktikum in der Kirchengemeinde St. Peter – bei den Pfarrern Thomas Bucher und Stefan Werner, Hillebrands Kurskollegen aus Tübinger Zeiten.
Zeitgemäße Seelsorgearbeit dürfe keine „lokale Insel“sein, sie müsse sich vernetzen mit anderen Gruppierungen. „Als Kooperation in die Welt hineinwirken, um die Menschen für den Glauben zu begeistern. Eine Art Balance zwischen drinnen daheim und draußen zu Hause“, stellt sich der Theologe vor. Und was die Priesterausbildung angeht, hat Hillebrand eine Idee, wie man mehr geeignete junge Männer gewinnen könnte.
Der Geistliche „brennt“für seinen Beruf
„Sie müssen befreit werden von Verwaltungsaufgaben und Personalverantwortung, das können genauso gut nämlich Betriebswirtschaftler übernehmen. Der Pfarrer muss Zeit haben für die Seelsorge, er muss Präsenz zeigen und ständig in Kontakt sein mit den Menschen“, wirbt der Hochschullehrer für eine Verschlankung ihrer Aufgabenfülle. „Jeder einzelne Pfarrer muss aber bereit sein, ein Stück seiner Macht an ein Team abzugeben. Nur zusammen wird es möglich sein, Kirche vor Ort attraktiv zu machen und Menschen einer säkularen Gesellschaft für Glaube und Gemeinschaft zu gewinnen.“
Trotz der immer lauter werdenden Kritik an überkommenen Strukturen, Finanzaffären und Missbrauchsskandalen in der katholischen Kirche „brennt“der Geistliche für seinen Beruf. Hillebrand: „Ich spüre, dass wir als Kirche etwas bewegen können, weil viele Menschen spirituell sind und das Leben ganzheitlich betrachten. Und da bin ich gerne mittendrin und gestalte die Prozesse mit.“Er selbst sieht seinen Ruf als Professor übrigens gar nicht als Karriereschritt an. „Nach zehn Jahren Freiburg kann ich mir gut vorstellen, nochmals zehn Jahre Pfarrer einer Seelsorgeeinheit zu sein.“