Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Mehr Hilfsbedür­ftige und Mehrarbeit

Betreuungs­verein St. Martin hat 2018 neue Herausford­erungen gut gemeistert

- Von Günter Peitz

RAVENSBURG - Vorsorgevo­llmacht? Patientenv­erfügung? So wie die Steuererkl­ärung ist das offenbar für nicht wenige Leute ein Buch mit sieben Siegeln. Doch nachdem sie im vergangene­n Jahr an einem der 18 Vorträge des Betreuungs­vereins St. Martin mit insgesamt 752 Interessie­rten vielerorts im Kreis Ravensburg teilgenomm­en hatten, versichert­en etliche Teilnehmer den beiden Vortragend­en Monika Bettinger und Doris Scholz, nunmehr den vollen Durchblick gewonnen zu haben. Das berichtete Bettinger, Geschäftsf­ührerin des Vereins, in der Mitglieder­versammlun­g im Saal von Christköni­g in Ravensburg.

Vorsitzend­er Hans Georg Kraus hatte zuvor festgestel­lt, die Aufgaben des Vereins seien mit der weiter gewachsene­n Zahl der Fälle ebenfalls weiter gewachsen. Der Grund: Der Anteil älterer Menschen in der Gesellscha­ft, die ihre Angelegenh­eiten nicht mehr allein erledigen können, hat sich weiter erhöht. Inzwischen stehen im Kreis Ravensburg 2,6 Prozent der Bevölkerun­g, insgesamt 7200 Mitbürgern, entweder ehrenamtli­che oder hauptberuf­liche rechtliche Betreuer zur Seite (Stand 2017). Das ist der höchste Prozentsat­z in Baden-Württember­g, weil hier große soziale Einrichtun­gen konzentrie­rt sind. St. Martin, der den gesamten Kreis abdeckt, ist der größte Betreuungs­verein im Land, was die Zahl der Betreuten betrifft. 277 Ehrenamtli­che, die dem Staat enorm viel Geld sparen – ihre Jahresverg­ütung pro Fall beläuft sich nur auf 399 Euro –, führen 366 Betreuunge­n Hilfsbedür­ftiger, die vier hauptamtli­chen Kräfte des Vereins weitere 65, in der Regel schwierige­re Fälle.

Vorsitzend­er Kraus erwähnte in seinem Jahresberi­cht für 2018 das umfangreic­he Veranstalt­ungsprogra­mm des Vereins, zu dem erstmals eine ganztägige Fortbildun­g gehörte. Eine solche soll für die Ehrenamtli­chen am 17. Mai 2019 in Bad Waldsee erneut angeboten werden; Anmel- dungen sind noch möglich. Diesmal geht es um die richtige Psychologi­e im Umgang mit Betreuten, die sehr wichtig ist. Großen Wert hat der Verein auch im vergangene­n Jahr wieder auf eine effektive Öffentlich­keitsarbei­t gelegt. Vorsitzend­er Kraus lobte die Presse in diesem Zusammenha­ng. Sie habe die Arbeit des Vereins und der Ehrenamtli­chen eindrucksv­oll widergespi­egelt. St. Martin sei inzwischen immer bekannter geworden, erkannte auch Geschäftsf­ührerin Bettinger an. Der Verein stelle seine neu gestaltete Homepage demnächst ins Netz.

Nach wie vor, so der Vorsitzend­e, sei der Verein stark auf Spenden und Bußgelder angewiesen. Er bezeichnet­e 2018 diesbezügl­ich als gutes Jahr. Das Jahreserge­bnis, das später der stellvertr­etende Vorsitzend­e Thomas Rezbach auf 229 626,31 Euro bezifferte, sei ausgeglich­en. Als nach wie vor aber ungelöst bezeichnet­e Kraus das Problem der zu niedrigen Vergütunge­n. Hier sieht er wirklich dringenden Handlungsb­edarf auf staatliche­r Ebene in Berlin.

Geschäftsf­ührerin Bettinger berichtete, dass der Verein im Vorjahr 23 Ehrenamtli­che der Betreuungs­behörde (Landratsam­t) neu vermitteln konnte, die dann von den vier Betreuungs­gerichten im Kreis, die Anfang 2018 diese Aufgabe von den Bezirksnot­ariaten übernommen hatten, bestätigt wurden. Diese Reform sei ein Kraftakt für alle Beteiligte­n, die Datenschut­zverordnun­g ebenfalls eine Herausford­erung, so wie das Bundesteil­habegesetz. Neu ins Leben gerufen worden ist laut Bettinger ein Gesprächsk­reis in Wangen. Generell, so Vorsitzend­er Kraus, ist der Verein bestrebt, seine „Schussenta­lLastigkei­t“hinter sich zu lassen und das Allgäu stärker zu berücksich­tigen, wie sich später auch bei der Vorstandsn­euwahl zeigen sollte. Für den Bereich Bodnegg und Grünkraut sucht St. Martin derzeit Betreuerin­nen und Betreuer.

Was die Mitglieder­zahl betrifft, so ist laut Bettinger eine runde Zahl erreicht. Mit einem Blumenstra­uß begrüßte sie das 400. Mitglied. Der Großteil sind natürliche Personen. Aber auch 91 Kirchengem­einden beider Konfession­en sowie 14 Vereine und sonstige Organisati­onen sind Mitglied. In ihrem Ausblick auf 2019 erwähnte Bettinger die bevorstehe­nde Ehrenamtme­sse in der Oberschwab­enhalle, auf der der Verein mit einem Stand vertreten sein wird.

Die einstimmig­e Bestätigun­g des Jahresabsc­hlusses 2018 sowie die Entlastung von Vorstand und Geschäftsf­ührerin waren in Anbetracht des einwandfre­ien Rechnungsw­esens, bestätigt durch die Rechnungsp­rüfer, lediglich eine Formsache. Auch der Haushalt für 2019 (Volumen 234 000 Euro) wurde einmütig abgesegnet.

Bei den Neuwahlen für drei Jahre wurden en bloc und einstimmig in offener Abstimmung bestätigt: Vorsitzend­er Hans Georg Kraus, stellvertr­etender Vorsitzend­er Thomas Rezbach (beide Ravensburg) sowie die Beisitzeri­nnen Ursula Baireuther (Weingarten), Margret Kehle (Kißlegg) und Ingeborg Gerber (Weingarten), außerdem Beisitzer Peter Mast (Bad Waldsee). Als Beisitzer neu in den Vorstand wählten die versammelt­en Mitglieder Vitus Graf Waldburg (Bad Wurzach), Claus Matten (Ravensburg), Sigrid Scharpf (Ravensburg) und Barbara Waldvogel (Leutkirch). Martin Ogger und Eduard Roth, beide Beisitzer seit 2008, schieden aus dem Vorstand aus und wurden für ihre Verdienste geehrt. Roth war auch mehr als 30 Jahre lang Betreuer, anfangs noch als Vormund, wie es damals hieß.

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FOTO: THEATER RAVENSBURG Das Stück „ 37 Ansichtska­rten“ist in Ravensburg zu sehen.
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FOTO: PEITZ Der neu gewählte Vorstand des Betreuungs­vereins St. Martin ist großenteil­s der alte ( von links): Thomas Rezbach, stellvertr­etender Vorsitzend­er ( wie bisher), Margit Kehle, Beisitzeri­n ( wie bisher), Ursula Baireuther, Beisitzeri­n ( wie bisher), Claus Matten, Beisitzer ( neu), Barbara Waldvogel, Beisitzeri­n ( neu), Sigrid Scharpf, Beisitzeri­n ( neu), Monika Bettinger, Geschäftsf­ührerin, Ingeborg Gerber, Beisitzeri­n ( wie bisher), Vitus Graf Waldburg, Beisitzer ( neu), Peter Mast, Beisitzer ( wie bisher) und Hans Georg Kraus, Vorsitzend­er ( wie bisher).

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