Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Politik braucht langen Atem
Viele Themen beschäftigen die Ravensburger Stadträte seit Jahren
Viele Themen beschäftigen die Ravensburger Stadträte seit Jahren.
RAVENSBURG - Politiker versprechen vor der Wahl das Blaue vom Himmel, und nach dem Urnengang halten sie davon nichts. Dieses tumbe Klischee hält sich nicht nur hartnäckig am sprichwörtlichen Stammtisch. Den Ravensburger Stadträten kann man diesen Vorwurf allerdings in keiner Weise machen.
Vergleicht man die Aussagen vor der Kommunalwahlen 2014 mit denen vor der Wahl am 26. Mai, so sind vor allem zwei Tatsachen festzuhalten. Erstens: In vielen Punkten liegen die verschiedenen Listen in ihren Vorstellungen gar nicht so weit auseinander. Zweitens: Vor den Wahlen äußern die Kandidaten vor allem Absichtserklärungen und Wünsche, die häufig auch noch sehr allgemein gefasst sind.
Der Vergleich mit 2014 zeigt aber, dass man in der Politik auch vor Ort einen langen Atem braucht. Denn viele Themen stehen nach wie vor auf der Agenda. Zum Beispiel der Dauerläufer bezahlbarer Wohnraum. Bereits vor fünf Jahren sagte etwa die SPD, sie wolle versuchen, einen Teil der rund 800 leer stehenden Wohnungen in Ravensburg wieder auf den Markt zu bringen. Gelungen ist das bisher so gut wie gar nicht. Auch die Forderung der Bürger für Ravensburg 2014, die Stadt solle leer stehende Wohnungen anmieten und so den Eigentümern Sicherheit gewähren, ließ sich nicht im großen Stil umsetzen. Dieses Beispiel zeigt, wie wenig Politik ausrichten kann, wenn der Markt und die Bürger einfach nicht mitziehen.
Immerhin ist mit dem „Bündnis für bezahlbaren Wohnraum“, 2016 unterzeichnet, ein erster Schritt unternommen worden, der von 2020 an auf dem Markt greifen wird. Und die Stadt plant mit dem neuen Gemeinderat die Gründung eines Eigenbetriebs Städtisches Wohnen, um wieder in den Sozialwohnungsbau einzusteigen. Es ist also nicht so, dass gar nichts bewegt werden konnte in den vergangenen fünf Jahren. Aber eben nur in langsamen, kleinen Schritten.
Ein großes Thema in der Lokalpolitik war und ist die Verkehrsbelastung Ravensburgs, einhergehend mit Lärm und Auswirkungen auf Luft und Klima. Eine wirkliche Verkehrsberuhigung hat es für die Oberstadt trotz kleinerer Korrekturen bisher nicht gegeben, der Wunsch der Grünen nach einer Tempo-7-Zone für den Altstadtbereich verhallte. Etwas weitergekommen ist das Stadtparlament hingegen mit der Einführung des Ein-Euro-Tickets, was das Bus fahren deutlich attraktiver macht. Auch über Kurzstreckentickets und selbstfahrende Kleinbusse wird inzwischen nachgedacht. Und an der Verbesserung der Radwege gearbeitet, einem Netz, das noch viele kleinere und größere Löcher hat. Das Ansinnen der Bürger für Ravensburg dagegen, Bus fahren kostenlos zu machen, war nicht realisierbar.
Polizeipräsenz erhöht
Auch beim Dauerbrenner Sicherheit konnte etwas erreicht werden; die Polizeipräsenz wurde im vergangenen Jahr deutlich erhöht, wenn auch nur zu einem kleinen Teil in Form der von mehreren Listen 2014 geforderten Fußstreifen. Die Bemühungen der CDU hingegen, auf einzelnen öffentlichen Plätzen Alkoholverbote zu erlassen, blieb ohne Erfolg.
Wenn die Listen mit ihren Projekten scheiterten, dann nicht, weil sie sich nicht an ihre Abischtserklärungen von vor der Wahl erinnerten. Mal fehlte die erforderliche Mehrheit, mal das Geld. Oder rechtliche Vorgaben ließen schöne Ideen in der Schublade verschwinden.
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