Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
„Wenn anders sein normal ist“
Martinusschule und Grundschule St. Konrad feiern 25 Jahre Inklusion
RAVENSBURG (habu) - Die Martinusschule Ravensburg und die Grundschule am Bildungszentrum St. Konrad haben das 25-jährige Bestehen einer gemeinschaftlichen Außenklasse gefeiert. Um das Jubiläum zu würdigen, hatten die Schulen Vertreter der Stadt und der verschiedenen Ämter sowie ehemalige Schulleiter, Schüler und Eltern eingeladen. Für musikalische Unterhaltung sorgte die Außenklasse 4a zusammen mit der Schulband der Werkrealschule St. Konrad sowie die Ravensburger Singer-Songwriterin Charlotte „Lotte“Rezbach. Lotte war selbst Schülerin einer der ersten Außenklassen. Für diese vier Jahre sei sie dankbar, erzählt sie vor ihrem Auftritt.
Über die Anfänge berichtet Dorothee Sommer, ehemalige Lehrerin der ersten Außenklasse. Als Wolfgang Luckscheiter, erster Rektor der Martinusschule, mit der Idee einer Inklusionsklasse an die Nachbarschule St. Konrad trat, meldeten sich zunächst nur zwei Lehrer, die sich vorstellen konnten eine solche Klasse zu betreuen, erinnert sie sich. Doch nach sorgfältiger Planung wurde 1994 die erste Außenklasse mit 26 Schülern der Grundschule St. Konrad und sechs Schülern der Matinusschule ins Leben gerufen. „Wir haben in einem winzig kleinen Klassenraum begonnen“, erzählt Dorothee Sommer.
Inzwischen stehen der Klasse zwei verbundene Räume zur Verfügung, so Michael Gauder und Regina Wiedenmann, Lehrer der Außenklasse 4a. Dort werden die Schüler vor allem in den ersten beiden Jahren großteils zusammen unterrichtet. Später richtet es sich nach den Kindern, in welchem Umfang die gemeinsamen Stunden gestaltet werden, erzählt Regina Wiedenmann.
Derzeit besteht die Außenklasse aus 27 Schülern der Grundschule St. Konrad und fünf Schülern der Martinusschule. Betreut werden die Kinder von einem Klassenteam, das sich aus einem Grundschullehrer und einer Sonderpädagogin zusammensetzt. Weiterhin wird das Team an mehreren Tagen durch eine zusätzliche Lehrkraft der Martinusschule sowie einen FSJler verstärkt.
Gemeinsames Leben und Lernen
Dass sie als Schulen einen geschützten Rahmen bieten können, darauf sind Gerke Theiß, Schulleiterin der Martinusschule und Christa Wachter, Schulleiterin der Grund- und Werkrealschule St. Konrad besonders stolz. „Für uns steht die Idee des gemeinsamen Lebens und Lernens im Mittelpunkt“, so Theiß. In ihren jeweiligen Reden loben der Landtagsabgeordnete August Schuler und Karlheinz Beck, Schulamtsleiter der Stadt, die 25 Jahre der erfolgreich gelebten Inklusion. Jörg Urbaniak, Leiter des Sozial- und Inklusionsamtes im Kreis, stimmt seinen Vorrednern zu. Für ihn heißt Inklusion, wenn anders sein normal ist.
Auch für Franz Ehrat, Vorsitzender des Trägervereins katholisches Schulwerk, geht das Konzept der Außenklasse auf: „Es ist toll zu sehen, was aus ehemaligen Schülern werden kann.“Roman Mangold, Schulamtsdirektor am Bischöflichen Stiftungsschulamt hofft, dass die Kooperation weiter ausgebaut werden kann. In seiner Rede sah er es als Ziel, dass zukünftig jedes Jahr fünf Kinder die Chance auf einen Platz in einer Außenklasse bekommen. Derzeit bieten die Schulen alle vier Jahre eine neue Außenklasse an.
Nach den offiziellen Reden hatten die Eltern ehemaliger Schüler ebenfalls die Möglichkeit, ihre Erfahrungen zu teilen. „Am Anfang hatte ich Angst, dass meine Kinder nicht genug gefördert werden. Doch diese Angst war unbegründet“und „Statt dem ich kam ein wir“, lauteten Statements. Und: „Die Kinder durften sein wie sie sind und der Umgang miteinander wurde zur Normalität.“
Die Schulleiterinnen sehen das Jubiläum als Erfolg. „Wir wünschen uns, dass es so weiter geht. Dass vieles so bleibt, aber auch, dass es neue Wege gibt“, so Gerke Theiß.