Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Horgenzell bekommt rote Bücher-Telefonzel­le im englischen Stil

Leseratten haben vor dem Rathaus Tag und Nacht Zugriff auf Literatur

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HORGENZELL (elo) - Die Gemeinde Horgenzell ist um eine Attraktion reicher: Vor dem Rathaus steht jetzt eine rote Telefonzel­le, gefüllt mit Büchern. Wer Lust auf Literatur hat, kann Tag und Nacht darauf zugreifen. Und wer etwas Schönes gelesen hat und das Buch weitergebe­n möchte, kann es für andere Leser in die Telefonzel­le stellen. Die Neuerung ist ein Projekt des Katholisch­en Frauenbund­es Horgenzell-Wilhelmski­rch.

„Ich war schon lange scharf auf so eine alte Telefonzel­le als Tag-undNacht-Bücherei“, sagt Carmen Zauner. Die Vorsitzend­e des Frauenbund­es hat sich intensiv über öffentlich­e Bücherschr­änke und Bücherkist­en in anderen Gemeinden informiert. Für die Sprach-Dozentin musste es eine Telefonzel­le sein, möglichst eine alte Englische. Im Gebrauchtw­arenhandel im Internet hat sie dann eine gelbe deutsche Telefonzel­le entdeckt. Den Kaufpreis von 200 Euro hat die Gemeinde übernommen. Frauenbund­mitglied Uschi Deifel und ihr Mann Erwin haben das gute Stück in Kempten abgeholt. Auf ihrem Hof in Nehmetswei­ler haben die beiden die alte Telefonzel­le komplett zerlegt, restaurier­t und Regale eingebaut. Für die rote Farbe hat Frauenbund­mitglied Gerda Müller gesorgt. Deren Mann Heinz ist Inhaber eines Malerund Lackierbet­riebs, hat die Farbe gespendet und die Telefonzel­le eigenhändi­g lackiert. Dabei hat er genau das klassische London-Rot der britischen Telefonzel­len getroffen, so Frauenbund­vorsitzend­e Zauner.

Wer die Telefonzel­le sieht, denkt auch gleich an Horgenzell: Das London-Rot ist offenbar identisch mit dem roten Farbton in den Horgenzell­er Gemeindefa­rben Weiß-Rot. Kürzlich haben Mitarbeite­r des Bauhofs die neue Bücher-Telefonzel­le abgeholt und vor dem Rathaus aufgebaut – mit solidem Kiesfundam­ent und gepflaster­tem Boden. Leer darf die neue Tag-und-Nacht-Telefonzel­len-Bücherei natürlich nicht an den Start gehen: Die Horgenzell­er Gemeindebü­cherei hat aktuelle Bücher gespendet. Und die Frauenbund­vorsitzend­e hat eine Reihe fremdsprac­higer Bücher beigesteue­rt.

Internatio­nale Abteilung

„Wir starten mit englischen, französisc­hen und spanischen Büchern“, sagt Zauner und weist auf das oberste Regalbrett. Es ist für die internatio­nale Abteilung reserviert. Darunter kommen Romane, weiter unten Thriller und Historisch­es. Auf den untersten Regalbrett­ern warten Kinderund Jugendbüch­er sowie Kochbücher auf Lesefreund­e. Alles ist ordentlich beschrifte­t. „Sammelsuri­um und Durcheinan­der gibt’s bei mir nicht“, sagt die Vorsitzend­e des Frauenbund­s. „Und wir wollen auch nicht, dass die Leute hier ihre alten Bücher abladen, weil sie es nicht übers Herz bringen, sie wegzuschme­ißen.“Zauner hat sich vorgenomme­n, die neue Telefonzel­lenBüchere­i künftig intensiv zu betreuen. Sie wohnt nur 250 Meter entfernt. „Wir freuen uns, wenn begeistert­e Leser schöne Bücher beisteuern, die ihnen gefallen haben“, sagt sie.

Den Frauen vom Katholisch­en Frauenbund Horgenzell-Wilhelmski­rch schwebt vor, dass der neue öffentlich­e Bücherschr­ank zum Begegnungs­ort vor dem Rathaus wird. Und der Tausch von Büchern soll zugleich wertvolle Ressourcen schonen. Das Angebot kommt offenbar gut an: Bereits in den ersten Minuten nach dem Aufstellen der neuen Bücher-Telefonzel­le haben Lesefreund­e die ersten Bücher entnommen.

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FOTO: ELKE OBERLÄNDER Freude über die neue Attraktion in Horgenzell.

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