Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Kupferdiebe zu Haftstrafen verurteilt
Taten sorgten 2018 im Allgäu für Aufsehen – Jetzt ergingen in Wangen die ersten Urteile
WANGEN/ISNY/ARGENBÜHL - Eine ganze Reihe von Kupferdiebstählen sorgte 2018 in der Region für Aufsehen. Betroffen waren die evangelische Stadtkirche in Wangen und die dortige Musikschule im GEG-Gebäude sowie das Krankenhaus und die Grundschule in Eglofs, in Isny – gleich zweimal – das Stephanuswerk und das ehemalige städtische Trinkwasserreservoir am Waldbad. Jetzt standen die mutmaßlichen Täter wegen insgesamt elf derartiger Delikte vor dem Wangener Schöffengericht: Zwei von ihnen wurden zu Haftstrafen ohne Bewährung verurteilt, ein weiterer erschien nicht zum Prozess.
Ausgestattet mit dem notwendigen Werkzeug und einem eigenen Auto waren die drei Männer aus dem Raum Wangen insgesamt elfmal und – nach eigenen Aussagen – spontan losgefahren, um an verschiedenen Orten Kupfer zu stehlen. Der erbeutete Materialwert belief sich auf rund 20 000 Euro. Der Sachschaden, den sie bei ihren Raubzügen anrichteten, war deutlich höher.
Meist machten sich die Männer an öffentlichen Einrichtungen zu schaffen: Am Isnyer Trinkwasserreservoir montierten sie mehr als 50 Quadratmeter Kupferdach ab. Im Juni 2018 stahlen sie in Wangen Regenfallrohre vom GEG-Gebäude und der evangelischen Stadtkirche. Allein anhand dieser beiden Fälle wurde vor Gericht deutlich, dass die von ihnen angerichteten Schäden den eigentlichen Wert des Diebesguts übertraf.
In flagranti festgenommen
So belief sich der Schaden allein im Stephanuswerk nach Einschätzung von Verantwortlichen vom Material über die Reparaturkosten bis auf einen mittleren fünfstelligen Betrag. Die Wangener Polizei schätzte den Materialschaden beim GEG-Gebäude auf etwa 150, bei der Kirche auf 600 Euro. Die Reparaturkosten an der Kirche bezifferte Pfarrer Martin Sauer auf rund 4500 Euro. Hinzu gekommen seien die Kosten für Untersuchung und Instandsetzung des Blitzableiters, der beim Abmontieren eines Regenfallrohrs ebenfalls beschädigt wurde.
Ertappt wurden die Männer schließlich im Juli 2018 in Isny, als sie am alten Hochbehälter am Waldbad das Kupferdach demontierten. Ein Gast des benachbarten Campingplatzes alarmierte nachts die Polizei, die die Diebe im Felderholz „in flagranti“festnehmen konnte.
Die drei Männer sind in Serbien geboren. Einer der beiden beim Prozess im Gerichtssaal anwesenden wurde aus der Justizvollzugsanstalt Ravensburg vorgeführt. In Hinzistobel sitzt er derzeit eine Strafe von insgesamt einem halben Jahr Haft ab, da er ohne Führerschein am Steuer gesessen und in einem Fall den Straßenverkehr schwer gefährdet hatte.
Der Vater mehrerer Kinder bekundete über eine Dolmetscherin: Er habe nie eine Schule besucht und könne weder lesen noch schreiben. Seine Familie sei bereits wieder nach Serbien abgeschoben worden. Auch der Häftling wird nach Verbüßen seiner Strafen wieder dorthin zurückkehren. Der Mann erklärte, die Taten nie geplant zu haben. Die Idee, Kupfer zu stehlen, sei von jenem Dritten gekommen, der nicht zum Prozess erschienen war. Bei einer von Alkohol geschwängerten Zusammenkunft habe dieser von der illegalen Einnahmequelle erzählt. Und da alle gut Geld gebrauchen konnten, hätten sie mitgemacht.
Gemäß seiner Schilderung sah die Rollenverteilung so aus: Der führerscheinlose Mann fuhr zu den Tatorten, mit der Beute ging es anschließend schnell zu Schrotthändlern, um das Kupfer zu versilbern. Dort habe stets der jetzt nicht anwesende dritte Mann die Geschäfte im Büro abgewickelt. Dieser habe demnach das meiste Geld für sich behalten, die beiden im Gerichtssaal anwesenden Angeklagten bekamen zwischen 150 und 350 Euro – manchmal etwas weniger, jedoch nie mehr.
Der Familienvater bekannte sich in allen elf Diebstahlfällen schuldig und gab auch zu, das Auto ohne Fahrerlaubnis gefahren zu haben. Zudem beteuerte er bitterlich Reue. Der zweite, jüngere Angeklagte konnte sich vor dem Amtsrichter lediglich an höchstens sieben Fahrten zu den Tatorten erinnern. Davon jedoch waren weder Richter noch Staatsanwalt eindeutig überzeugt. Denn schon im Vorfeld war vom älteren Beschuldigten erklärt worden, dass das Trio stets gemeinsam handelte.
Taten spontan begangen
Belastend kam für den jungen Mann hinzu, dass er schon in der Vergangenheit wegen Diebstahls strafrechtlich in Erscheinung getreten war. Gleichwohl zeigte auch er sich reumütig und bat um eine Geldstrafe. Richter und Staatsanwalt hielten den beiden Anwesenden zugute, dass die Taten nicht vorsätzlich, sondern spontan begangen wurden. Daher könne man nicht von einer Bande im Rechtssinn sprechen. Allerdings handele es sich um gewerbsmäßigen Diebstahl, so die Einschätzung.
Das Urteil bedeutet für den älteren der beiden Männer weitere drei Jahre Haft ohne Bewährung und eine Geldstrafe von 300 Euro wegen unerlaubten Fahrens. Sein jüngerer Landsmann wurde zu zwei Jahren und sechs Monaten Haftstrafe ohne Bewährung verurteilt. Gegen den dritten Mann wurde Haftbefehl erlassen, da er ordnungsgemäß zur Verhandlung geladen wurde, jedoch unentschuldigt fern geblieben ist.