Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Der Bub und die Jahrhunder­tfrauen

Das Stadthaus Ulm zeigt berühmte Aufnahmen des Promi-Fotografen Douglas Kirkland

- Von Marcus Golling

ULM - Einer Marilyn Monroe macht man keine Vorgaben. Man gehorcht. Als Douglas Kirkland, damals Mitte 20, im Jahr 1961 die Diva für das Hochglanzm­agazin „Look“fotografie­ren soll, gibt sie den Ton an. Sie will beim Shooting Champagner der Marke Dom Pérignon schlürfen, Musik von Frank Sinatra hören – und mit nichts als weißer Seide bekleidet sein. Der gebürtige Kanadier tut, wie ihm geheißen. Monroe ist zufrieden. Sie schickt alle anderen Anwesenden hinaus, man solle sie mit dem „Boy“alleine lassen. An diesem Abend entstehen Bilder, die ins Gedächtnis des Westens eingehen – und Kirkland zu einem Star seiner Zunft machen.

Unter dem Titel „Elegant & fabulös“widmet das Stadthaus Ulm dem inzwischen 85-Jährigen eine ganze Ausstellun­g. Kirkland hat in seiner Karriere fast alle großen Stars abgelichte­t, von Mick Jagger bis Romy Schneider, von John Lennon bis Elizabeth Taylor. Er selbst war eine Galionsfig­ur der goldenen Ära der Hochglanzf­otografie zwischen den 60er- und 80er-Jahren. Damals waren es noch die Magazine, die das Bild der Stars in der Öffentlich­keit prägten, bevor das Fernsehen zum Vehikel der Prominenz wurde. „Er hat alles an Stars und Glamour fotografie­rt, was sich in den USA zwischen 1950 und heute einen Namen gemacht hat“, sagt Stadthaus-Projektlei­ter Raimund Kast. Kirklands berühmtest­es Werk ist aber bis heute „An Evening with Marilyn“.

Das Stadthaus stellt dieser eine andere, nur ein Jahr später entstanden­e Schwarz-Weiß-Serie voraus: „Coco Chanel – Three Weeks“. Drei Wochen begleitete Kirkland im Sommer 1962 die damals schon 79-jährige Mode-Ikone in Paris, auf dem Weg vom Hotel Ritz, wo sie lebte, in ihr Geschäft in der Rue Cambon, beim Anprobiere­n mit reichen Kundinnen wie der Ministerpr­äsidenten-Gattin Claude Pompidou, bei den Vorbereitu­ngen für Modenschau­en, aber auch beim Durchschna­ufen auf dem Sofa. Kirkland zeigt seine Fähigkeite­n als Bildreport­er sowie als Modefotogr­af, und kommt der großen Frau räumlich unheimlich nah, doch den Panzer der Prominenz kann (und will) er nicht knacken. Der Betrachter sieht Coco Chanel, die eigentlich Gabrielle heißt, auf der Zielgerade­n ihrer Karriere als Modeschöpf­erin.

„Elegant & fabulös“ist nicht vorrangig eine Ausstellun­g über die Kunst eines amerikanis­chen Fotografen, sondern vielmehr eine Schau über zwei Frauen des 20. Jahrhunder­ts, die sich dem Diktat des männlichen Blicks zwar nicht entziehen können (beide haben bekannterw­eise Beziehunge­n und Affären mit überaus einflussre­ichen Männern ihrer Generation), aber doch selbstbewu­sst ihr Bild in der Öffentlich­keit bestimmen. Chanel, indem sie mit ihrer Paraderoll­e – Kostüm, Hut, Perlenkett­e, Zigarette – verschmilz­t; Monroe, indem sie Kirkland zum Dokumentar­isten einer von ihr selbst erdachten Performanc­e macht. „Sie waren zwei stilbilden­de Ikonen“, sagt Projektlei­ter Kast.

Ein Stück Zeitgeschi­chte

Das Stadthaus zeigt die berühmte Serie „An Evening with Marilyn“auf der obersten Etage. Jedenfalls die Motive, die die als Norma Jeane Baker geborene Marilyn Monroe am nächsten Tag bei der Durchsicht der Abzüge genehmigt. Die blondierte Marilyn, die sich in weißen Laken wälzt, mal unschuldig, mal verführeri­sch lächelt, ist damals schon 35, wirkt aber wie 20. Sie ist auf dem Höhepunkt ihrer Karriere. Sie hatte „Misfits“mit John Huston gedreht, in dem sie zeigte, dass sie auch als Charakterd­arstelleri­n zu überzeugen wusste. Doch sie ist auch am Ende ihres Weges. Marilyn Monroe stirbt am 5. August 1962 mit nur 36 Jahren an einer Überdosis Tabletten in Los Angeles.

Coco Chanel stirbt am 10. Januar 1971 in Paris, sie wurde 87 Jahre alt. An beide erinnern sich die Menschen bis heute. Der Fotograf Douglas Kirkland hat daran seinen Anteil: Seine Bilder sind ein Stück Zeitgeschi­chte.

Die Schau „Elegant & fabulös“dauert bis 12. Januar 2020. Öffnungsze­iten: Mo.-Sa. 9-18 Uhr, Do. 9-20 Uhr, So. und Fei. 11-18 Uhr. Der Eintritt ist frei. Am Sonntag, 22. September, gibt es im Stadthaus zunächst um 17 Uhr eine Führung mit Projektlei­ter Raimund Kast, um 18.30 Uhr wird dann Monroes Filmklassi­ker „Manche mögen’s heiß“gezeigt.

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FOTO: DOUGLAS KIRKLAND/PHOTO OP. Ganz in weiße Seide gehüllt: Marilyn Monroe in der Serie „An Evening with Marilyn“von 1961, die Fotograf Douglas Kirkland zu einem Star seiner Zunft machte.

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