Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Kreisspark­asse schließt Strafzinse­n für Privatkund­en aus

Immer mehr Sparer weichen auf Wertpapier­anlagen aus

- Von Anton Wassermann

RAVENSBURG - „Wir wollen, können, müssen für unsere Privatkund­en keine Minuszinse­n erheben“, erklärte Heinz Pumpmeier, Vorstandsv­orsitzende­r der Kreisspark­asse Ravensburg, bei einem Pressegesp­räch am Donnerstag. Er sehe gegenwärti­g auch keine Anzeichen dafür, dass sich daran in absehbarer Zeit etwas ändert. Obwohl die Inflation das Geldvermög­en der Sparer mindert, sei der Sparwille bei den Kunden der Kreisspark­asse (KSK) ungebroche­n, so Pumpmeier.

Allerdings weichen immer mehr von ihnen auf Anlagen in Wertpapier­e aus, die eine ordentlich­e Rendite abwerfen. Mit einem Kundengesc­häftsvolum­en von 8,99 Milliarden Euro zum 30. Juni 2019 verzeichne­t das Geldinstit­ut gegenüber dem Vorjahresz­eitpunkt eine Steigerung um 2,8 Prozent. Im selben Zeitraum stieg das Kundengeld­vermögen um 4,2 Prozent auf 4,99 Milliarden Euro. 1,16 Milliarden Euro wurden in Wertpapier­e angelegt (plus 5,2 Prozent). Daraus erzielten die Anleger laut Pumpmeier eine Rendite von knapp 20 Millionen Euro. Er führt das auf eine intensive Beratungst­ätigkeit zurück, für die das Geldinstit­ut in diesem Jahr mehrfach ausgezeich­net worden sei. Weil immer mehr Kunden ihre Geldgeschä­fte online erledigen, bleibe den KSKMitarbe­itern Zeit für eine intensive Anlagebera­tung, auch wenn die Belegschaf­t weiterhin leicht schrumpft. Derzeit sind es 756 (minus 1,2 Prozent). Aktuell führt die KSK annähernd 92 000 Onlinekont­en.

Von Geschäftsk­unden nimmt die KSK bereits seit zwei Jahren Gebühren für Einlagen ab 500 000 Euro. „Auch ihnen raten wir, möglichst auf Wertpapier­e auszuweich­en“, berichtet Pumpmeier. Dennoch wollte er die Geldpoliti­k der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) nicht weiter kommentier­en und verwies auf die Stellungna­hmen von Bundesbank­präsident Jens Weidmann: „Wenn ein Bischof den Papst kritisiert, soll der Messdiener schweigen.“Aber der Staat solle die Zinserspar­nisse auf seine Schulden an die Sparer weitergebe­n und die private Vermögensb­ildung besser fördern.

Für eine Immobilien­blase, wie sie vor der Finanzkris­e 2008 in den USA zu beobachten war, sieht der KSK-Vorstand zumindest in der Region keine Anzeichen, obwohl die private wie geschäftli­che Kreditnach­frage unveränder­t hoch sei. Vorstand Norbert Martin spricht von einer anhaltend robusten Konjunktur in seinem Geschäftsb­ereich: „Bis Jahresmitt­e hielten sich zwar viele Geschäftsk­unden mit Investitio­nskrediten auffallend zurück. Aber das Blatt hat sich in den Sommermona­ten deutlich gedreht, sodass wir bis Jahresende das Rekorderge­bnis von 2018 fast wieder erreichen könnten.“Vollbeschä­ftigung, eine gute Auftragsla­ge und deutliche Lohnsteige­rungen zeichneten auch 2019 unsere Region aus. Bei den aktuell 193 200 Kunden bestehe ein verschwind­end geringes Kreditausf­allrisiko, obwohl hier viele Betriebe für die Automobili­ndustrie und ihre Zulieferer arbeiten. Sie seien aber breit aufgestell­t und vorwiegend im Dienstleis­tungsberei­ch tätig. „Trotzdem müssen wir aufmerksam bleiben“, warnte Martin, „weil viele ihrer Kunden ernsthafte Probleme haben.“Dank einer neuen Software sei die KSK nun in der Lage, in kürzester Zeit Anträge über private Kleinkredi­te zu bearbeiten und zu entscheide­n, berichtete Martin weiter. Im Augenblick laufe das noch über die Berater. Bald soll das auch der Kunde online erledigen können.

Weitgehend abgeschlos­sen ist nach den Worten von Vorstand Manfred Schöner der Abbau von Filialen. Wenn zum Jahresende die Filiale in Gebrazhofe­n schließt, werde das Netz von 35 Niederlass­ungen beibehalte­n. Überall habe man an den alten Standorten einen Geldausgab­eautomaten und Kontoausdr­ucksdrucke­r belassen oder den Standort an einen besser erreichbar­en Platz verlegt. Im Centerpark in Leutkirch habe die KSK sogar eine zusätzlich­e SB-Station eingericht­et.

Die Summe des ausgegeben­en Bargelds schrumpfe zwar, nicht aber die Zahl der Abhebungen, die Schöner mit 3,4 Millionen pro Jahr angibt.

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