Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Tristesse auf den Parkplätzen der Republik
Wer Erkenntnisse über den Zustand unserer Welt gewinnen will, muss nicht unbedingt Nachrichten lesen. Vielleicht genügt schon ein Blick auf die Parkplätze unserer Republik. Nicht nur, dass der persönliche Selbstwert offenbar unmittelbar abhängig von der Schwere unseres Personenkraftwagens zu sein scheint – Schwellenwert für Glücksgefühle augenblicklich ab etwa zwei Tonnen.
Unsere Vehikel haben auch deutlich an Farbe verloren. So jedenfalls legen es die Zahlen des Fachblatts „Fuhrpark & Management“nahe, die für 2018 erhoben wurden. Mit einer tatsächlich deprimierend farblosen Quote von 75 Prozent entscheiden sich deutsche Autokäufer für die Schattierungen grau-silber, schwarz und weiß. In genau dieser Reihenfolge, wobei grau-silber mit 29,5 Prozent an der tristen Spitze liegt. Den Grund geben die Automobilexperten mit dem Wiederverkaufswert an. Da gilt nämlich die Faustregel: Je langweiliger die Fahrzeugfarbe, um so üppiger die Euros.
Wie die Welt sich in den vergangenen 40 Jahren diesbezüglich geändert hat, offenbart die Statistik des Kraftfahrtbundesamtes: 1979 lag grün mit 19,1 Prozent vor rot mit 17,8Prozent. Danach kam gelb mit 17,1 Prozent und blau mit 10,5. Die Leute haben auf den Wiederverkaufswert gepfiffen, weil eh jeder sein Auto gefahren ist, bis es auseinanderfiel. Der Mensch kannte die chemische Verbindung CO2 noch nicht, und fünfköpfige Familien fuhren mit ihrem VW-Käfer nach Italien. Der Sprit kostete 95 Pfennig und die Schattierung grau-silber war noch nicht einmal erfunden.