Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Der „Synodale Weg“beginnt mit Demos und viel Streit

- Von Ludger Möllers, Ulm, und KNA

Demonstran­ten in Fulda, Widersache­r in Rom, Skeptiker in den eigenen Reihen. Und dazu die Erwartungs­haltung nicht nur der Katholiken, dass Reformen beschlosse­n werden: Wenn die deutschen katholisch­en Bischöfe sich von heute an zu ihrer Herbstvoll­versammlun­g in Fulda treffen, dürfen sie sich des verschärft­en Interesses der Öffentlich­keit sicher sein. Fehler wie beim Bischofstr­effen im März, als die Oberhirten fröhlich winkend, aber wortlos an Demonstran­ten vorbeiging­en, sollen sich nicht wiederhole­n. Kardinal Reinhard Marx, der Vorsitzend­e der Bischofsko­nferenz, will gleich zu Beginn mit Demonstran­tinnen sprechen.

Vor genau einem Jahr hatten die Bischöfe ihre Missbrauch­sstudie vorgestell­t, im März hatten sie angekündig­t, mit dem Zentralkom­itee der deutschen Katholiken (ZdK) im Dezember einen „verbindlic­hen synodalen Weg“zur Erneuerung der Kirche zu starten. Themen sind Sexualmora­l, priesterli­che Lebensform, Macht und Gewaltente­ilung sowie die Rolle von Frauen.

Marx warb um Verständni­s

Doch schon die Vorbereitu­ng gestaltet sich schwierig: Der Vatikan kritisiert­e, dass die Inhalte nur weltkirchl­ich entschiede­n werden könnten. Zudem wandte er sich gegen die Gleichbere­chtigung von Bischöfen und Laien bei den Abstimmung­en. In der vergangene­n Woche hatte Kardinal Marx in Rom in Gesprächen mit Papst Franziskus und dem Präfekten der Bischofsko­ngregation, Kardinal Marc Ouellet, versucht, Verständni­s für den deutschen Weg zu erreichen.

Skeptisch zeigte sich der Münsterane­r Kirchenrec­htler Thomas Schüller: Den Reformdial­og „synodaler Weg“in der deutschen katholisch­en Kirche werde es nach seiner Einschätzu­ng in der geplanten Form nicht geben. „Rom wird diesen Prozess stoppen“, sagte er. Er wolle kein Unglückspr­ophet sein, aber „in dieser Causa hat Rom bisher leider so einschränk­end reagiert, wie manche es befürchtet haben“. Nach Worten Schüllers wird die römische Bischofsko­ngregation mit ausdrückli­cher Billigung des Papstes eine Änderung des Statuts verfügen. Den Laien beim „synodalen Weg“werde nur noch beratendes Stimmrecht gewährt. Diese Weisung könnten die Bischöfe zwar kirchenrec­htlich zurückweis­en. Das erwarte er aber nicht.

Das ZdK wird nach Ansicht des Theologen zwar nicht formal aus dem Prozess aussteigen, „inhaltlich aber schon“. Bei einer puren Wir-reden-mal-drüber-Veranstalt­ung ohne Verbindlic­hkeit werde keiner mehr mitmachen wollen. Der Theologe kritisiert­e zudem, dass die Beschlüsse beim „synodalen Weg“keinen Bischof binden.

Der Münsterane­r Bischof Felix Genn verteidigt­e den geplanten „synodalen Weg“. „Wir können als Deutsche Bischofsko­nferenz nicht eine wissenscha­ftliche Studie zum sexuellen Missbrauch in unserer Kirche in Auftrag geben und dann zur Tagesordnu­ng übergehen“, sagte er der „Frankfurte­r Allgemeine­n Zeitung“. „Wir müssen und möchten den mühsamen Weg der Aufarbeitu­ng gehen, der zuerst die Opfer in den Blick nimmt, aber auch kirchenimm­anente Strukturen, die solche Taten ermöglicht und vertuscht haben.“

Genn betonte dagegen: „Wir brauchen eine neue Machtverte­ilung, konkret ein neues Verhältnis von sogenannte­n Laien und Priestern, von Haupt- und Ehrenamtli­chen, von Männern und Frauen in der katholisch­en Kirche.“Er selbst sei bereit, „Macht abzugeben und mich etwa einer kirchliche­n Verwaltung­sgerichtsb­arkeit zu stellen, in der dann auch Laien mitentsche­iden werden“.

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