Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Das Thema Flucht steht im Mittelpunkt
Hans Meinert, ein ungewöhnlich vielseitiger Maler und Zeichner, stellt in Baienfurt aus
BAIENFURT - Hans Meinert ist ein populärer Künstler. Immer schon stand das Bild des Menschen im Mittelpunkt seines ungewöhnlich vielseitigen Schaffens. Man sieht, was man zu kennen glaubt. Das ist „Gebrauchskunst“im besten Wortsinn. Im Baienfurter Rathaus-Foyer zeigt der 80-jährige Maler und Zeichner, der in Weingarten wohnt, bis 18.Oktober eine umfangreiche Auswahl aus seinem Werk.
Bürgermeister Günter A. Binder, der bei der Vernissage am Freitag um die 60 Kunstinteressierte begrüßen konnte, wies in seiner Rede darauf hin, dass Kunst zugleich Handwerk sei. In der Tat beherrscht Hans Meinert zahlreiche Techniken perfekt – von der Zeichnung bis zur Ölmalerei und zur Collage. Abgesehen von einem künstlerischen Fernstudium ist Meinert Autodidakt. Dass er den Beruf des Dekorateurs gelernt und auch als Grafiker gearbeitet hat, sieht man an vielen seiner Arbeiten. „Ich male schon immer“, sagt der Künstler, der aus Bochum im Ruhrgebiet stammt, 1964 nach Ravensburg kam und seit 1990 in Weingarten lebt. Er hat viele Ausstellungen bestritten, darunter allein sechs in der Weingartener Kirche St. Maria.
Eine seiner gewiss schönsten Arbeiten, sechs schmale Tafelbilder mit dem Thema „Zum Licht“, die sich sonst im Gemeindehaus St. Maria befinden, hängen nun als Leihgabe an der breiten Betonwand hinter dem Wasser- becken im Foyer des Baienfurter Rathauses. Eindrucksvolle Bilder in blau-grüner kristalliner Farbigkeit. Wobei deutlich wird, wie stark Hans Meinerts Kunst vom Kubismus beeinflusst ist, jenem einst revolutionären Stil, der auf geometrischen Bildelementen basiert. Kein Wunder, dass Meinert, nach seinen Vorbildern befragt, zuerst Pablo Picasso nennt. Mehrfach kommt er dessen Werk ganz nah. Zum Beispiel bei dem kleinen Bild „Traumtanz“. Auf den runden Lampen im Wasserbassin thronen vier schöne Arbeiten zum Thema Jahreszeiten, die der Künstler eigens für die Baienfurter Werkschau geschaffen hat.
„Flucht zum Licht“heißt das Motto der Ausstellung. Zwölf grafische Blätter zum aktuellen Thema Flucht stehen dabei im Mittelpunkt. Diese Arbeiten mit Titeln wie Flüchtlinge hinter Stacheldraht, Flüchtlinge in einem umgekippten Kahn und ein besonders gelungenes Blatt, das der Künstler „Wenn man nur die Liebe hat, um auf Waffen zu antworten“nennt, habe er auch in Erinnerung an die zerstörten Städte seiner Heimat und an die Not der Flüchtlinge und Zwangsevakuierten nach dem Kriegsende geschaffen, erzählt Meinert. Geld wolle er mit diesen Blättern nicht verdienen, weshalb er sie kurzerhand zu Privatbesitz erklärte.
Im Baienfurter Rathaus erklang bei der Vernissage am Freitag ganz und gar ungewohnte Musik. Ein Gitarren-Duo aus Peru, Ciro Reyna und Felice Manrique, begeisterte das Publikum mit leidenschaftlichen Rhythmen. Das ging in die Beine – und ins Gemüt.
Die Ausstellung Hans Meinert im Rathaus Baienfurt ist bis 18. Oktober während der Öffnungszeiten zu sehen. Parallel dazu werden in der Weingartener Marienkirche weitere Arbeiten von Hans Meinert gezeigt. Das Motto: „Augenblicke – Bilder eines Jahren“. Zu sehen bis 20. Oktober.