Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Das Nörgeln der anderen

Weiter ungeschlag­en, weiter Tabellenfü­hrer, weiter weit weg von der Perfektion – VfB-Trainer aber ist zufrieden

- Von Felix Alex

STUTTGART - Das Schöne am Fußball ist, dass man über ihn so herrlich diskutiere­n kann. Doch nicht nur an den Stammtisch­en und vor den Fernsehger­äten gehen die Meinungen teilweise weit auseinande­r, auch bei so manchen Experten dank Berufswahl herrscht oft eine enorme Diskrepanz. Nach dem nicht gerade spielerisc­h überragend­en und doch wichtigen 2:0 (1:0) des VfB Stuttgart gegen Greuther Fürth waren sich vor allem die Entscheide­r nur darin einig, dass sie sich nicht einig sind.

Sportvorst­and Sven Mislintat wollte nach Abpfiff minutenlan­g über nichts anderes als die Unzulängli­chkeiten des Anführers der 2. Bundesliga reden. „Ich bin mit dem Tabellenpl­atz zufrieden, auch mit dem Ergebnis, bei drei Alu-Treffern von Fürth hätte es aber auch ganz anders ausgehen können.“Und: „Wir müssen uns das Spiel noch mal genau angucken und die richtigen Schlüsse ziehen, warum wir das, was wir uns vorstellen, nicht auf den Platz bekommen.“Eine „knallharte Analyse“sei die Konsequenz. „Denn normalerwe­ise lernst du aus Niederlage­n am meisten“, sagte Mislintat, für den sich der Sieg eben genau wie eine solche anfühlte.

Was der Sportvorst­and meinte, war das, was die Zuschauer nach der frühen Führung durch Daniel Didavi (2.) geboten bekamen. Da investiert­en die Bad Cannstatte­r zu wenig in die Arbeit gegen den Ball. Anscheinen­d beeindruck­t von der intensiven Zweikampff­ührung der Gäste gaben sie die Spielkontr­olle über weite Strecken aus der Hand. Trotzdem kam der VfB zu guten Chancen, hatte aber auch Glück, dass Fürths Tobias Mohr (29./ 57.) und der eingewechs­elte Marvin Stefaniak (90.+1) jeweils am Aluminium scheiterte­n und Philipp Förster (82.) den Sieg und damit die verteidigt­e Tabellenfü­hrung eintütete.

Womit wir bei Trainer Tim Walter wären. Der gestattete seinem Boss natürlich dessen Meinung, setzte aber in der Analyse andere Schwerpunk­te.

Die Gangart der Fürther sei teilweise unfair gewesen, beklagte sich Walter. Mislintat sagte: „Wir müssen besser mit der ausgereizt­en Härte innerhalb der Regeln umgehen lernen.“Walter verwies stattdesse­n auf die bisherige Bilanz: „Wir haben sieben Spiele gespielt, wir haben 17 Punkte, wir haben fünf Siege und zweimal Unentschie­den gespielt. Wir sind im DFBPokal weiter“, betonte der Coach. Und unabhängig von Mislintat fügte er hinzu, dass er nicht wisse, „was es immer zu nörgeln gibt.“

Antizyklis­ch loben und tadeln: Vielleicht hat der Coach sich das von der Börse abgeschaut. Nach dem Sieg in Regensburg zuletzt hatte er seine Spieler ja kritisiert. An der Punkteausb­eute gibt es nun nichts zu nörgeln, an der Art und Weise objektiv schon. Abwehrspie­ler Pascal Stenzel sprach von einer „Reifeprobe, die wir bestanden haben. Auch wenn wir noch darüber reden müssen, dass wir noch einiges besser machen müssen.“

Eine bestandene Reifeprobe

Gregor Kobel hatte sogar ein „super Gefühl“. „Wir haben Moral gezeigt und sind noch ungeschlag­en.“Dass der Torhüter nach dem Spiel strahlen konnte, hatte sich zwischenze­itlich nicht angedeutet. Dreimal hatte sein Trainer verletzung­sbedingt wechseln müssen, Kobel (Prellung am Knie) und Routinier Gonzalo Castro (Prellung am Fuß) waren nach 20 Minuten raus, Angreifer Nicolás González folgte dann in der 77. Minute. Bei allen kam die Entwarnung bald.

Kobel selbst war sich sicher, am Freitag (18.30/Sky) im Spitzenspi­el bei Arminia Bielefeld wieder zwischen den Pfosten zu stehen. Dann wartet der nächste Gegner aus der oberen Tabellenre­gion. Und einer, der ganz in der Nähe aufgewachs­en ist, freut sich schon ganz besonders. „ Freitagabe­nd, Flutlicht, was kann schöner sein?“, fragte Sven Mislintat, warnte aber auch: „Dieses Duell ist die nächste Herausford­erung aus dem Topf der Aufstiegsa­nwärter.“Zumindest darin waren sich alle Beteiligte­n einig.

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FOTO: DPA Bis auf die Tore, hier von Daniel Didavi, lief beim VfB nicht viel.

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