Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
92-Jähriger geht keiner Treppe aus dem Weg
Warum Alois Thoma aus Baienfurt bei der SZ-Aktion „Fit bis 100“teilnimmt
BAIENFURT - „Da könnte ich ja mitmachen!“Das war der erste Gedanke, der Alois Thoma in den Sinn kam, als er von der neuen SZ-Serie „Fit bis 100“las. Damit bei der Bewerbung nichts schiefgehen konnte, ließ er es sich nicht nehmen, diese persönlich bei der „Schwäbischen Zeitung“in Ravensburg einzuwerfen. Dafür fuhr der 92-Jährige eigens von seinem Wohnort Baienfurt mit dem Bus in die Kreisstadt. Es hat sich gelohnt.
Dass Alois Thoma bei der Fitnessaktion als einer der sechs Teilnehmer dabei sein muss, war für die Auswahlkommission keine Frage. „Ich bin selbst sehr gespannt darauf, ob und wie sich die körperliche Fitness eines über 90-Jährigen mit den entsprechenden Übungen, die natürlich dem Alter angepasst sein müssen, steigern lässt“, sagt Markus Weber, Leiter des Tettnanger Diagnostikzentrums.
Zum Fitnesstest nach Tettnang fuhr der Baienfurter mit dem Bus nach Tettnang und ließ sich dabei auch nicht von Sturmtief Sabine abschrecken. Die Sportsachen hatte er im Rucksack dabei. Sein Ziel: „Ich möchte 100 werden, und zwar gesund.“Die Voraussetzungen dafür sind gut: „Mir tut nichts weh, ab und zu habe ich mal einen Wadenkrampf. Und das Gehör funktioniert nicht mehr so gut“, beschreibt er seine wenigen Einschränkungen. Weber lobt nicht nur die körperliche Fitness, sondern auch die innere Einstellung seines Probanden. „Das ist eine wichtige Voraussetzung, um die körperliche Leistungsfähigkeit zu erhalten und vielleicht sogar zu verbessern“, erklärt er.
Die Fitness von Alois Thoma kommt nicht von ungefähr. Zweimal die Woche geht er schwimmen, dienstags in die Therme nach Bad Waldsee und freitags zum Warmbadetag ins Hallenbad Baienfurt. Im Sommer ist er öfters im Freibad anzutreffen. Immer stehen mindestens 20 Minuten Brust- und Rückenschwimmen, aber auch Wassertreten auf dem Programm. „Nach zehn Minuten Schwimmen fühlt man sich wie neu geboren“, erklärt der rüstige Senior seine Motivation.
Zum täglichen Training gehören verschiedene gymnastische Übungen, mit denen er noch vor dem Aufstehen startet. Im Haushalt hat der 92-Jährige das Einkaufen übernommen. „Ich fahre zwei Kilometer mit dem Fahrrad zum Einkaufen, ab und zu gehört auch eine kleine Fahrradtour dazu“, erzählt er. Außerdem ist er regelmäßig zu Fuß unterwegs. Dabei geht er ziemlich flott, wie Thoma selbst sagt. „Leider bin ich dabei meistens allein“, bedauert er, denn seine Frau Irmgard ist nicht mehr ganz so fit wie er.
Das Autofahren hat er vor zwei Jahren aufgegeben. „Die Reaktionsfähigkeit
war nicht mehr so gut“, sagt er. Doch gehe es auch ohne. Mit dem Bus kommt er überall hin, den Fahrplan hat er im Kopf oder weiß, wo er nachschauen muss. Wenn seine Frau oder er mal ein Auto brauchen, übernimmt das eine seiner drei Töchter.
Auch geistig hält sich Alois Thoma in Schwung. Täglich liest er die „Schwäbische“, zweimal wöchentlich noch eine weitere Tageszeitung. „Außerdem lese ich alles, was mit Gesundheit zu tun hat. Da gibt es viele Tipps und Anregungen“, betont er. Sein Rezept, um körperlich und geistig gesund zu bleiben, lautet: „Optimistisch sein und sich am Positiven orientieren.“
Und natürlich die tägliche Bewegung. „Ich gehe keiner Treppe aus dem Weg“, schmunzelt er. Das Einzige, dem er aus dem Weg geht, sind Computer, Handy und Internet. „Damit kann ich nicht so viel anfangen“, räumt er ein. Der geistigen Fitness hat das zumindest keinen Abbruch getan. Und die Enkel fänden ihn trotzdem cool, freut er sich.
Alois Thoma blickt auf ein bewegtes Leben zurück. Als 16-Jähriger wurde er 1944 als Flakhelfer eingezogen. „Die Musterung fand auf dem Marienplatz in Ravensburg statt“, erinnert er sich. Nach kurzer amerikanischer Kriegsgefangenschaft in Regensburg absolvierte er eine Ausbildung zum Modellbauer, später war er viele Jahre als selbstständiger Handelsvertreter tätig, teilweise auch im Ausland. „Ich war sogar im Irak“, erzählt Thoma.
25 Jahre arbeitete er in verschiedenen Unternehmen, engagierte sich bei der IG Metall und als Betriebsrat. Er setzte sich ebenso für die Friedens- wie Anti-AKW-Bewegung ein. Er habe immer schon viel gelesen und lege großen Wert auf
Bildung, die er sich selbst angeeignet habe, erzählt er. Sobald es möglich war, investierte er nach dem Krieg in ein mehrbändiges Lexikon. „Das war sehr teuer damals“, sagt er. Zusammenhänge zu hinterfragen und sich ausführlich zu informieren, das sei ihm stets ein besonderes Anliegen gewesen.
Der Grundstein, um die Fitness des 92j-Jhrigen zu erhalten und womöglich zu verbessern, ist auf jeden Fall gelegt. Was das Training bringt, wird sich in den nächsten Wochen und Monaten und natürlich beim Abschlusstest zeigen. „Für die anderen Teilnehmer bei „Fit bis 100“ist der Baienfurter schon jetzt ein außergewöhnliches Vorbild, an dem sie sich orientieren können. „Es wäre toll, wenn wir mit 90 auch noch so fit sind“, sagt die 69-jährige Brigitte König, die ebenfalls bei der SZ-Serie mitmacht.